US-Wahlkampf

Kamala Harris gegen Donald Trump - Hat sie eine Chance?


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US-Vizepräsidentin Kamala Harris will bei der Wahl im November gegen den republikanischen Frontmann Donald Trump antreten. (Archivbild)

Von dpa

Es sind keine guten Nachrichten für Donald Trump. Für den Republikaner lief gerade alles so gut im Wahlkampf. Nach dem Attentat auf ihn inszenierte sich der Präsidentschaftskandidat als Held, der nicht mal durch eine Kugel aufzuhalten sei - gegen einen Konkurrenten, der schon Probleme habe, die Tür zu finden oder eine Jacke anzuziehen. Trump musste kaum etwas tun und nur zuschauen, wie sich Joe Biden selbst zerlegte. Doch nun ist Biden nicht mehr da als Wahlkampf-Gegner. Und die Frau, mit der es Trump wahrscheinlich zu tun bekommt, macht ihm das Leben schwerer: Kamala Harris.

Bidens Vize muss sich die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten zwar erst noch sichern. Aber es läuft alles auf die frühere Senatorin aus Kalifornien zu. Biden hat sie vorgeschlagen, Harris will den Job, und die Partei versammelt sich im Eiltempo hinter ihr. Den Demokraten gibt das neuen Schwung nach langen und quälenden Debatten über Bidens Zustand. Bei ihnen geht Aufbruchstimmung um - und ein bisschen Hoffnung, dass vielleicht doch nicht alles verloren ist. Was bedeutet die spektakuläre Wende für das weitere Rennen ums Weiße Haus?

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Die Unterschiede zwischen Kamala Harris und Donald Trump könnten kaum größer sein. (Archivbild)

Die Unterschiede zwischen Kamala Harris und Donald Trump könnten kaum größer sein. Sie Frau, er Mann, sie schwarz, er weiß. Harris ist 59, Trump 78 - und plötzlich sieht er alt aus in einem Wettbewerb mit einer Gegnerin, die fast zwei Jahrzehnte jünger ist. Sie, die frühere Staatsanwältin, gegen ihn, den verurteilten Straftäter. Vor allem das dürfte Harris im Wahlkampf offensiv ausspielen - noch dazu da sie selbst, anders als Biden mit seinem Sohn Hunter, nicht selbst juristischen Ballast in der eigenen Familie mit sich herumschleppt.

Harris kann bei bestimmten Wählergruppen voraussichtlich mehr punkten als Trump, aber auch als Biden: vor allem bei Schwarzen, aber vermutlich auch bei Jüngeren und bei Frauen. Trump muss nun komplett umdenken, seinen Wahlkampf anders aufziehen und eine neue Strategie entwickeln. Der Republikaner beklagt sich darüber sogar öffentlich und schimpft auf seiner Online-Plattform Truth Social: "Jetzt müssen wir von vorn anfangen." Die Republikanische Partei sollte entschädigt werden für ihre bisherigen Wahlkampfausgaben, die ganz auf Biden ausgerichtet gewesen seien, wettert er.

Trumps Team hat sofort mit Attacken gegen Harris begonnen. Innerhalb kürzester Zeit veröffentlichte das Trump-Team einen ersten Wahlwerbespot, der sich gegen sie richtet. Das Narrativ darin: Harris habe schon lange im Hintergrund die Strippen gezogen, weil Biden dazu schlicht nicht mehr in der Lage gewesen sei. Sie sei für das Versagen der Regierung verantwortlich - unter anderem für die Krise an der Grenze zu Mexiko.

Das Thema Migration dürfte der wichtigste Angriffspunkt von Trump werden. Es war im Wahlkampf 2020 sein Parade-Thema und ist es auch in diesem Wahljahr: Trump hetzt bei jeder Kundgebung, das Land werde von Horden gefährlicher und verbrecherischer Migranten schier überrannt. Dafür dürfte er Harris ab sofort persönlich verantwortlich machen.

Biden übertrug Harris als Vize ausgerechnet die unlösbare Aufgabe der "Bekämpfung von Fluchtursachen". Nach dreieinhalb Jahren hat sie da nicht viel vorzuweisen. Das Thema Migration bleibt ein Problem. Zwar gingen die Zahlen illegaler Grenzübertritte in die USA zuletzt nach unten - allerdings von einem Rekordniveau aus.

Als Bidens Vize lief es für Harris in den vergangenen Jahren nicht gut. Das Amt ist generell ein eher undankbares: Aufgabe des Stellvertreters ist es, die Politik des Präsidenten anzupreisen und zu vertreten, gleichzeitig eigene Akzente zu setzen, ohne aber dem Chef die Schau zu stehlen. Harris blieb über weite Strecken unsichtbar, machte stattdessen immer mal wieder mit eigenen Patzern von sich reden und hatte mit miesen Beliebtheitswerten zu kämpfen. Erst zuletzt gewann sie beim Thema Abtreibung etwas an Profil.

Harris präsentierte sich früher als Staatsanwältin tough und als Senatorin souverän. Als Vizepräsidentin dagegen wirkte sie oft unsicher und unauthentisch. Möglicherweise liegt ihr die Hauptrolle als Präsidentschaftskandidatin mehr, wenn sie nicht mehr im Schatten eines Chefs agieren muss.

Durch ihre dreieinhalb Jahre als Vizepräsidentin kennt Harris das Weiße Haus, den Regierungsapparat, ist national wie international bekannt. Auch in der Partei ist sie gut vernetzt. Sie kann aller Voraussicht nach auf die Strukturen und das Geld der bisherigen Biden-Harris-Wahlkampagne zugreifen. Und als erste Frau und erste Schwarze im Vize-Amt hat sie Pionier-Status. Den hätte sie auch, wenn sie es tatsächlich als erste Präsidentin ins Weiße Haus schaffte. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg.

Als Frau kann sie manche Themen - etwa den Streit über Abtreibung, der im Wahlkampf wichtig ist und viele Amerikanerinnen bewegt - ganz anders angehen als Biden das konnte. Und als Ex-Staatsanwältin kann sie nicht nur Trump wegen seiner kriminellen Machenschaften angehen, sondern mit Law-and-Order-Botschaften womöglich auch Wähler der Mitte ansprechen.

Harris' größtes Plus im Wahlkampf ist aber vor allem, dass sie weder Joe Biden noch Donald Trump ist. Viele Menschen im Land waren von Anfang an wenig begeistert von einer Neuauflage des Rennens zwischen den beiden, wollten einfach keinen dieser beiden alten weißen Männer. Nun bekommen sie voraussichtlich einen maximalen Kontrast zur Auswahl: nicht nur bei den Inhalten, sondern auch bei den beiden Personen, die für diese Inhalte stehen.

Die ideale Kandidatin ist Kamala Harris nicht. Sie ist eher eine Art Notlösung, die aus pragmatischen Gründen in diese Rolle gerutscht ist. Es stellt sich auch die Frage, ob die USA bereit sind für eine Frau im höchsten Amt. Aber immerhin: Ihre Umfragewerte gegenüber Trump sind etwas besser als die von Biden. Das lässt Demokraten hoffen.

Der Partei treibt bei dem Wechsel aber auch um etwas anderes um. Bei der Wahl am 5. November wird nicht nur der Chefsessel im Weißen Haus neu vergeben, sondern auch alle Sitze im Repräsentantenhaus und ein Drittel der Sitze im Senat werden neu verteilt. Mit Biden als Frontmann herrschte bei Demokraten zuletzt schiere Panik, dass sie künftig in keiner der beiden Kammern mehr das Sagen haben. Mit Harris an der Spitze geht es für sie auch darum, das Schlimmste zu verhindern, damit Trump im Fall eines Wahlsieges nicht durchregieren kann.


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