Ernährungslage
Hilfsorganisation: Weltweit hungern 733 Millionen Menschen
10. Oktober 2024, 10:00 Uhr
Der weltweite Kampf gegen den Hunger kommt nach einer Untersuchung der Welthungerhilfe kaum mehr voran. Noch immer seien weltweit 733 Millionen Menschen betroffen, teilte die Organisation in Berlin bei der Vorstellung ihres neuen Welthunger-Index (WHI) mit. Afrika südlich der Sahara sowie Südasien seien dabei die Regionen mit den höchsten Hungerraten.
"Es ist inakzeptabel, dass die Weltgemeinschaft ihrer Verpflichtung, den Hunger zu beenden, nicht ausreichend nachkommt", teilte Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe, mit. "Wir wissen, dass die globalen Krisen unmittelbare Auswirkungen mit schwerwiegenden Folgen für die Ernährungslage der Familien haben und ihre Fähigkeiten erschöpfen, immer neue Schocks zu bewältigen."
Die Werte des Welthunger-Index werden auf der Grundlage einer Formel aus vier Indikatoren berechnet: Unterernährung, Wachstumsverzögerung bei Kindern, Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit. Zusammen soll dies den "multidimensionalen Charakter von Hunger erfassen"
Der diesjährige Bericht legt einen Schwerpunkt auf den Zusammenhang zwischen fehlender Geschlechtergerechtigkeit, Ernährungsunsicherheit und den Folgen des Klimawandels. Frauen und Mädchen seien am stärksten von Hunger betroffen und litten unverhältnismäßig stark unter den Folgen des Klimawandels.
"Geschlechtergerechtigkeit ist ein wichtiger Hebel, um den Hunger nachhaltig zu beseitigen. Regierungen müssen in Gesundheit, Bildung und ländliche Entwicklung investieren, um die bestehenden Ungleichheiten zu beseitigen und Frauen besseren Zugang zu Ressourcen und Entscheidungen zu ermöglichen", forderte Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe.
Der Bericht untersucht die Ernährungslage in 136 Ländern. Krisen wie bewaffnete Konflikte, die Folgen des Klimawandels und die hohe Verschuldung überschneiden und verstärken sich nach Einschätzung der Organisation gegenseitig. Die Index-Werte für 2024 und vorläufige Einstufungen zeigten, dass der Hunger in sechs Ländern als sehr ernst eingestuft werde: Burundi, Jemen, Madagaskar, Somalia, Südsudan und Tschad. In weiteren 36 Ländern wird der Hunger als ernst eingestuft.
Darüber hinaus verschlechtert sich die Lage in vielen Ländern wieder: In 22 Ländern mit mäßigen, ernsten oder sehr ernsten Index-Werten für 2024 hat der Hunger seit 2016 sogar zugenommen. In weiteren 20 Ländern stagnieren die Fortschritte weitgehend - ihre Werte für 2024 sind im Vergleich zu denen für 2016 um weniger als 5 Prozent gesunken.
Trotz der Krisen gibt es auch Hoffnung: Länder wie Bangladesch, Mosambik, Nepal, Somalia und Togo haben ihre Werte deutlich verbessert, auch wenn der Hunger dort weiterhin ein Problem bleibt. Afghanistan und Syrien sind dagegen unter den 20 Staaten mit den schlechtesten Werten.
"Das Ziel, den Hunger bis 2030 zu beseitigen, scheint unerreichbar. Bei gleichbleibendem Tempo seit 2016 wird der globale WHI-Wert nicht einmal bis im Jahr 2160 - also in mehr als 130 Jahren - ein niedriges Niveau erreichen", stellen die Autoren insgesamt betrachtend fest.
"Trotz jahrzehntelanger Rhetorik über die Notwendigkeit, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu gewährleisten, besteht nach wie vor eine große Genderungleichheit. Frauen sind unter den unterernährten Menschen am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffen, mit geschlechtsspezifischen Unterschieden von bis zu 19 Prozentpunkten in einigen Ländern", heißt es zu den Zahlen.
Aus der jährlichen Untersuchung werden auch Handlungsempfehlungen abgeleitet. So müsse Klima- und Ernährungspolitik die Repräsentation und Führungsrolle
von Frauen und marginalisierten Gruppen sicherstellen. Ihr Fachwissen bei der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen müsse berücksichtigt werden.
Regierungen sollten öffentliche Ressourcen umverteilen, um strukturelle Ungleichheiten zu beseitigen und gendergerechten Zugang zu ermöglichen. Zugleich sollten Maßnahmen zur Bewältigung von Krisen nicht auf Kosten wirkungsvoller Langzeitinvestitionen erfolgen - dies auch ein Appell an die Geberländer, die die Hilfsprogramme finanzieren.
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