Politik

"Hate Speech"-Bilanz für Bayern: Judenfeindlichkeit nimmt zu

Das geht aus der "Hate Speech"-Bilanz für Bayern hervor. Minister Eisenreich ist entsetzt.


Dem bayerischen Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zufolge wurden im vergangenen Jahr 2435 neue "Hate Speech"-Verfahren eingeleitet.

Dem bayerischen Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zufolge wurden im vergangenen Jahr 2435 neue "Hate Speech"-Verfahren eingeleitet.

Von Ralf Müller

Die Hoffnung, dass nach Ende der Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns Hass und Hetze im Internet abnehmen würden, scheint sich nicht zu erfüllen. Im vergangenen Jahr haben die bayerischen Staatsanwaltschaften nach Angaben von Justizminister Georg Eisenreich 2435 neue Verfahren wegen "Hate Speech" eingeleitet. Das waren mehr als im Corona-Jahr 2021 (2317).

Neue Entwicklungen wie der Ukraine-Krieg und seine Folgen böten Hass und Hetze im Netz zusätzlichen Nährboden, sagte Eisenreich gestern in München. Die "Hate-Speech-Beauftragte" der bayerischen Justiz Teresa Ott geht weiterhin von einem sehr großen Dunkelfeld aus. Noch immer würden zu wenig Fälle fremdenfeindlicher und antisemitischer Hetze sowie Beleidigungen, Verleumdungen, üble Nachrede bis zur Volksverhetzung gegen Personen angezeigt, so die Staatsanwältin.

Von den 2435 im vergangenen Jahr eingeleiteten Verfahren wurden 401 als fremdenfeindlich (2021: 347) und 387 als antisemitisch (2021: 218) eingestuft. Daneben wurden 64 behindertenfeindliche, 44 christen- und islamfeindliche sowie 38 Straftaten gegen Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung registriert.

214 der Attackierten waren weiblich. In vielen Fällen könne die Motivation nicht eindeutig festgestellt werden, sagte Eisenreich. Besonders erschreckend sei der Anstieg antisemitisch motivierter Hetze um 78 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Kampf gegen die Kriminalität im Netz sei auch ein Kampf gegen den Terrorismus, sagte der CSU-Politiker. Die Aktivitäten gefährdeten Meinungsfreiheit und Demokratie.

Anklage erhoben die "Hate-Speech-Beauftragte" oder die dafür eingesetzten Beauftragten der 22 bayerischen Staatsanwaltschaften in 488 Fällen (2021: 450). In 324 Fällen wurden die Taten mit einer Verurteilung oder einem Strafbefehl geahndet. Die bisherige Höchststrafe erhielt mit einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung ein nicht vorbestrafter Ersttäter, der unter falschem Namen massenhaft E-Mails mit übler Hetze gegen Politiker und Flüchtlinge verschickt hatte, berichtete Staatsanwältin Ott.

Politiker sind besonders häufig Ziel von Verunglimpfungen im Netz. Für sie wurde im September 2020 ein eigenes Online-Meldeverfahren eingerichtet, über das bisher 181 Prüfbitten an die Strafverfolgungsbehörden herangetragen wurden.