Regierungsbildung

Grüne und FDP wollen jeweils mit SPD und Union reden


Volker Wissing, Generalsekretär der FDP, spricht bei einem Pressestatement.

Volker Wissing, Generalsekretär der FDP, spricht bei einem Pressestatement.

Von mit Material der dpa

Diesmal soll die Regierungsbildung keine Hängepartie werden, es wird Tempo gemacht. Drei Tage nach der Wahl haben sich die Grünen personell für die Verhandlungen aufgestellt. Auch die FDP hat bereits Sondierungs-Pläne.

Die Grünen wollen am Sonntag auch mit der SPD über die Bildung einer neuen Bundesregierung sprechen. Das sagte Parteichefin Annalena Baerbock am Mittwoch in Berlin. Die Union habe die Grünen zudem für die kommende Woche zu Gesprächen eingeladen. Zuvor hatte auch die FDP Gespräche mit der Union am Samstag und mit der SPD am Sonntag angekündigt. Die Grünen wollen nun am Sonntag nach der FDP mit den Sozialdemokraten sprechen. Ein weiteres Gespräch zwischen Grünen und FDP soll es am Freitag geben.

Die beiden kleineren möglichen Koalitionspartner hatten mit einem vertraulichen Spitzentreffen am Dienstagabend den Gesprächsreigen eingeleitet. Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie FDP-Chef Christian Lindner und Generalsekretär Volker Wissing veröffentlichten anschließend auf Instagram ein Foto des Quartetts und schrieben dazu: "Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten."

Die Union war bei der Bundestagswahl auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen auf Platz drei mit 14,8 Prozent, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz strebt eine nach den Parteifarben benannte Ampel-Koalition mit Grünen und FDP an. Die Union von Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) bietet Gespräche über eine sogenannte Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP an.

Baerbock machte erneut ihre Präferenz für eine Ampel-Koalition deutlich. Man wolle zuerst mit FDP und SPD sprechen. Man habe den Auftrag "für eine progressive Regierung, um dieses Land zu erneuern". Zu Gesprächen mit der Union sagte sie nur: "Da muss man dann in die genauere Planung noch gehen."

Die Grünen-Chefin warnte auch vor einer Hängepartie wie nach der Bundestagswahl vor vier Jahren. Die Sondierungen könnten sich nicht "über Wochen, gar über Monate hinziehen". "2017 sollte sich nicht wiederholen. Deswegen ist unser Anspruch, jetzt zügig Gespräche zu führen und auch vertrauensvoll Gespräche zu führen." 2017 hatte sich die Regierungsbildung fast ein halbes Jahr hingezogen, weil die FDP die zähen Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition platzen ließ.

Die Grünen wollen mit einem zehnköpfigen Team in die anstehenden Sondierungsgespräche gehen. Das geht aus einem Entwurf der Parteiführung für einen kleinen Parteitag hervor, der an diesem Samstag in Berlin stattfinden soll. Neben den Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck und den Fraktionschefs im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, sollen dem Team die Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann, Parteigeschäftsführer Michael Kellner, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, die bisherige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, der Europaparlamentarier Sven Giegold und die stellvertretende Parteivorsitzende Ricarda Lang angehören.

"Ein Weiter so können wir nicht zulassen"

"Wir leiten aus dem Wahlergebnis einen klaren Auftrag ab, Verantwortung für die Gestaltung des Landes zu übernehmen und eine progressive Regierung zu bilden", heißt es in dem Entwurf für den Leitantrag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Wir wollen unsere Kraft und unsere Kompetenz nutzen, um den notwendigen Aufbruch für dieses Land zu organisieren. Ein Weiter so können wir nicht zulassen. Die nächste Bundesregierung muss eine Klimaregierung sein."

Die Sondierungen sollten "zügig und vertrauensvoll" zu der Aufnahme von Koalitionsgesprächen geführt werden, heißt es in dem Antrag weiter. "2017 darf sich nicht wiederholen." Gemeint sind die zähen Verhandlungen über die Bildung einer sogenannten Jamaika-Koalition von Union, Grünen und FDP, die die Liberalen dann letztlich platzen ließen.

Die Grünen wollen auch ein erweitertes Sondierungsteam einsetzen, das die Gespräche vorbereiten und begleiten soll. Dieser Gruppe sollen 14 Politiker angehören, darunter der frühere Parteichef Cem Özdemir und der ehemalige Umweltminister und Fraktionschef Jürgen Trittin. Über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen nach erfolgreichen Sondierungsgesprächen soll laut Leitantrag ein Parteitag oder ein kleiner Parteitag entscheiden. Über einen Koalitionsvertrag sollen die Mitglieder in einer Urabstimmung befinden.

Als kleiner Parteitag werden die Sitzungen des Länderrats der Grünen bezeichnet. Er ist das oberste Beschlussgremium der Grünen zwischen den Parteitagen. Dem Länderrat gehören unter anderen die 16 Mitglieder des Parteirates, Delegierte aus den Landesverbänden, die Spitze der Bundestagsfraktion, Europaparlamentarier sowie Vertreter der Grünen Jugend an.

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, gibt eine Pressekonferenz zu den bevorstehenden Sondierungsgesprächen.

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, gibt eine Pressekonferenz zu den bevorstehenden Sondierungsgesprächen.