Politik

Bärendienst einer Bärin

Der Landtagskorrespondent über die Kabinettsentscheidung zu den großen Beutegreifern.


Ein Tier, das auch gefährlich werden kann: der Bär.

Ein Tier, das auch gefährlich werden kann: der Bär.

Von Ralf Müller

Artenschutz gerät durch Attacke in Norditalien von einem Tag auf den anderen in Bedrängnis (ab hier 1.737 Zeichen) Der gesamten Raubtierfauna Europas einen Bärendienst erwies die Bärin "JJ4", die kürzlich im norditalienischen Trentino einen Jogger tötete. Jetzt ist sie wieder da, die Urangst vor Wolf und Bär und Politiker können damit spielen, auch wenn seit unvordenklichen Zeiten in Europa kein Mensch mehr von Wolf oder Bär getötet wurde. Ein Fall ist eben ein Fall zuviel. "JJ4" hat den Artenschutz von heute auf morgen in arge Bedrängnis gebracht. Schon spannen überall jene Freizeitjäger den Hahn ihrer Flinten, die schon immer der Ansicht waren, dass Wolf und Bär in dem Zustand der letzten 100 Jahre verbleiben sollten, nämlich ausgerottet. In dem Bemühen, es wenige Monate vor der Landtagswahl vermeintlichen Mehrheiten recht zu machen, nimmt nun auch die bayerische Staatsregierung die großen Beutegreifer ins Visier. Künftig, so Ministerpräsident Markus Söder (CSU) soll nicht mehr so lange gefackelt werden, wenn sich Wölfe an Nutztieren gütlich tun. Eine Schuldnachweis in Form einer DNA-Analyse und eine Verdächtigensuche nach Art von "XY ungelöst" soll in diesen Fällen nicht mehr geben, sondern sozusagen kurzen Prozess. Und dann machte Söder auch noch ordentlich Angst vor dem bösen Wolf: Eine "Rudelbildung" stehe "unmittelbar bevor" und wenn das geschieht, dann werde es echt gefährlich. Die Zahlen kennt Söder wahrscheinlich, aber er nennt sie nicht: Nach den aktuellsten vorliegenden Sichtungen gibt es im flächenmäßig größten Bundesland gerade einmal 23 Wölfe, die sich vorwiegend in den dünn besiedelten Räumen Ostbayerns aufhalten. Von Zwischenfällen ist nichts bekannt geworden. Aber Urängste zu wecken, um diesen dann mannhaft entgegen zu treten, funktioniert nach wie vor, auch und besonders in Wahlkampfzeiten.

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