Aktuelle Studie zum Ökolandbau
Zu viele Ökosiegel: Verbraucher sind überfordert
19. Januar 2019, 8:20 Uhr aktualisiert am 19. Januar 2019, 8:20 Uhr
Verbraucher seien überfordert, sagt Bio-Molkereichefin Barbara Scheitz aus Andechs. Das zeigt auch eine aktuelle Studie. Die Ergebnisse.
Andechs - Lebensmittel erzeugen und essen, ohne Raubbau an der Umwelt zu betreiben - darüber wird nicht nur auf der Landwirtschaftsmesse "Grüne Woche" diskutiert, die am Freitag in Berlin begonnen hat.
Auch in Bayern ist der Trend zum Öko-Landbau ungebrochen: So steigt die Zahl der Biobauern und ökologisch bewirtschafteten Flächen weiter an.
Und doch wissen die meisten Verbraucher viel zu wenig darüber, meint Öko-Expertin Barbara Scheitz. Sie betreibt in Andechs (Landkreis Starnberg) die größte Bio-Molkerei Europas und hat jüngst eine Studie in Auftrag gegeben: Was verstehen Verbraucher unter dem Begriff "Bio", sehen sie darin eine Alternative zu konventionell hergestellten Produkten, und sind ihnen die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt bekannt, wollte Scheitz wissen. Dafür ließ sie mehr als 3.000 Deutsche befragen.
"Ökologische Landwirtschaft einzige Alternative"
Die Ergebnisse sind für die Molkerei-Chefin allerdings eher unbefriedigend. Demnach sehen, je nach Bundesland, zwischen 60 und 71 Prozent der Befragten die Ökologische Landwirtschaft als nachhaltige Alternative zur konventionellen. "Dieser Wert ist viel zu niedrig", sagt Scheitz und stellt klar: "Die ökologische Landwirtschaft ist die einzige Alternative für unsere Landwirtschaft."
Münchens Trinkwasser beispielsweise habe nur deshalb eine so gute Qualität, weil so viele Landwirte in der Umgebung der Brunnen auf Bio umgestellt hätten. "Das müssen wir uns endlich klar machen: Wenn wir sauberes Wasser wollen, eine lebenswerte Umgebung, wenn wir Biodiversität wirklich leben wollen, Artenvielfalt erhalten und geschmackvolle Produkte produzieren, dann ist das die Grundlage dafür", so Scheitz.
Dazu gehört für die Molkerei-Chefin auch der Verzicht auf konventionelle Pestizide (Kunstdünger) - schon immer ein Grundprinzip des Ökolandbaus. Doch wie die Studie ergab, wissen nur 51 Prozent der Befragten, dass in der biologischen Landwirtschaft kein Glyphosat verwendet wird. Und nur 69 Prozent stimmten der Aussage zu, Ökolandbau schütze die Umwelt.
Nur 41 Prozent der Befragten vertrauen auf Bio-Siegel
"Ich wäre froh, wenn der Verbraucher wüsste, was er mit Bio-Produkten erreichen kann", sagt Scheitz. Von allen Seiten werde heutzutage ans eigene Verantwortungsbewusstsein appelliert - der Ökolandbau wiederum helfe jedem einzelnen dabei, seine Verantwortung für den Erhalt der Umwelt zu wahrzunehmen.
Dabei sieht Scheitz auch die Politik gefordert. Zwar haben EU, Bund und der Freistaat Bayern mittlerweile - neben den bestehenden Umweltzeichen diverser Verbände - offizielle Behörden-Siegel eingeführt. Aber: "In Bayern haben zum Beispiel nur 41 Prozent der Befragten Vertrauen in die Bio-Siegel", zitiert Scheitz aus der Umfrage.
Ökolandbau betrifft mehr Bereiche als Tierhaltung und Gentechnik
Den Grund sieht sie in mangelder Information über die Label vonseiten der Politik. Hier seien wesentlich mehr Aufklärungskampagnen gefragt. "Und wir haben eine Invasion von Öko-Siegeln. Das überfordert die Verbraucher", so Scheitz.
Mit dem Begriff "Bio" an sich verbinden die meisten Befragten eine artgerechte Tierhaltung (53 Prozent) sowie den Verzicht auf Gentechnik (48 Prozent). "Aber dass es im Ökolandbau um so viel mehr, insbesondere um die Erhaltung unserer Ökosysteme geht - dieses Bewusstsein zu schaffen, das sehe ich als großen Auftrag", sagt Scheitz. "Es besteht immer noch ein deutliches Informationsdefizit."