Gesundheit

Kinderkrankheit Keuchhusten? - Warum es so viele Erwachsene trifft


Keuchhusten ist der Schreck in Kitas und Kindergärten. Doch inzwischen husten immer öfter auch Erwachsene.

Keuchhusten ist der Schreck in Kitas und Kindergärten. Doch inzwischen husten immer öfter auch Erwachsene.

Keuchhusten ist der Schreck in Kitas und Kindergärten. Doch inzwischen husten immer öfter auch Erwachsene. Typische Symptome, die selbst Laien erkennen, haben sie nicht immer.

Unstillbare Hustenattacken über Wochen und Monate, manchmal bis zum Erbrechen. Wenn dann bei Kindern die typischen keuchenden Geräusche hinzukommen, ist klar: Das muss Keuchhusten sein. Doch das Bild von der Kinderkrankheit war einmal. Der Erreger macht jetzt vor allem Erwachsenen zu schaffen - das namensgebende Symptom haben diese Patienten aber nicht immer, wie Experten berichten. Ärzte vermuten manchmal zunächst andere Ursachen. Dabei sieht es mit dem Schutz vor Keuchhusten, der im Herbst und Winter etwas häufiger vorkommt als im Rest des Jahres, bei vielen mau aus: "Die Impfquoten müssen verbessert werden", sagte Infektionsexpertin Wiebke Hellenbrand vom Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Während inzwischen rund 95 Prozent der Vorschulkinder gegen die sogenannte Pertussis geimpft sind, sieht es bei Jugendlichen und Erwachsenen schlechter aus. Ausrotten lässt sich die Krankheit wohl nie: Selbst wer Keuchhusten durchgemacht hat, ist nicht dauerhaft immun, anders als etwa bei Masern. Auch die Impfung schützt maximal zehn Jahre, was seit einigen Jahren bekannt ist.

Das Auffrischen vergessen gerade die Erwachsenen. "Da, wo nicht geimpft oder nicht aufgefrischt wird, sieht man ganz deutlich, dass wir mehr diagnostizierte Fälle im Erwachsenenalter haben als früher", sagte der Lungenspezialist Thomas Voshaar (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin). "Das bedeutet für jeden Arzt, dass bei hartnäckigem Husten auch an Pertussis zu denken ist."

Angesichts fehlender Impfung, 16 Tagen Fieber zu Beginn und heftiger Hustenattacken habe seine Hausärztin schnell kombiniert, berichtete ein Keuchhusten-Patient, der anonym bleiben will. Das Keuchen jedoch kenne er von sich nicht. Seit August hat er einen Hustenreiz, der ihm weder in der U-Bahn Ruhe lässt noch im Büro, und schon gar nicht nachts. "Man ist sozial nicht mehr kompatibel", sagte er. Schon Lachen oder Treppensteigen löst die nächste Attacke aus. "Und nichts hilft." Seine vorher eher laxe Einstellung zum Impfen habe sich seit der Ansteckung - vermutlich in der U-Bahn - völlig gewandelt.

Nicht immer wird Erwachsenen der Kombi-Impfstoff verabreicht, der neben dem gefürchteten Wundstarrkrampf auch vor Keuchhusten schützt, wie Expertin Hellenbrand sagte. Für Jugendliche und Erwachsene ist der "100-Tage-Husten" immerhin meist nur lästig. Bei ungeimpften Säuglingen kann es zu Atemstillständen kommen und schlimmstenfalls zu tödlichen Komplikationen. Neuen Studien zufolge sind es meist Geschwister, die Säuglinge anstecken, betonte Hellenbrand.

Insgesamt liegen die Impfquoten bei Jugendlichen und Erwachsenen laut Hellenbrand in den östlichen Bundesländern höher als in den westlichen. Dort ist die Aufmerksamkeit größer, auch weil es schon länger eine Meldepflicht gibt. Bundesweit wurde diese erst 2013 eingeführt. Die Daten sind damit noch wenig aussagekräftig: Rund 10 450 Fälle 2013 und rund 12 300 im Jahr 2014 wurden dem RKI gemeldet. Damit liegen die Zahlen zum Beispiel deutlich über denen der Masern-Welle mit 2445 Patienten in 2015. Dabei werden im Westen wohl noch gar nicht alle Keuchhusten-Patienten erfasst: "Das dauert einfach bei einer neuen Meldepflicht", sagte Hellenbrand.

Zumindest für Säuglinge zeichnet sich aber eine neue, indirekte Schutz-Möglichkeit ab: In Großbritannien und den USA würden auch Schwangere geimpft, weil sich damit das Erkrankungsrisiko der Säuglinge deutlich verringere, berichtete Hellenbrand. "Alle Beobachtungen dazu sind aber nicht abgeschlossen."

Keuchhusten wird durch Bakterien ausgelöst: Nicht der Erreger selbst macht krank, sondern ein von ihm abgesondertes Gift. Antibiotika haben auf den Verlauf der Erkrankung zwar "keinen nachgewiesenen Einfluss", erläuterte Lungenexperte Voshaar. Werden sie innerhalb von zwei Wochen nach der Ansteckung verabreicht, verkürze sich wohl der Zeitraum, in dem Patienten ihr Umfeld anstecken können. "Und auch das ist wissenschaftlich noch gar nicht 100 Prozent sicher." Hellenbrand zufolge ist die frühe Diagnose nicht selbstverständlich. Das dürfte gerade für Raucher oder Allergiker gelten, die oft mit Husten zu kämpfen haben. Wenn der Keuchhusten aber nachgewiesen ist, bleibt Ärzten kaum etwas, als den Hustenreiz erträglich zu machen, wie Voshaar berichtete: "Das ist für die Betroffenen gar nicht so einfach - ich habe welche gesehen, die nach drei bis sechs Monaten noch immer gehustet haben."