Berlin
Arbeitgeber gegen Mindestlohn von 9 Euro
23. Dezember 2015, 11:41 Uhr aktualisiert am 23. Dezember 2015, 11:41 Uhr
Der Mindestlohn gilt seit einem Jahr - wie geht es mit ihm weiter? Von Gewerkschaften kommt der Ruf nach einer deutlichen Erhöhung. Die Arbeitgeber wenden sich strikt dagegen.
Ein Jahr nach Einführung des Mindestlohns haben die Arbeitgeber Forderungen nach einer kräftigen Erhöhung zurückgewiesen. So sei etwa eine Anhebung auf 9 Euro illusorisch, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands BDA, Ingo Kramer, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Verdi-Chef Frank Bsirske hatte bereits im September eine Anhebung auf 10 Euro gefordert. Das gewerkschaftsnahe Forschungsinstitut WSI hält 9 Euro für greifbar. Die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro gilt seit Anfang des Jahres.
Beraten wird die Weiterentwicklung in der Mindestlohnkommission, in der Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften sitzen. "Die Mindestlohnkommission wird im Sommer 2016 eine Empfehlung für die Erhöhung des Mindestlohns geben", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der dpa. "Als Grundlage werden sowohl die Entwicklung der Tariflöhne als auch eine umfassende Evaluierung des Mindestlohns dienen", sagte Körzell. Angepasst werden soll der Mindestlohn Anfang 2017.
Thorsten Schulten, Arbeitsmarktexperte des WSI, sagte der dpa, die Kommission nehme die günstige zurückliegende Tarifentwicklung als Basis. Aber sie habe Spielraum, die gesamtwirtschaftliche Lage zu berücksichtigten. Unter Strich könne sich eine Erhöhung auf rund 9 Euro ergeben. Der Lohn- und Tarifexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Hagen Lesch, mahnte: "Bevor man zu schnell weiterprescht, sollte man eine Evaluierung auf einer längeren Datenbasis abwarten."
BD-Präsident Kramer betonte: "Die Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf 9 Euro ist völlig unverständlich und illusorisch." Das Gesetz sehe eine Anpassung des Mindestlohns alle zwei Jahre orientiert an der vorherigen Tariflohnentwicklung vor. "Das wird geschehen und nichts anderes."
DGB-Vorstandsmitglied Körzell kündigte an: "Eins ist heute schon klar. Die Gewerkschaftsseite wird keinerlei faule Ausreden akzeptieren, mit denen der Mindestlohn eingefroren, für Flüchtlinge ausgesetzt oder abgesenkt und durch staatliche Mittel aufgestockt werden soll." Die Arbeitgeber plädieren bei Flüchtlingen für Ausnahmen beim Mindestlohn wie für Langzeitarbeitslose. Diese Ausnahmen sollten zudem von sechs auf zwölf Monate verlängert werden.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist strikt gegen weitere Ausnahmen. Nahles geht zudem von einer Erhöhung der Lohnuntergrenze aus, wie sie unterstrichen hatte, und einer darauf aufbauenden Stabilisierung des Lohnniveau in Deutschland.