Kärnten
Villach ist umgeben von Bergen und Badeseen
28. August 2023, 9:33 Uhr
Wer in Villach wohnt, der ist landschaftlich verwöhnt. Kaum geht es aus der zweitgrößten Kärntner Stadt, ist man von Bergen und Seen umgeben. Bergfexe zieht es auf die Hausberge Dobratsch (2.166 Meter), Mittagskogel (2.145 Meter) und Gerlitzen (1.911 Meter). Wasserratten dagegen steuern den Ossiacher See, den Faaker See oder den Magdalenensee an.
Zusammen mit Wanderführerin Barbara Wiegele mache ich eine Tour auf die Gerlitzen Alpe, zu der wir an der Mittelstation aufbrechen. Während sich an diesem Oktobermorgen unten in Villach der Nebel noch behauptet - sieht es auf 1.440 Metern auf der Aussichtsplattform am "Englischen Turm" ganz anders aus. Durch einen lückenhaften Wolkenschleier hindurch, öffnet sich die Sicht auf Villach und die dahinter liegenden Gebirge: die Gailtaler Alpen, die Karawanken und die Julischen Alpen mit dem Mangart (2.678 Metern), dem Grenzberg zwischen Österreich, Slowenien und Italien. Im Norden sind die Berge schneebedeckt, es sind die Gipfel der Hohen Tauern. Davor befinden sich die Nockberge. Ein Paraglider nutzt das windige Wetter auf der Gerlitzen. "Die Gerlitzen ist ein windreicher Berg und bei Paraglidern beliebt", sagt Wiegele.
Wanderung zur Steinwender Hütte
Wir gehen es weniger aufregend an und entscheiden uns für eine Wanderung, bei der der Genussaspekt nicht zu kurz kommen darf. Unser Ziel ist die Steinwender Hütte. Gut drei Stunden sind wir auf Forststraßen, Schotterwegen und schmalen Wanderpfaden unterwegs. Immer wieder haben wir auch Berührungspunkte mit dem Alpe- Adria-Trail - ein 2012 geschaffener Weitwanderweg, der in 37 Etappen vom Fuße des Großglockners bis nach Muggia an der Adria führt.
Seit rund zehn Jahren ist Wanderguide Wiegele mit Gruppen auf Bergen in Kärnten, Slowenien und Italien unterwegs. Dabei war ihr ursprünglicher beruflicher Karriereweg ein ganz anderer. Sie arbeitete zunächst als Investmentbankerin in der Finanzmetropole Frankfurt am Main. Danach zog es sie zurück nach Österreich und sie arbeitete zunächst im Schutzgebietmanagement. "Zu viel Schreibtischarbeit", wie Wiegele heute sagt. Für sie zählt heute das "Draußen sein", was schöne Erfahrungen mit sich bringt. "Auf meinen Touren möchte ich die Menschen für die Natur sensibilisieren. Sie sollen die Vielfalt hier oben sehen, damit sie sich mehr dafür einsetzen. Das ist Naturschutz auf eine andere Art", beschreibt die Wanderführerin ihre Arbeit.
Flechten, Wacholder und Ameisen: Kraft der Natur
Schon bald bleibt Wiegele bei Wacholderbüschen stehen und kostet. "Wacholder wird zur Blutreinigung verwendet und früher auch beim Räuchern", sagt Wiegele die gleichzeitig auch Kräuterpädagogin und Fachberaterin für Wildpflanzen ist. Spannend findet sie auch eine mit Bartflechten überwachsene Lärche. Flechten sind Lebensgemeinschaften aus einem Pilz und einer Alge, die mittels Photosynthese Zucker produziert. Wiegele stellt aus Bartflechten und destilliertem Wasser Natur-Deo her. Zusätzlich wird es auch als Brennstoff für Fackeln oder zum Ausräuchern verwendet. Immer wieder kommen wir vorbei an Ameisenhaufen. Wiegele greift in den Haufen und zieht weiße Bröselchen heraus. Die Bröselchen sind Baumharz. "Die Waldameisen ziehen Fichtenharz förmlich an", sagt die Bergwanderführerin. Das Fichtenharz bringt Hygiene in den Ameisenhaufen, es ist antibakteriell.
Auf der Wanderung erreichen wir auf dem Weg zur Steinwender Hütte eine kleine Hüttensiedlung, die Boden heißt. Die älteste der Hütten ist von 1923. Sie wurden landwirtschaftlich genutzt, unten die Ställe, oben der Wohnbereich. Durch einen Hochwald geht es zum Steinernen Tisch, einen großen Felsbrocken mit weiteren kleineren drumherum, die Sitzgelegenheiten sind. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zur Steinwender Hütte und die Stärkung steht bevor. Hier empfängt uns ein Mann mit Schnauzer, riesigen Ohrringen und Tattoos. Stefan Sagmeister versorgt seine Gäste seit 2021 mit Essen und Getränken, davor schnitt er als Friseur Kunden die Haare. "Die Vorgänger sind gute Freunde von mir. Vor drei Jahren bin ich mit ihnen hinauf gegangen und habe im Spaß gesagt, dass ich die Hütte nehme." Aus Spaß wurde Ernst. Dennoch hat er die Entscheidung für die älteste bewirtschaftete Hütte auf der Gerlitzen nie bereut. Wir bekommen einen Hüttenklassiker serviert. Kaspressknödel mit Salat. Sagmeister, den seine Schwester unterstützt, bietet den Gästen klassische Hüttenkost an, wie Jause oder Topfenstrudel. Im Vorfeld habe er für die richtige Auswahl seiner Produkte ganz Kärnten abgefahren. Wichtig sei es ihm, alles frisch zu kochen. Gestärkt geht es dann auf das etwa letzte Drittel durch den Gebirgswald in Richtung Mittelstation - je weiter man nach unten gelangt, desto mehr wird er von Fichten dominiert.
"Seensucht" am Fuße der Gerlitzen
Am Nachmittag zurück im Tal bleiben wir am Ossiacher See stehen. Der See am Fuße der Gerlitzen ist der drittgrößte in Kärnten und benannt nach dem Stift Ossiach, einem ehemaligen Benediktinerkloster am Ufer. Der Ossiacher See ist stärker genutzt als der Faaker See in der Nähe. Wassersportler haben hier viele Möglichkeiten: Sie erkunden den See mit Tret-, Segel- und Ruderbooten. Wer es etwas schneller mag, der leiht sich Elektro- oder Motorboote aus. Außerdem schippert das Personenschiff MS Ossiach über den See und legt mehrmals am Tag an neun Stellen an. In den Sommermonaten gehört das Gewässer zu den wärmsten Seen des Landes, mit häufig über 25 Grad. Freunde der klassischen Musik finden sich seit 1969 im Ossiacher Stift ein, dort steigt jährlich im Juli und August das Musik- und Kulturfestival Carinthischer Sommer.
Anschließend fahren wir auf die Taborhöhe in der Nähe von Egg am Faaker See, um den See genauer zu begutachten. Der Faaker See ist der südlichste Badesee des Bundeslandes. Vom Aussichtspunkt aus schimmert unter der warmen, hellen Herbstsonne der See türkisblau. Den Kalkschlamm, den die Karawanken in den See schwemmen, bringen die Farbe. Hier geht es ruhiger zu, sagt Wiegele - Motorboote sind verboten. Stand-Up-Paddeln oder Fischen machen die Urlauber gerne. Eine Besonderheit: Auf der Insel im See befindet sich das einzige Inselhotel Österreichs.
Einmal im Jahr heulen aber die Motoren auf. Jährlich findet im September am Ufer die European Bike Week statt. Zum Harley-Treffen kommen mehr als 100.000 Besucher. In diesem Jahr feiert das Treffen Jubiläum, es steigt von 5. bis 10. September zum 25. Mal.
Die Reise wurde mit freundlicher Unterstützung der Region Villach Tourismus GmbH organisiert.
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