Christian Springer im AZ-Interview

"Bitte sagen Sie die Klimakatastrophe ab! Ich habe Termine"


1964 in München geboren und immer engagiert: Christian Springer

1964 in München geboren und immer engagiert: Christian Springer

Von Adrian Prechtel / TV/Medien

Sein neues Buch ist eine überdrehte Satire über die letzten 24 Stunden vor dem Weltuntergang am 8. November 2037 um 17.24 Uhr.

Schauplätze von Christian Springers neuem Buch "Bitte sagen Sie die Klimakatastrophe morgen ab! Ich habe wichtige Termine" sind Indien, Russland, Rosenheim, Zillertal, Silicon Valley und der Berliner Flughafen. Andreas Gabalier, Reinhold Messner, Andreas Scheuer, Kollegah und Farid Bang treten darin ebenso auf wie Tegernseer Mundart-Muslims, das Kommando Rote Currywurst, der Allgemeiner Deutschen Flugtaxi Club und ein paar Kannibalen auf längst überfluteten Südsee-Inseln.

AZ: Herr Springer, Glückwunsch, am Freitag werden Sie mit der Medaille "München leuchtet" in Gold ausgezeichnet...

CHRISTIAN SPRINGER: Das ist ja eine Auszeichnung, die nach einem Zitat von Thomas Mann benannt ist. Man darf eines nicht übersehen: Thomas Mann musste seine Heimat unter dramatischen Umständen verlassen und sich woanders eine neue Heimat aufbauen. Man sollte nicht vergessen, dass sich hinter unserer eigenen Geschichte eine große Migrationsgeschichte verbirgt. Heute fliehen Menschen nicht aus, sondern nach Europa. Von Januar bis September 2019 sind über tausend Menschen im Mittelmeer ertrunken. Man hätte sie retten können. Hätte man Thomas Mann auch ertrinken lassen? Oder seine Retter vor Gericht gestellt?

Sie bringen dem OB Ihr neues Buch mit: "Bitte sagen Sie die Klimakatastrophe morgen ab! Ich habe wichtige Termine." Diese vogelwilden Szenarien zu entwerfen, hat bestimmt Spaß gemacht.

Es ist ein Buch für nach dem Weltuntergang, aber es ist ein Buch über jetzt. Und es schreit danach, es auf die Bühne zu bringen. Ein unendliches Thema, das wahnsinnig viel Spaß beim Schreiben macht.

Auslöser gibt es ja jeden Tag Dutzende, wenn man nur die Zeitung aufschlägt. Was gab bei Ihnen den Impuls zum Buch?

Es ist so passiert, wie es oft bei mir ist: Der Auslöser ist ein Münchner Grant, über die Diskussion über die Klimakatastrophe. Es gibt wie in einem amerikanischen Comic nur noch Gut und Böse. Es wird mit Schimpfwörtern um sich geschlagen. Da ist die AfD, die nahe an der Verschwörungstheorie ist und den Klimawandel leugnet. Da sind die Braven, denen es am liebsten wäre, wenn die Greta Thunberg zu Fuß von Europa nach Amerika ginge. Beide Extreme bringen gar nichts. Man schimpft auf die Jungen, sagt "Fridays for Future" ist schön, aber sie verabreden sich halt mit dem Handy, was per se ein No-Go ist, wenn man über Klimaschutz spricht. Die Alten werden beschimpft "Ihr habt doch das alles angerichtet!" Doch die sagen "Nein, nein, wir haben früher doch viel besser gewirtschaftet, haben uns aus Unterhemden Liegestühle gebastelt und aus alten Zeitungen einen Leberkäs." Das ist Quatsch.

Was sollte man tun?

Man muss mit Gesetzen ran an die Industrie und zwar in großer Härte. Und jeder muss auch für sich überlegen. Ich fahre mit einem Diesel zu meinen Auftritten. Jeder von uns steckt mitten im Klimaversauen drin. Mein Mittel als Kabarettist war es, mit einer Satire an das Thema heranzugehen. Einmal lachen, dann die Fakten auf den Tisch legen und fragen: Wo gehen wir wirklich hin?

Aber jetzt gibt es ja diesen brutalst mutigen Klimaplan der Bundesregierung - da kann doch nichts mehr schief gehen, oder?

Alle Klimaschutzpläne sind mit mehr als heißer Nadel gestrickt und beweisen eine unfassbar große Ratlosigkeit.

Was den Betrachter wieder um ratlos macht, denn so schwer zu verstehen sind die Zusammenhänge ja nun nicht.

Es ist da eine Mutlosigkeit, weil man muss an die Leute ran, mit denen man bisher gern am Abend zu Tisch gesessen ist. Da muss man in Berlin beim Edel-Italiener einfach mal sagen: "Du, ab morgen geht das so nicht mehr in Deiner Firma." Diesen Mut bringt man natürlich nicht auf. Es fehlt auch an Gedanken zu Alternativen. Auch die Jungen haben keine. Ein E-Roller ist keine Alternative beim Klimaschutz, wildgewordene Radl-Rambos auch nicht. Ich bin leider auch schon in einem Alter, wo ich zurückschaue: Ich komme aus einem Obst- und Gemüsegeschäft in Berg am Laim, war ein kleines Kind, als mein Papa mit meinem älteren Bruder diskutierte, dass man den Leuten künftig als Service kostenlos Plastiktüten anbieten muss. Über was wir heute diskutieren, ist also so alt wie ich, und ich bin keine zwölf mehr. Das ist schon ein Vorwurf, den wir uns alle machen müssen: Man hat es komplett verpennt. Nur: Der Vorwurf macht es auch nicht besser.

Auch dank Greta ist immerhin mal ein Bewusstsein da, dass etwas getan werden muss.

Ich finde die Greta super als Katalysator. Ein kleines Mädchen, das wahrscheinlich gar nicht weiß, was es angestellt hat. Was sie angestellt hat, ist großartig. Und dass sogar in meiner Kabarettistenfamilie richtig böse Nummern gegen sie geschrieben werden - da bin ich fassungslos.

Man fragt sich wirklich, was in Dieter Nuhrs Oberstübchen so los ist.

Ich gehe ja nicht in seine Sendungen. Dieter Nuhr hofft halt inzwischen auch, dass er mit seinem Nimbus den Weltuntergang überleben wird. Nur deswegen kann man so daherreden.

Und sich über Windkraft und Solarenergie lustig machen.

Unfassbar! Wir lernen gerade viel über unsere Welt. Ob wir das überleben, weiß ich nicht. Viele Dinge treten jetzt deutlich zutage. Auch das Ende der Moralisierer ist gekommen. Das löst alle Parteigrenzen auf. Ich freue mich, das anschauen zu können. Man lernt sehr viel über den Mitmenschen.

Da bleibt nur noch die Überzeichnung. Wobei: So viel überzeichnen muss man ja schon gar nicht mehr...

Nein, Leute wie Carsten Maschmeyer, der per Anweisung an die Sekretärin für den Titel des Buchs gesorgt hat, so was kann man ganz gemütlich runterschreiben. Da muss man kein Prophet sein.

In Bayern wird aber doch alles gut, seit der demonstrativen Ergrünung von Ministerpräsident Markus Söder. Oder etwa nicht?

Es wird sogar so gut, dass wir die Ersten sein werden, die ein Raumschiff haben, das uns in blühende Landschaften fliegen wird. Das Problem: Wir in Bayern sind ja doch Ellbogen-Menschen, weshalb dieses Raumschiff sehr langsam und sehr breit sein wird - weil alle vorne sitzen wollen.

Ohne zu viel zu verraten: Im Buch heißt es am Schluss: "17:31: Es gibt keine Nachrichten mehr von der Welt, wie wir sie jemals gekannt haben. 17.32 Uhr: Jetzt endgültig aus." Ist das das Ende der Welt?

Naja, vielleicht ist ja auch nur der Akku vom Smartphone leer. Und vielleicht gibt's ja mal einen zweiten Band...

Das Buch "Bitte sagen Sie die Klimakatastrophe morgen ab! Ich habe wichtige Termine" erscheint im Dezember in Springers Eigenverlag cs.wort und kann unter der Mailadresse bestellung.cswort@gmail.com und auf Springers Homepage www.christianspringer.de bestellt werden