Zehn Prozent der Einkommenssteuer
33 Milliarden pro Jahr: Wenn die Steuer die Rente frisst
27. Januar 2020, 15:58 Uhr aktualisiert am 27. Januar 2020, 15:58 Uhr
Der Zugriff des Fiskus ärgert die Ruheständler. 33 Milliarden Euro zahlen deutsche Rentner pro Jahr - das sind inzwischen schon zehn Prozent der gesamten Einkommensteuer in Deutschland.
Während Steuern auf die Rente in den vergangenen Jahren förmlich explodierten, stiegen die Renten im Verhältnis dazu nur minimal. Was schwer vermittelbar ist: Schon im Erwerbsleben zahlt man Lohnsteuern - und jetzt im Ruhestand Steuern auf die Rente. Durch die kommende Rentenerhöhung zum Juli werden weitere rund 51.000 Rentnerinnen und Rentner erstmals Steuern zahlen müssen. Dann sind insgesamt schon rund 5,12 Millionen Senioren steuerpflichtig - fast jeder vierte Rentner in Deutschland.
Fällig wird die Steuer, wenn die Gesamteinkünfte eines Rentners über dem Grundfreibetrag (2020: 9.408 Euro, 18.816 Euro bei Paaren) liegen. Dieser Betrag wird vom gesamten Jahreseinkommen - neben der gesetzlichen Rente gehören auch Einkünfte aus Vermietung, Nebenjobs oder Zinsen dazu - abgezogen.
Warum zahlen Rentner überhaupt Steuern?
Rentner haben schon immer Abgaben gezahlt, allerdings viel weniger als Pensionäre. Während ehemalige Beamte und Richter fast ihr ganzes Alterseinkommen versteuern mussten (und müssen), galt das früher für Rentner nur für einen kleinen Teil ihrer Rente. Dahinter stand der grundsätzlich richtige Gedanke, dass Beamte ihre Pension nicht selbst finanzieren, Arbeitnehmer dagegen einen Teil ihres versteuerten Erwerbseinkommens in die Rentenkasse einzahlen. Die Rente galt also als eine Art Rückerstattung von bereits versteuerten Beiträgen.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte 2002, dass diese Art der Besteuerung nicht dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes entsprach - und forderte eine Änderung ab 2005.
Was wurde 2005 anders?
Es gab einen Systemwechsel. Rentenbeiträge werden jetzt aus steuerfreiem Einkommen geleistet, und die Rentenleistungen unterliegen der Besteuerung. Da ein vollständiger Wechsel ab 2005 zu Doppelbesteuerungen geführt hätte, gibt es eine lange Übergangszeit: Die Steuerbefreiung der Beiträge wird von Jahr zu Jahr erhöht, im Gegenzug steigt die Besteuerung der Altersrenten von Jahr zu Jahr.
Wie stark steigt die Steuerbelastung für Rentner?
Arbeitnehmer, die 2005 in Rente gingen, mussten nur 50 Prozent ihrer Rente versteuern. Seitdem steigt dieser Prozentsatz jedes Jahr um zwei Punkte: Wer 2006 in Rente ging, musste 52 Prozent versteuern. Neurentner des Jahres 2010 zahlten auf 60 Prozent ihrer Rente Einkommensteuer. Dieses Jahr müssen schon 80 Prozent der Rente versteuert werden. Ab 2021 steigt der Anteil nur noch um einen Prozentpunkt pro Jahr - bis 2040 dann 100 Prozent der Rente zu versteuern sind.
Müssen Rentner wirklich immer mehr Steuern zahlen?
Das hängt von der individuellen Situation ab. Es gibt Rentner, die mit kleiner Rente immer unterhalb des steuerlichen Grundfreibetrags bleiben - und im Ruhestand nie Einkommensteuer zahlen. Andere haben höhere Bezüge und rutschen in die Steuerpflicht. Haben sie zusätzliches Einkommen, müssen sie es ohnehin versteuern. Zusätzliche Ausgaben für Altersvorsorge können die Steuerlast dagegen mindern.
Wie wirken sich Nebeneinkünfte aus?
Mancher Rentner bessert die Rente auf, indem er arbeiten geht. Oder jemand hat Immobilienbesitz und bessert die Rente durch Vermietung oder Verpachtung auf. Auch Betriebs- oder private Renten oder Kapitaleinnahmen geben ein Zubrot. Diese Nebeneinkünfte müssen dem Gesamtbetrag hinzugerechnet werden. Überschreitet dieser den Grundfreibetrag, wird eine Steuererklärung fällig.
Welche Renten sind steuerfrei?
Einige Arten von Renten sind in vollem Umfang steuerfrei: Dazu zählen zum Beispiel Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, Berufsgenossenschaftsrenten, außerdem Kriegs-, Wehrdienst-, Zivildienst- sowie Schwerbeschädigtenrenten.
Welche Kosten lassen sich absetzen?
Analog zum noch werktätigen Steuerzahler haben auch Rentner die Möglichkeit, diverse Kosten in der Steuererklärung abzusetzen.
Dazu zählen etwa Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die Kirchensteuer, Spenden, Beiträge zur Unfall- oder Haftpflichtversicherung und teilweise auch Gesundheitsausgaben. Gleiches gilt für die Kosten, die Rentnern entstehen, wenn sie sich die komplexe Materie von einem Lohnsteuerhilfeverein oder einem Steuerberater erklären lassen beziehungsweise dort prüfen lassen möchten, ob denn eine Steuerpflicht vorliegt. Was keine schlechte Idee ist, denn auch Rentner haben gegenüber dem Finanzamt eine Bringpflicht. Sie sollten also nicht erst darauf warten, dass die Behörde bei ihnen anklopft.
Ansonsten kann diese Form des Ruhestandes auch zu Nachzahlungen und Sanktionen in Form von teuren Strafzinsen führen.
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