Freischnauze!

"Wir zeigen Lust und Gefühl"


Die Sexologin Ann-Marlene Henning hat ein Aufklärungsbuch für Jugendliche geschrieben. (Foto: dpa)

Die Sexologin Ann-Marlene Henning hat ein Aufklärungsbuch für Jugendliche geschrieben. (Foto: dpa)

Von Redaktion idowa

(dpa) "Hast du eigentlich irgendwelche Fragen zu - ähm - Sex?" Wenn Erwachsene mit dem Aufklärungsauftrag ankommen, kann das von lustig bis peinlich alles Mögliche sein. Aber nicht jeder spricht so gern über Sex. Ein neues Aufklärungsbuch will Abhilfe schaffen. Es heißt "Make Love" - und der Name war für die Bebilderung Programm: Junge Paare wurden sehr direkt beim Sex fotografiert. Eine der Autorinnen hat uns erzählt, warum das alles andere als Porno ist:

Muss man vor dem ersten Sex ein Buch gelesen haben?
"Nö, muss man überhaupt nicht. Aber manchmal kann es helfen. Wenn man schon Vieles, Pornos zum Beispiel, gesehen hat, dann haben Jungs und Mädchen Druck und denken ,Ich muss das immer so machen'. Da kann ein Buch eine beruhigende Wirkung haben und auch einen Ach-so-Effekt bringen."

Was war Ihnen besonders wichtig bei dem Buch?
"Mir war besonders wichtig, dass das kleine ABC der Erregung da drin steht. Darüber reden wir nie. Und ich stelle fest, dass es viele Erwachsene nicht wissen."

Sie haben einen 19-jährigen Sohn. Wie haben Sie ihn aufgeklärt?
"Ich habe tatsächlich irgendwann versucht, das Gespräch zu führen. Und das ging nicht. Dieses ,Was willst du wissen' und so ist ein bisschen künstlich. Ich stelle fest, es war gar nicht nötig. Es geht eher darum, dass man den Vater umarmt oder ihm einen Klaps auf den Hintern gibt und sagt ,Papa hat einen tollen Hintern'. Es geht darum, dass das Kind ein gutes Gefühl bekommt. Und wenn dann Fragen kommen, muss man sich als Eltern Zeit nehmen."

Viele Jugendliche haben aber keine Lust, mit Ihren Eltern über Sex zu reden. Woher bekommen die ihre Infos?

"Naja, was man natürlich mit den Eltern nicht besprechen will, ist alles mit ,reinstecken' und ,wir machen das auch'. Aber Liebe, Gefühl und das Spüren, das geht vielleicht auch mit den Eltern. Ansonsten erfährt man ein paar Sachen - wie wird man schwanger oder so - ja sowieso, in der Schule, aus der Zeitung oder so. Im Internet findet man viel Falsches und auch Leute erzählen natürlich viele Vorurteile und Missverständnisse weiter. Es ist schwierig. Aber sich unterhalten mit Leuten, die schon Sex hatten - das wäre mein Tipp."

Das Buch ist ja ziemlich teuer. Aber von den Eltern geschenkt bekommen möchte man das ja auch nicht unbedingt
"Ja, das ist in Deutschland komisch - aber es wäre doch super. Man muss das ja nicht gleich zum Geburtstag auf den Gabentisch legen. Man kann auch was dazu sagen: Kuck einfach rein, und guck, ob dir da was gefällt."

Reingucken ist ein gutes Stichwort: Was sofort auffällt, ist, dass das Buch viele, auch ganzseitige, Bilder enthält. Viele wirken wie alte Bilder, aus den 80ern
"Nein, die sind alle neu gemacht. Das sind echte Paare. Die haben alle freiwillig mitgemacht, weil sie das Projekt gut fanden. Weil sie richtigen Sex zeigen wollten und nicht Porno. Die sehen auch ganz anders aus als Porno. Bei Porno strecken sie ihre Zunge in die Kamera, halten ihre Riesenbusen rein, liegen ganz anders. Bei den jungen Leuten hier sieht man, dass sie was spüren."

Stichwort: Generation Porno, Stichwort: Youporn?
"Ich glaube, dass viele Jugendliche wirklich schon ganz viel gesehen haben. Es ist ja so einfach zu finden, man muss sich fast wehren, das nicht zu sehen. Und dann denken sie: 'Man muss immer das und das machen, da muss man überall reinstecken'. Den Gedanken, es könnte auch alles ganz anders sein, gibt es da wenig."

Wie kann man dem Druck, bestimmte Dinge zu machen oder darüber zu reden, aus dem Weg gehen?

"Das ist natürlich schwierig. Man braucht Mut dazu, zu sagen: 'Das will ich nicht. ' Oder: 'So bin ich.' Das kann man trainieren. Wichtig ist mir: Finde dich erstmal selber. Und mach dir Gedanken, was du magst und was du nicht magst. Und erst dann in andere Hände stürzen."

Rogner & Bernhard, Berlin Ann-Marlene Henning und Tina Bremer-Olszewski: Make Love

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