Freilich?!
Sei ein HELD – leiste Erste Hilfe
4. April 2014, 11:52 Uhr aktualisiert am 4. April 2014, 11:52 Uhr
Du liegst mit deinen Freunden am Weiher, ihr esst Eis und plötzlich passiert es - dein Kumpel fasst sich an den Hals, er kann nicht mehr sprechen und kriegt keine Luft. Jetzt bist du gefragt. Er ist auf deine Hilfe angewiesen, sonst kann er im schlimmsten Fall sogar sterben. Doch was tun? Freistunde hat bei einem Erste-Hilfe-Kurs mitgemacht und sich nach den wichtigsten Verhaltensregeln im Notfall erkundigt.
Grundsätzlich gilt:
Jeder muss Erste Hilfe leisten. Es ist im Strafgesetzbuch und in der Straßenverkehrsordnung estgelegt. Das bestätigt auch Martin Schmauser vom Bayerischen Roten Kreuz in Straubing. Er beruhigt all jene, die Angst davor haben, etwas falsch zu machen: "Es gibt keine falsche Erste Hilfe. Falsch wäre nur, nicht zu helfen." Und dabei gilt: "Im Zweifel immer 112 wählen." Das heißt, dass jeder, der ein Handy oder Smartphone hat, auch Erste Hilfe leisten kann.
Unter Erster Hilfe versteht man alle Maßnahmen, die eingeleitet werden, bevor der Betroffene von einem Arzt behandelt wird. Das heißt, dass sich in diesen wertvollen Sekunden und Minuten oft entscheidet, ob das Opfer überleben wird. Klar, dass man in der Aufregung erst einmal panisch wird und nicht recht weiß, was man machen soll. Martin Schmauser hat dazu eine Eselsbrücke: "Werde zum Held!" Denn Held steht für H wie Hilfe holen (Notruf absetzen), E wie Ermutigen (Trösten), L wie Lebenswichtige Funktionen kontrollieren und D wie Decke unterlegen (Zudecken). "Wer das befolgt, hat schon 80 Prozent aller notwendigen Maßnahmen erledigt." Das Wichtigste dabei ist, Nerven zu zeigen und Ruhe zu bewahren. Der Eigenschutz hat übrigens immer Vorrang - mögliche Gefahren sind zum Beispiel Straßenverkehr oder Brände.
Was bedeutet das nun im konkreten Notfall?
"Zuerst einen Überblick verschaffen, was passiert ist, und dann die entsprechenden Maßnahmen einleiten", erklärt Martin Schmauser das Vorgehen. Hier ein Überblick, wie sich Ersthelfer in ausgewählten Notfallsituationen verhalten sollten.
Bewusstlosigkeit: "Prüfst du, rufst du, drückst du"
Situation: Nach einem Discobesuch wollt ihr nach Hause fahren. Ihr geht zum Parkplatz und seht voller Schrecken, dass eine Person am Boden liegt. Sie ist nicht ansprechbar und reagiert auch nicht, wenn man sie vorsichtig an den Schultern rüttelt. Das heißt, sie ist bewusstlos.
Maßnahmen:
Laut "Hilfe" rufen, um andere Leute auf die Notfallsituation aufmerksam zu machen.
Atmung prüfen: Dazu muss zunächst der Kopf des Verletzten nackenwärts gebeugt werden sowie der Mund leicht geöffnet werden. Dann durch Sehen, Hören und Fühlen den Atem kontrollieren: Sehen, ob der Brustkorb sich hebt und senkt; Ohr über Mund und Nase des Betroffenen legen und hören, ob Atemgeräusche vorhanden sind; dabei mit der Wange prüfen, ob du den Luftstrom des Betroffenen fühlen kannst.
Falls der Mensch normal atmet: Stabile Seitenlage, dann Notruf, wiederholt die Atmung prüfen.
Falls keine normale Atmung vorhanden ist: Notruf absetzen und sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen. Im Idealfall wird dabei der Brustkorb 100 Mal pro Minute um fünf bis sechs Zentimeter eingedrückt. Als Rhythmus kann man sich das Lied "Stayin' alive" von den Bee Gees vorstellen. Nach 30 Mal drücken sollte der Bewusstlose zwei Mal beatmet werden.
Generell gilt: Drücken ist wichtiger als beatmen. Comedian Kaya Yanar fasst das Handeln in diesem Notfall so zusammen: "Prüfst du, rufst du, drückst du".
Blutungen: Jede Wunde muss versorgt werden
Situation: Ihr feiert eine Party. Für den Salat braucht ihr noch Baguette. Ein Mädchen schneidet sich mit dem Brotmesser so tief in den Finger, dass er stark blutet.
Maßnahmen:
Schon die kleinste Verletzung kann eine Infektion hervorrufen. Deshalb muss jede Wunde sachgerecht versorgt werden. Die wichtigsten Grundsätze sind:Wunde nicht berühren, Fremdkörper nicht entfernen und Wunden immer keimfrei bedecken.
Bei kleineren Verletzungen: Pflaster auf die Wunde und eventuell zum Arzt.
Bei größeren Verletzungen: Sofort versuchen, die Blutung zu stillen. Das geht mithilfe eines sogenannten Druckverbandes. Im Idealfall legt man eine Kompresse auf die Wunde und umwickelt sie zwei- bis dreimal mit einem Verband. Dann nimmt man ein zweites Verbandpäckchen - oder zur Not auch ein Tempo-Päckchen - und legt es als Druckpolster auf die Wunde. Restlichen Verband drüberwickeln und mit einem Knoten fixieren. Wer keinen Verband zur Hand hat, kann auch ein Geschirrtuch oder ein Kleidungsstück nehmen. Sofort Notruf 112 wählen und den Betroffenen zudecken.
Erstickungen: Schnelles Handeln gefragt
Situation: Ein Freund droht zu ersticken. Das kann durch Fremdkörper in Luft- und Speiseröhre, Schwellungen - zum Beispiel durch Insektenstiche - oder durch Ertrinken passieren. Kennzeichen sind Atemnot, starker Hustenreiz, pfeifendes Atemgeräusch, Blau- oder Rotfärbung des Gesichtes oder fehlende Atmung.
Maßnahmen:
Zuerst überprüfen, ob der Betroffene noch sprechen, atmen und husten kann.
Wenn er noch husten kann: Ihn auffordern, kräftig zu husten. Wenn es nichts nützt, Notruf wählen und bis zum Eintreffen des Arztes beruhigen, betreuen, trösten und beobachten.
Wenn er nicht mehr husten kann: Versuchen, den Fremdkörper zu lösen, indem man dem nach vorne gebeugten Betroffenen fünf Mal zwischen die Schulterblätter schlägt. Wenn es nichts hilft, sofort 112 wählen. Dann den sogenannten "Heimlich"-Handgriff anwenden: Der Helfer stellt sich hinter das Opfer und fasst der nach vorne gebeugten Person mit beiden Armen von hinten um den Bauch. Dort, unterhalb des Brustbeins, eine geballte Faust platzieren, mit der anderen Hand die Faust umfassen und bis zu fünf Mal kräftig nach hinten oben ziehen. Bei Bewusstlosigkeit Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen.
Bei Insektenstichen: Insektenstiche im Mund- und Rachenbereich entstehen oft durch das versehentliche Verschlucken zum Beispiel von Wespen oder Bienen. Durch das Insektengift schwellen die Schleimhäute oder auch die Zunge an; die Atemwege verengen sich oder drohen vollständig zu verschließen. Es besteht akute Erstickungsgefahr. Deshalb sofort 112 wählen. Bis der Notarzt kommt, sollte der Betroffene Speiseeis oder Eiswürfel lutschen. Der Hals muss mit kalten Umschlägen, Eisbeutel (mit einem Tuch umwickeln) oder Kühlkompressen gekühlt werden.
Knochenbrüche: Offen oder geschlossen?
Situation: Ihr macht eine Fahrradtour und saust den Berg hinunter. Plötzlich stürzt dein Freund schwer und hat starke Schmerzen im Arm. Ihr vermutet, dass er gebrochen ist.
Maßnahmen:
Bewegungen vermeiden, betroffenen Körperbereich mit Polstermaterial, zum Beispiel Decken oder Taschen, ruhig stellen, die Person zudecken und Notruf wählen.
Es gibt einen Unterschied zwischen geschlossenen und offenen Brüchen (Frakturen): Beim geschlossenen Bruch ist keine äußere Wunde zu sehen, beim offenen Bruch dagegen schon. Haut und Muskeln sind verletzt, eventuell siehst du Knochenanteile bzw. -splitter. Beim offenen Bruch besteht eine hohe Infektionsgefahr. Beim geschlossenen Bruch sollte die Schwellung gekühlt werden, beim offenen Bruch ist es wichtig, die Stelle sofort mit keimfreien Wundauflagen oder Verbandtuch abzudecken.
Verbrennungen: Vorbeugung ist alles
Situation: Du hast Bauchweh und bittest Deine Mama, Dir eine Wärmflasche zu machen. Beim Einfüllen passiert es: Sie schüttet sich das kochend heiße Wasser über den Arm. Sie hat große Schmerzen.
Maßnahmen:
Verbrennungen und Verbrühungen erzeugen stärkste Schmerzen und gehen oft mit einem Schock einher. Bei größeren Verbrennungen immer den Notruf 112 alarmieren.
Nur kleinere Flächen (höchstens so groß wie die Handfläche eines Betroffenen) sollen sofort mit fließendem Wasser gekühlt werden. Größere verbrannte Körperoberflächen nicht kühlen, da sonst die Gefahr der Unterkühlung zu groß wird. Verbrühte Kleidung sollte rasch, aber vorsichtig entfernt werden. Mit der Haut verkrustete Kleidung darf nicht ausgezogen werden. Im Gesicht kann mit feuchten Tüchern gekühlt werden, wobei die Atemwege immer freigehalten werden müssen. Nach der Kühlung muss die Wunde locker und keimfrei abgedeckt werden, zum Beispiel mit einem Verbandtuch. Bei Kleiderbränden sofort löschen: Betroffene Person aufhalten, mit Wasser übergießen, die Flammen mit einer Decke ersticken oder den Betroffenen auf dem Boden wälzen.
Generell gilt: Brandblasen nicht öffnen!
Tipps, um Verbrennungen zu vermeiden:
- Kein kochendes Wasser in Wärmflaschen füllen
- Beim Grillen auf Brandbeschleuniger verzichten
- Kinder in der Nähe von offenem Feuer (Kerze, Kamin, Grill) beaufsichtigen
- Wasserkocher und andere Gefäße mit heißem Wasser so platzieren, dass Kinder sie nicht erreichen können
Mobile Lebensretter:
Erste Hilfe auch per App
Wer ein Smartphone besitzt, kann sich auch mit einer App für den Notfall rüsten. Erste-Hilfe-Apps werden von verschiedenen Rettungsdiensten, zum Beispiel vom Roten Kreuz und den Maltesern, zum Download angeboten. Schritt für Schritt wird bei diesen mobilen Rettungsassistenten erklärt, was im Notfall zu tun ist.
Erste Hilfe online
Auf den Webseiten der Rettungsdienste findet man viele Informationen rund um Erste Hilfe, einfach mal durchklicken. Außerdem sind dort Termine für Erste-Hilfe-Kurse in der Region aufgelistet. Martin Schmauser vom BRK kann eine Teilnahme nur empfehlen: "Wer Hilfe im Notfall erwartet, muss auch selbst im Notfall helfen können."