Auf nach Vietnam

Ines Rathgeber aus Landshut will die Welt erkunden


Ein letzter Blick in die Ferne: Mittlerweile ist Ines wieder in Deutschland.

Ein letzter Blick in die Ferne: Mittlerweile ist Ines wieder in Deutschland.

Von Tanja Pfeffer

Nachdem ich im vergangenen Sommer mein Abitur gemacht habe, hat es mich noch nicht allzu schnell in ein Studium gezogen. Viel lieber wollte ich zuerst einmal ein kleines bisschen die Welt erkunden, alles stehen und liegen lassen und ins Ungewisse, ins Abenteuer starten. Am 20. Januar geht es nun endlich los: Zusammen mit einer guten Freundin und meinem Rucksack fliege ich zunächst nach Hanoi, die Hauptstadt von Vietnam, um dann an der Küste entlangzureisen. Anschließend werden wir Kambodscha, Laos und Thailand erkunden, bevor wir im Mai wieder nach Deutschland zurückkehren. Was ich auf meinem Backpacking-Trip erlebe, möchte ich gerne in meinem Auslandstagebuch erzählen.

Eintrag 9: 7. Juni 2016 - Wieder daheim: Nimm das Leben nicht so ernst

Und ehe man sich versieht, ist man auch schon wieder zu Hause im tristen, hektischen Deutschland. Die vier Monate sind wie im Flug vergangen. Als ich im Flugzeug sitze, kann ich nicht realisieren, dass das Ganze schon vorbei sein soll und schwelge in Erinnerungen...

Die letzten Wochen der Reise haben wir in Laos und im Norden von Thailand verbracht. Die Laoten sind ein unfassbar faules Völkchen. Den laotischen Lifestyle haben wir schon beim Grenzübergang zu spüren bekommen, als die Bearbeitung unserer Pässe eine halbe Ewigkeit gedauert hat. Die Leute hier leben frei nach der Einstellung, alles mit möglichst wenig Aufwand und Hektik erledigen zu wollen.

Wenn man etwas zu essen bestellen will, kommt es zum Beispiel nicht selten vor, dass man jemanden dazu aufwecken muss, der dann meist zuerst mal die Kinder zum Einkaufen schickt. Wenn dann alle Zutaten langsam im Hause sind, wird eventuell in aller Ruhe angefangen zu kochen.

Die entspannte Art der Laoten ist aber auch sehr sympathisch und die Reise durch Laos war ein Erlebnis. Ich wurde von Einheimischen auf Bier und gekochten Babybambus eingeladen, habe auf einer Flussinsel in einem Bungalow gehaust, bin in unzähligen Wasserfällen geschwommen, habe einen Berg im Nirgendwo erklommen, habe den Mund vor Faszination über die Natur und Landschaft nicht mehr zu bekommen, habe wegen streikendem Magen einen Tag lang die Unterseite des Stockbettes über mir studiert, bin in einem Luftreifen im Fluss von Bar zu Bar getrieben, habe laotischen Whiskey genossen, habe mit einem Haufen Koreanern getanzt, habe erstaunlich guten Kaffee in einer Plastiktüte serviert bekommen und habe unglaublich viele faszinierende Menschen kennengelernt.

Drei Wochen verbringen wir in Laos. Danach fahren wir nach dem Grenzübertritt nach Thailand per Anhalter auf der Ladefläche eines Pick-Ups über kurvige Straßen in ein abgelegenes Resort, wo wir schließlich in einem Tipi übernachten. Hier, am "Golden Triangle", kann man am Fluss stehen und direkt nach Laos und Myanmar hinübersehen. Ein thailändischer Neuseeländer, den wir in Laos kennengelernt haben, zeigt uns hier alles Sehenswerteund so bekommen wir allerlei Orte zu Gesicht, die kaum ein Tourist je besucht hat. In Chiang Saen essen wir auf einem Floß auf einem See zu Mittag. Dort wird einem das Essen nach telefonischer Bestellung vom Restaurant am Ufer per Bötchen geliefert. Um uns herum sind überall große Gruppen von Thailändern, die hier an Sonntagen gemütlich mit Familie und Freunden zusammensitzen, den ganzen Tag auf dem Floß mit dröhnender Musik verbringen und einfach ihre Zeit genießen.

Der Lifestyle ist ansteckend. Was kann schon passieren, das so schlimm ist? Das Leben nicht so ernst nehmen, den Moment genießen und aus allem das Beste machen - das ist ganz unterbewusst auf Reisen hier in Südostasien auch mein Lebensmotto geworden.

Sachen wie ein Bus, der zwei Stunden später kommt, tierische Besucher im Zimmer oder gar eine komplett fehlende Badezimmertür werden irgendwann nur noch mit einem Lachen hingenommen.

In den allerletzten Tagen der Reise denke ich über Momente nach, die mir ewig im Gedächtnis bleiben werden. Das Schwimmen im Meer mit flouriszierenden Plankton mitten in der Nacht unter glitzerndem Sternenhimmel vielleicht. Oder das erste Mal mit Sauerstoffflasche ins Wasser springen oder die erste Fahrt auf den verrückten Straßen von Vietnam.

Das Flugzeug landet und erst als ich meiner Familie in die Arme laufe wird mir klar, dass jetzt alles wieder anders ist: Mir kommt Deutschland so geordnet vor. Die Leute sind streng und verschlossen. Es weht eine kühle Brise und selbst die Gerüche kommen mir ernüchternd vor. Ich brauche noch etwas Zeit bis ich hier tatsächlich wieder ankomme. Aber die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, gehen nicht mehr verloren. Ein Stück der "Nimm-das-Leben-nicht-so-ernst"-Lebenseinstellung der immer lachenden Burmesen oder der tiefenentspannten Laoten konnte ich mit nach Hause nehmen.

Eintrag 8: 28. April 2016 - Songkran: Wenn eine Insel zum Wasserschlachtfeld wird

Ich versuche die Straße zu überqueren, um Frühstück zu holen und werde von Kopf bis Fuß nass. Willkommen zu Songkran!

Songkran ist das Wasserfest in Thailand, an dem das Neujahr nach thailändischem Mondkalender gefeiert wird. In Vietnam haben wir schon das Neujahr nach chinesischen Mondkalender erlebt. Ein weiteres Mal ein neues Jahr feiern - warum nicht? Im Gegensatz zu den in Vietnam privat stattfindenden Feierlichkeiten in der Familie, verwandeln sich an Songkran ganze Städte in eine einzige große Feier auf der Straße. Auch auf der Insel Koh Tao, auf der wir uns zu diesem Zeitpunkt befinden, geht die Post ab.

Die Tage vor dem Wasserfest haben wir damit verbracht auf der Insel unseren Tauchschein zu machen. Nach Myanmar hat es uns nach einer neuen Herausforderung gelüstet und so sind wir prompt auf die Insel an der Ostküste Thailands gereist, die als "the place to be", um als Anfänger den Open-Water-Tauchschein zu absolvieren, bekannt ist. Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellt: Das Tauchen ist eine der besten Erfahrungen, die ich auf Reisen gesammelt habe. Das wortwörtliche Abtauchen in eine andere Welt, macht nahezu süchtig.

Während den vier Tagen, in denen wir als Tauchschüler hier lernen, wachsen wir mit dem Team aus der Tauchschule und anderen Tauchschülern eng zusammen. Umso mehr Spaß macht es mit diesen Leuten zusammen Songkran zu verbringen. Das Fest fällt in die trockenste und heißeste Zeit des Jahres. Aus den ursprünglichen rituellen Waschungen zum Neujahr ist der Brauch entstanden, sich mit Wasserkübeln oder Spritzpistolen zu bewaffnen und sich wie verrückt gegenseitig nass zu machen. Bei den Temperaturen eine willkommene Erfrischung! Nichts bleibt trocken.

Schon Tage vorher gibt es überall neben Wasserspritzpistolen wasserdichte Beutel zu kaufen, in die man seine empfindlichen Habseligkeiten verpacken sollte, bevor man hier das Haus verlässt. Oder man lässt schlichtweg jegliche Wertsachen zu Hause. Man weiß schließlich nie, wer eventuell von hinten mit einem Kübel eiskaltem Wasser kommt! Auch auf Rollern oder Pick-Up-Taxis ist man an diesen Tagen nicht sicher. Am Straßenrand stehen Gruppen, die darauf achten, dass kein Verkehrsteilnehmer trocken bleibt. Nicht selten kommt es vor, dass Taxifahrer bei Passieren dieser Gruppen, aus ganz unerfindlichen Gründen einen kurzen Stop einlegen, sodass mehr Zeit bleibt, die Touristen auf der offenen Ladefläche hinten nass zu machen. Von alldem bleibe ich natürlich auch nicht verschont. Ich werde von kreischenden Kindern mit Wasser übergossen, liefere mir Spritzpistolen-Verfolgungsjagden, bekomme, wie es der Brauch ist, Babypuder ins Gesicht geschmiert und lande mehrere Male unfreiwillig in einem Pool oder auch gleich im Meer. Es ist ein riesen Spaß.

So ist es traurig, die Insel zu verlassen, als am nächsten Tag unsere Fähre ablegt. Aber trotzdem sind wir guter Dinge: Duf der Fähre kann ein bisschen Schlaf nachgeholt werden und wir befinden uns hiermit auf der Reise nach Laos, unserem nächsten Ziel!

Eintrag 7: 4. April 2016 - Eine Zugfahrt der burmesischen Sorte

Myanmar zieht am glaslosen Fenster vorbei. Wir sind in einen alten Zug gestiegen, der uns zu unserem nächsten Ziel bringt. Im Schneckentempo. Bei guten 20 Kilometern pro Stunde passieren wir Felder, Wiesen und wunderschöne Natur und bekommen winzige Dörfer zu sehen, deren Bewohner uns Leuten im Zug freudig zuwinken. Insgesamt fahren wir etwa 140 Kilometer von dem kleinen Ort Pyin U Lwin bis nach Hsipaw im nördlich bergigen Myanmar. Die Strecke führt über ein altes Viadukt, das nicht ganz vertrauenserweckend aussieht. Aber der Ausblick, als der Zug - übrigens hier noch langsamer als ohnehin schon - die Brücke passiert, ist sehr beeindruckend. Eine Schlucht erstreckt sich unter uns, ein schmaler Fluss und kleine Wasserfälle.

Dass wir bei der siebenstündigen Fahrt verhungern, brauchen wir nicht zu fürchten. Als drei älteren birmanischen Frauen, die sich mit uns auf die Holzbänke quetschen, ihr Mittagessen auspacken - Reis, was sonst - drücken sie uns eine Schale in die Hand und jeder von ihnen gibt uns etwas von ihrer Portion ab. Aus Mangel an Besteck oder Stäbchen essen wir mit den Händen. Ich versuche noch hastig Handdesinfektionsmittel zu verteilen, aber da ist es schon zu spät. Was soll's - wir sind in Myanmar.

Also genießen wir den matschigen Reis mit Bohnen ebenfalls mit den Händen, was die schmatzenden Frauen breit lächelnd zur Kenntnis nehmen. Wird unsere Schale ansatzweise leer, lässt der Nachschlag nicht lange auf sich warten. Und als wäre das nicht genug, werden uns zum Nachtisch fettige Pfannkuchen mit Unmengen von Zucker in Plastiktüten in die Hand gedrückt. Gerade noch so kann ich die Burmesinnen nach unserem Festmahl davon abhalten, sämtlichen angefallenen Müll aus dem Fenster zu schmeißen. Ein Verständnis für den rücksichtsvollen Umgang mit der Umwelt ist hier nur spärlich vorhanden. Entsprechend sehen viele Landstriche auch aus. Ich versuche den Frauen zu erklären, dass ich den Müll sammele, um ihn dann später zu entsorgen und ernte dafür nur verständnislose Blicke.

Während der Zug ratternd weiter durch die Landschaft schleicht, schmiegt sich die Frau neben mir immer mal wieder an meine Schulter. Dass wir zu dritt auf einer Bank für zwei sitzen, stört sie keineswegs. Die glaslosen Fenster, aus denen sich Kinder gerne herauslehnen, haben allerdings ihre Tücken: Wenn man nicht aufpasst, können einen im Vorbeifahren Zweige im Inneren treffen. So bin ich gerade damit beschäftigt, mir einen Dorn aus dem Arm zu ziehen, als eine der Burmesinnen den Moment nutzt und den Müll flink an mir vorbei aus dem Fenster wirft. Sie lächelt uns an, als hätte sie uns gerade einen großen Gefallen getan.

Eintrag 6: 20. März 2016 - Oh, wie schön ist Myanmar

Nun sitze ich auf der Dachterrasse eines Hotels mitten in Myanmar und genieße die etwas kühlere Luft am Abend. Ich liebe dieses Land mit seinen aufrichtigen und unglaublich freundlichen Bewohnern.


Myanmar beziehungsweise Birma hat mich von Anfang an gereizt. Da es erst seit ein paar Jahren für den Tourismus zugänglich ist, stößt man hier noch auf das Land in seiner ursprünglichen Form. Noch nicht verzerrt von den Spuren, die der Massentourismus zum Beispiel in Thailand hinterlässt. Als klar wurde, dass es ab April in Myanmar zu heiß werden würde, haben wir Kambodscha spontan verlassen, um über Bangkok möglichst schnell nach Birma einreisen zu können.

Nicht, dass wir Kambodscha nicht gemocht hätten! Wir haben auf einer der Inseln im Süden die traumhaften Strände genossen. Dann ging es mit einer weiteren Freundin aus Deutschland in die Hauptstadt und natürlich durfte schließlich der Besuch der berühmten und wirklich beeindruckenden Tempel von Angkor Wat nicht fehlen.

Trotzdem hat es uns schnell nach Myanmar gezogen. Zuerst musste allerlei Papierkram zur Beantragung des Visums in Bangkok erledigt werden, aber ein paar Tage in der thailändischen Metropole verbringen zu müssen, zählt nicht unbedingt zu den übelsten Nebeneffekten.

Über die Einreise nach Myanmar findet man im Internet nur leider total veraltete bis gar keine Informationen. Da das Land mit seinem Tourismus momentan in so einem brisanten Wandel ist, kann man sich selbst auf Informationen von vor zwei Jahren nicht mehr verlassen. Allerlei Durchfragen war also nötig, bevor wir nach einer Nachtbusfahrt im Morgengrauen die Grenze zu Fuß überqueren konnten. Letztendlich ist Myanmar einfacher zu bereisen als gedacht.

Und so sind wir nun in Mandalay, einer versmogten, lauten und vermüllten Großstadt im Inneren von Myanmar gelandet. Schnell verfallen wir aber dem Charme der unzähligen kleinen Teehäuser, die es hier am Straßenrand gibt. Auf jedem der winzigen Plastiktische steht hier eine Kanne starken, aber süßlichen Tees mit Bechern zur freien Verfügung. Dazu werden verschiedene frittierte Snacks angeboten, die - wie jedes Essen in Myanmar - vor Fett nur so triefen und natürlich köstlich schmecken. Mit Gemüse oder Fleisch gefüllte Ecken, die sogenannten Samosas, oder mit weichen Kokosraspeln gefüllte süße Teigbällchen bringen uns ins kulinarische Wunderland. Aber auch was Aktivitäten angeht, kommen wir in Mandalay nicht zu kurz. Mit einem Freund, den wir schon bei unserem Grenzübergang kennengelernt haben und tatsächlich in Mandalay wiedergetroffen haben, und ein paar anderen Leuten machen wir eine Tour durch das Umland der Stadt. Wir erkunden Hügel, die von goldenen Pagoden übersät sind und genießen den Sonnenuntergang an der längsten Teakholzbrücke der Welt.

Und wenn wir nicht gerade auf Achse sind, verweilen wir einfach auf der gemütlichen Dachterrasse unseres Billighotels. Von hier aus kann man wunderbar das Treiben der Stadt von oben beobachten.

Eintrag 5: 26. Februar 2016 - Von Geisterfahrern und Schweinen auf zwei Rädern

Ein Monat auf Reisen in Vietnam ist vorüber. Bei 34 Grad kommen wir geschafft in Ho-Chi-Minh-City an. Das bedeutet das Ende unserer Mopedtour durch Vietnam. Hier in Saigon, wie man häufig noch sagt, verkaufen wir unsere Mopeds, bevor wir uns nach Kambodscha aufmachen. Wir wollen die beiden gar nicht so recht loswerden, über 2000 Kilometer waren sie letztendlich unsere treuen Begleiter. Wir haben unsere Reise spontan sogar noch in das Mekongdelta, das noch weiter südlich von Saigon liegt, ausgedehnt. Jetzt aber läuft unser Visum aus und die Zeit auf Vietnams Straßen ist endgültig zu Ende. Höchste Zeit einmal zusammenzufassen, was es über den vietnamesischen Straßenverkehr zu sagen gibt.

Das Fahren in den größeren Städten ist eine wahre Tortur. Man fühlt sich unter all den Roller- und Mopedfahrern wie ein Fisch im Schwarm. An einer Kreuzung geraten zwei Schwärme ineinander und es gilt sich einen Weg durch den fließenden Strom der anderen zu schlängeln. Was einen anfangs beim Zufahren auf eine Kreuzung schier panisch hat werden lassen, wird bald zur Gewohnheit. Regeln, die man von Deutschland gewohnt ist, kann man gleich getrost über Bord werfen. Rote Ampeln und "Rechts vor links" können ignoriert werden. Nach einem Monat auf Vietnams Straßen, haben wir schließlich herausgefunden, welche individuellen Regeln hier herrschen: Keine.

Trotzdem haben wir mit der Zeit ein paar ungeschriebene Grundsätze kennengelernt, an die du dich halten solltest, wenn du auf diesen Straßen mitmischen willst:

- Niemals bremsen, nur ausweichen! Du bringst sonst alles aus dem Flow.

- Gehe davon aus, dass jeder das macht, was er will.

- Dem, der die lauteste Hupe hat, muss Platz gemacht werden.

- Wer am wenigsten schaut, hat Vorfahrt.

- Wenn die Kuh auf der Straße stehen will, dann ist das eben so. Einfach ausweichen!

- Der Standstreifen gilt allgemein als weitere Fahrspur. Falls der Gegenverkehr gerade alle beiden Spuren braucht, dann weichst du eben darauf aus.

- Sei niemals nachts unterwegs, es sei denn du willst Bekanntschaft mit sämtlichen Schlaglöchern machen.

Mit das Interessanteste auf Vietnams Straßen war aber das Beobachten anderer Verkehrsteilnehmer. Gefühlt jeder Vietnamese über 18 besitzt einen Roller oder ein Moped. Damit wird dann über die Straßen geheizt, gerne in Flip-Flops und ohne Helm - auch über den Highway. Generell muss man auf alles gefasst sein: Hier herrscht die Meinung, auch gegen den Verkehr ließe sich prima fahren. Weil kaum jemand ein Auto hat, wird alles - und ich meine wirklich alles - hinten auf den Roller geschnürt. Dabei ist es völlig unerheblich, ob mehrere Matratzen, die gesamte Familie, ein paar lebende Schweine oder aber die gesamte geerntete Bananenplantage transportiert werden. Gehupt wird im Übrigen andauernd und immer. Dabei wird die Hupe genutzt, um dem anderen einfach freundlich seine Anwesenheit mitzuteilen, nicht etwa um sich verärgert zu zeigen. Sie fungiert also als eine Art Warnung.

Aber trotz oder vielleicht gerade wegen all diesen verrückten Dingen macht das Fahren im vietnamesischen Straßenverkehr einfach unglaublich viel Spaß. Schweren Herzens verkaufen wir jetzt Herbert und Tiffany - wie wir unsere Zweiräder getauft haben. Die Zeit in Vietnam werden wir auf jeden Fall vermissen, trotzdem sind wir umso gespannter, was uns nun in Kambodscha erwarten wird.

Eintrag 4: 11. Februar 2016 - Happy New Year!

Neujahr ist schon einige Zeit her? Nicht in Vietnam! Tet ist das wichtigste Fest für die Vietnamesen. Hier wird das neue Jahr nach dem Mondkalender gefeiert.

Für uns bedeutet das im Grunde nur eines: Das Reisen wird schwieriger. Die Vietnamesen legen während der Neujahrstage ihre Arbeit nieder und fahren zu ihren Familien, um gemeinsam zu feiern. Die Folge sind volle Hotels und Hostels, geschlossene Geschäfte und höhere Preise für alle Aktivitäten. Trotzdem hat uns Tet letztendlich viel Spaß gemacht!

Schon lange vor dem Fest sind Teile der Städte in den Farben Rot und Gelb festlich geschmückt. Diese Farben sollen Glück bringen. Ähnliche Dekoration gibt es auch an Ständen zu kaufen und ganze Blumenmärkte werden eröffnet. Hier decken sich Einheimische für die Feiertage ein und kaufen unter anderem kleine Orangenbäume, die Symbol für ein fruchtbringendes neues Jahr sind. Besonders witzig ist übrigens zu sehen, wie einige Vietnamesen mehrere Orangenbäume gleichzeitig auf ihren Rollern transportieren. Außerdem wird zu Tet von den Familien ein großes Festmahl bereitet. Ein totes Huhn, das kopfüber am Lenker eines Rollers hängt, ist in den Tagen vor der Jahreswende kein ungewöhnlicher Anblick. Gerade läuft das Fest langsam aus, blicken wir also zurück zum siebten Februar, dem letzten Tag im alten Mondjahr.

Wir befinden uns an diesem Morgen gerade in Nha Trang, einer Stadt an der Küste Südvietnams. Nach längerem Überlegen und Beratschlagen mit Anderen entscheiden wir uns noch an diesem Tag in die nächste Stadt aufzubrechen, um über die kompletten Feiertage nicht am selben Ort bleiben zu müssen. Allerdings sind am Tag vor Neujahr viele Geschäfte schon geschlossen. Wir haben Angst, dass wir - falls eines unserer Motorräder Probleme macht - keinen Mechaniker finden können. Und ob unsere Hondas uns verlässlich von A nach B bringen, bleibt immer eine spannende Angelegenheit. Nichtsdestotrotz schlängeln wir uns an diesem Tag die kurvigen Straßen zur Bergstadt Dalat hinauf. Und siehe da: Alles läuft wie geschmiert und wir erreichen nachmittags unser Hostel bei strahlendem Sonnenschein. Wir sind begeistert von der Schönheit des Städtchens, das mit seinen vielen Spitzdächern ungewöhnlich westlich anmutet und sich trotzdem wunderbar mit der vietnamesischen Geschäftigkeit verbindet.

Abends sitzen wir mit anderen Reisenden vor dem Hostel zusammen, es wird sich ausgetauscht, getrunken und gesungen. Als wir in eine Bar aufbrechen wollen, weist uns der Besitzer des Hostels darauf hin, dass wir vor 12 Uhr zurück sein müssen, weil ihn sonst Unglück für das neue Jahr erwartet. Die Vietnamesen sind sehr abergläubische Leute, so würden sie zum Beispiel während den Festtagen nicht ihr Haus kehren, weil man ansonsten das Glück mit hinauskehre.

So sind wir also alle zeitig wieder zurück. Um das neue Jahr einzuläuten, stehe ich mit den anderen vor unserem Hostel, wo wir die Sekunden bis Mitternacht zählen und sogar ein kleines Feuerwerk aus der Ferne zu sehen bekommen. Unser Hostelbesitzer beschließt kurzerhand eine Runde Bier auszugeben: "mot, hai, ba - yo!" - "Eins, zwei, drei - Prost!"

Eintrag 3: 2. Februar 2016 - Vietnam, du wirst nicht langweilig

Seit 10 Tagen sind wir nun mit unseren Mopeds auf Tour durch die Schönheit der sattgrünen Reisfelder auf dem Land und dem faszinierenden Trubel der Städte Vietnams. Mit Ankunft in Hoi An haben wir nun die Hälfte von unseren geplanten 1700 Kilometern von Hanoi aus nach Ho-Chi-Minh-Stadt zurückgelegt. Durch das Reisen mit unseren geliebten Hondas sind wir wunderbar flexibel und können das Land in all seinen Facetten erleben. Bei all unseren bisherigen Erlebnissen weiß ich gar nicht, wo ich mit dem Erzählen anfangen soll.

In unserem letzten Aufenthaltsort in Hue haben wir Nhung, eine Vietnamesin, näher kennengelernt. Beim Essen in einem Restaurant erzählt sie uns, dass sie vor ein paar Jahren in Wien gelebt und studiert hat. Deutsch hat sie leider schon fast völlig wieder verlernt, aber sie spricht gut genug Englisch, so dass wir uns problemlos mit ihr unterhalten können. Keine Selbstverständlichkeit hier. Sie erzählt uns von ihrer Zeit in Europa. Obwohl sie selbst weiß und erlebt hat, dass die Lebensumstände dort besser sind, ist sie zurück nach Vietnam gekommen, weil sie ihre Heimat und Landsleute so sehr vermisst hat. Dafür werde sie von Anderen oft für verrückt erklärt, berichtet sie. Viele hätten gerne die Möglichkeit in Europa leben zu können. Es wird schnell klar, dass Nhung sehr hinter ihrem Land steht. Trotzdem kritisiert sie die Regierung: Der Staat beute die Menschen aus und kümmere sich nicht um die Armen.

Als sie uns zu sich nach Hause einlädt, um uns ihre Kinder vorzustellen, wird klar, dass sie sich das selbst zur Aufgabe gemacht hat. Es stapeln sich zusammengestellte Pakete mit Reis und Nudeln in ihrem Eingangsbereich. Unseren fragenden Gesichtern erklärt sie, dass sie diese regelmäßig an die ärmeren Leute, die außerhalb der Stadt wohnen, verteilt. Wir sind ziemlich beeindruckt. Schließlich werden wir von ihr und einer Kollegin auf dem Roller durch das Gewimmel von Hue chauffiert. Und siehe da: Wir haben unseren persönlichen, einheimischen Reiseguide, der uns alles Spannende in der Stadt zeigt und erklärt. Man merkt, dass Nhung sich freut uns ihre Heimat vorstellen zu können. Ich würde sagen, die Freude ist ganz auf unserer Seite! Ich muss schmunzeln, als sie auf die Frage, wie ihr eigentlich Wien gefallen hat, antwortet: "The City is so boring, so silent!" Die Städte in Vietnam sind eben doch nochmal ein anderes Kaliber, das uns mittlerweile aber sehr sympathisch geworden ist. Langweilig wird es hier nicht.

Eintrag 2: 26. Januar 2016 - Willkommen und Abschied

Es schlug mein Herz, geschwind zu motorisiertem Rade!

Da wären wir also: Mit geschulterten Rucksäcken stehen wir mitten im Gewusel von Hanoi - den Stadtplan in der Hand: "Und wo finden wir jetzt ein Hostel?" Die Straßen in der Hauptstadt Vietnams sind - nun ja, sagen wir - belebt. Unzählige Roller und Mopeds bahnen sich im Affenzahn ihren Weg zwischen laut hupenden Autos und Bussen. Überall darin Fahrradfahrer, die verblüffend viele Waren für den Markt auf ihrem Rad transportieren. Es ist gelinde gesagt ein Chaos.

Zwei Tage später stecken wir mitten drin. Mit unseren neu erstandenen Mopeds drehen wir die ersten Testrunden durch das pulsierende "alte Viertel" von Hanoi. Unser Plan ist es gleich in den Süden des Landes aufzubrechen, um dem ungemütlichen Wetter im Norden (knappe 10 Grad und Regen) schnellstmöglich zu entgehen. Wir feilschen an den zahlreichen Verkaufsständen um den günstigsten Preis für einen Helm und andere Utensilien, sprechen mit erfahrenen Backpackern, legen uns eine vietnamesische Simkarte für GPS zu und schon befinden wir uns auf Vietnams Straßen in Richtung Ninh Bình, unserer ersten Etappe.

Eintrag 1: 11. Januar 2015 - Feinschliff bei den Vorbereitungen

Nun sind es noch 9 Tage bis zum Abflug. Judith, meine Freundin und baldige Reisebegleitung, ist ebenfalls 19 Jahre alt und war mit mir zusammen auf der Schule. Schon vor dem Abi schmiedeten wir den Plan, zusammen auf Reisen zu gehen. Einige Zeit und eine Menge an Organisation später, steht dieses Abenteuer endlich vor der Tür.

Judith und ich haben uns noch mit einer guten Freundin zum Frühstücken getroffen. Es hieß jetzt schon Abschied nehmen, bevor sie wieder zu ihrer Uni in eine andere Stadt fährt. Unsere Pläne dagegen sehen anders aus: Wir stecken mitten in den allerletzten Reisevorbereitungen. Die letzten Wochen und Monate haben wir damit verbracht, das passende Visum für Vietnam zu beantragen, uns einen internationalen Führerschein zu besorgen und eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Jetzt geht es noch um den Feinschliff.

Beim Frühstück debattierten wir darüber, wie viele T-Shirts eingepackt werden müssen oder welches Buch sich am besten als Reiselektüre für lange Flüge, Zugfahrten und andere Wartezeiten eignet. Beim Arzt brachte ich anschließend noch meine letzte erforderliche Impfung hinter mich und kommendes Wochenende werde ich meine letzte Schicht in meinem Job antreten.

Ich merke, dass so langsam alles auf die Zielgerade zuläuft. Natürlich steigt unsere Aufregung, je näher der Tag der Abreise rückt. Vor allem aber freue ich mich schon wahnsinnig auf unser Abenteuer und alles, was es zu sehen und zu erleben geben wird.

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Ines (Mitte) war mit einer Freundin im Ausland unterwegs.

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In solchen Wasserfällen konnte Ines bei ihrer Reise baden.

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Judith und Ines in Mandalay mit dem typischen birmanischen Make-Up und dem traditionellen Wickelrock (Longyi).

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Sonnenaufgang vom Tauchboot aus vor einem Morgentauchgang.

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Beim Wandern hat Ines einen Affen entdeckt.

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Der Sonnenuntergang an der längsten Teakholzbrücke der Welt.

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Auf einem Mofa hat Ines Rathgeber Vietnam erkundigt.

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Ines Rathgeber erkundet zusammen mit einer Freundin Vietnam. Für ihre Reise haben sie sich zwei Mopeds gekauft.

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Ines Rathgeber aus Landshut ist 19 Jahr alt. Im Januar reist sie mit einer Freundin nach Vietnam. Bis Mai wollen sie dort mit dem Rucksack die Welt erkunden.

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Ines (links) und ihre Freundin Judith freuen sich auf ihre Reise nach Vietnam.

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Mopedfahrer, die Matratzen auf ihren Zweirädern transportieren, sind in Vietnam keine Seltenheit.

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Kühe auf der Fahrbahn? Einfach ausweichen!

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Auf den Straßen in Vietnam herrscht Chaos. Regeln gibt es keine.

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Kinder spielen auf den Gleisen.

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Der Zug am Bahnhof von Pyin U Lwin

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Fahrt über das Viadukt