Interview

Drei Fragen zu YouNow: "Die Rückmeldung anderer ist wichtig"


Verena Weigand. (Foto: privat)

Verena Weigand. (Foto: privat)

Immer mehr deutsche Jugendliche melden sich bei YouNow an. Seit Ende 2014 ist die Nutzerzahl hierzulande stark gestiegen. In den USA gibt es die Plattform seit 2011. Laut dem Anbieter liegt das Durchschnittsalter der Nutzer in Deutschland zwischen 14 und 25 Jahren. Warum der Internetdienst unter jungen Menschen so beliebt ist, erklärt Verena Weigand im Interview mit Freistunde. Sie ist Bereichsleiterin Medienkompetenz und Jugendschutz bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien.

Freistunde: Frau Weigand, die Internetplattform YouNow ist unter jungen Menschen in Deutschland mittlerweile sehr beliebt. Jugendschützer schlagen Alarm. Kann man sich bei der Seite überhaupt gefahrlos anmelden?

Verena Weigand: Gefahrlos anmelden kann man sich natürlich schon.Aber ab dem Moment, in dem ein junger Mensch den Internetdienst auch nutzt und live ins Internet streamt, treten eine Reihe von Risiken auf - aus verschiedenen Perspektiven. Bei einer Live-Übertragung ist ja nie sicher, was gezeigt wird. Das ist ein Risiko, dass neben dem Nutzer auch der Zuschauer eingeht. Es gibt zum Beispiel auch viele Jugendliche, die da nur reinschauen und gar nicht selbst streamen. Es kann durchaus vorkommen, dass da auch mal problematische Inhalte gezeigt werden. Und dann ist natürlich ein Risiko, dass der, der sich zeigt, zu viel von sich preisgibt. Er kann auch gegen bestimmte Rechte verstoßen, wenn er bei seiner Übertragung Musik anmacht oder wenn andere Personen zu sehen sind, die der Jugendliche vorher nicht um Erlaubnis gefragt hat.

Warum kommt der Internetdienst bei Jugendlichen so gut an?

Das geht auf den Selbstdarstellungswunsch zurück. Der ist im Jugendalter sehr stark ausgeprägt. Denn das ist das Alter, in dem Jugendliche anfangen, sich von der Familie zu lösen. Die Identität bildet sich und das Selbstbild entsteht. Für sie ist die Rückmeldung Anderer wahnsinnig wichtig. Junge Menschen wollen sich so kleiden wie andere und orientieren sich an Gleichaltrigen. Daraus bastelt man sich sein Selbstbild. YouNow dient da als Plattform, auf der man ständig Rückmeldung von anderen bekommen kann. Viele bedenken aber nicht, welchen Äußerungen sie sich dort teilweise aussetzen. Reale Freunde antworten meistens möglichst taktvoll, wenn ein Jugendlicher zum Beispiel wissen will, wie sie das T-Shirt finden, das er gerade trägt. Im anonymen Raum kann es da schnell zu Beleidigungen und groben Kommentaren kommen. Und Jugendliche können vorher oft nicht so abschätzen, wie verletzt sie sich dann doch fühlen. Aber es gibt ja auch das Phänomen, dass Internetseiten bei Jugendlichen unbeliebt werden, sobald auch Eltern und Erwachsene den Internetdienst für sich entdecken. Das ist bei YouNow allerdings momentan noch nicht der Fall. Und die neue Plattform ist sehr einfach.

Können Jugendliche durch YouNow berühmt werden?

Von berühmt würde ich in diesem Fall nicht reden. Sie können vielleicht bekannt werden. Denn der Internetdienst ist so angelegt, dass andere Nutzer einen abonnieren und Fan werden können. Außerdem gibt es Top-Listen, in denen die beliebtesten Streamer eingeblendet werden. So werden noch mehr Menschen aufmerksam und stoßen zur Fangemeinde dazu. Vergrößert sich diese immer mehr, wird man bekannt. Das ist ähnlich wie bei Youtube. Aber: Das kann auch zum Scheitern führen. Es kann schnell passieren, dass ein junger Mensch gedisst statt geliked wird. Das kann keiner vorhersagen und es ist nicht immer nachzuvollziehen, warum es dazu kommt.