Neue Erkenntnisse

Sünchinger Unfallfahrer: Was die Polizei weiß – und was nicht

Wer lenkte das Auto, das am 4. September bei Sünching einen 24-jährigen Burschen erfasste und tödlich verletzte? Diese Frage ist nach wie vor offen. Die Polizei ermittelt in viele Richtungen und geht neuen Spuren nach.


Blumen und Kerzen an der Staatsstraße 2146 zwischen Sünching und Riekofen. Hier hat am 4. September ein Bursche sein Leben verloren.

Blumen und Kerzen an der Staatsstraße 2146 zwischen Sünching und Riekofen. Hier hat am 4. September ein Bursche sein Leben verloren.

Von Simon Stadler und Redaktion idowa

Weiße Rosen und rote Rosen, zwei Kerzen, auf einem der Trauerlichter die Aufschrift "Ruhe in Frieden". Hier ist es passiert, zwischen Maisfeldern, nicht weit von der Südstärke-Fabrik, kurz vor der Abzweigung zur Einöde Hartham. Eine unscheinbare Stelle auf der Staatsstraße 2146 zwischen Sünching und Riekofen. Autos rauschen vorbei an den Kerzen, manchmal Bulldogs, die Kartoffeln transportieren.

Mehr als eine Woche ist es jetzt her, dass hier ein Leben zu Ende ging. Ein bislang unbekannter Autofahrer erfasste in der Nacht vom 3. auf den 4. September, ungefähr um 1 Uhr, einen Burschen. Mit voller Wucht. Er starb noch an der Unfallstelle, mit 24 Jahren, das ganze Leben vor sich.

Die drängendste Frage: Wer ist gefahren?

Gemeinsam mit Freunden war er auf dem Sünchinger Markt gewesen, der an diesem Abend ausklang. Die Gruppe hatte sich aus den Augen verloren, der Bursche aus dem Kreis Straubing-Bogen ging auf der Straße Richtung Riekofen. Bis zu jener Stelle, wo jetzt Blumen liegen. Nach diesem Unglück stellen sich Fragen, die nach jedem Unfall auftauchen: Wie konnte das passieren? Wie war der genaue Hergang? Es stellt sich aber noch eine weitere, eine drängende Frage, die allen Beteiligten keine Ruhe lässt: Wer? Wer ist gefahren? Der Fahrer oder die Fahrerin des Autos ist geflohen und hat sich nie gemeldet. Die Identität: offen. Bis heute.

Die Polizei ermittelt "auf Hochtouren", sammelt Hinweise und geht Spuren nach. Was wissen die Ermittler und was wissen sie nicht? Polizeioberkommissarin Anna Beyer, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Oberpfalz, gewährt auf Anfrage unserer Redaktion Einblicke.

In einer Siedlung in Riekofen wurde ein Auto gefilmt.

In einer Siedlung in Riekofen wurde ein Auto gefilmt.

Der Polizei hat ein Video aus einer Siedlung in Riekofen. Was hat es damit auf sich?

Wie das Präsidium mitteilt, liegt den Ermittlern eine Videoaufzeichnung vor, die in der Straße Am Kreisgraben in Riekofen entstanden ist. Diese Wohnstraße ist im Osten des Ortes Riekofen zu finden, sie verläuft parallel zur Hauptstraße. Auf dem Video ist laut Polizei ein Auto zu erkennen, das auf der Straße Am Kreisgraben - von der Staatsstraße 2146 kommend - in die Richtung des Denglinger Wegs fährt. Was die Ermittler daran so interessant finden: Das Video entstand "im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu dem Unfallgeschehen", wurde also genau in der entscheidenden Zeitspanne gegen 1.15 Uhr aufgenommen. Die Polizei sucht jetzt den Fahrer dieses Autos.

Hat das gefilmte Auto etwas mit dem Unfall zu tun?

Dazu äußert sich Anna Beyer wie folgt: "Wir haben derzeit keinerlei Hinweis darauf, dass dieses Fahrzeug in Verbindung zum Unfallgeschehen stehen könnte. Ausschließen können wir es nicht, wir suchen den Autofahrer aber derzeit als Zeugen. Wir hoffen, dass er sich bei uns meldet." Die Annahme der Polizei: Der Mann - oder die Frau - war genau zur selben Zeit in genau derselben Gegend unterwegs und könnte etwas mitbekommen haben. "Wir möchten abstecken und abklären, ob der Fahrer etwas wahrgenommen hat."

Das bislang unbekannte Auto - womöglich ein SUV - fuhr in Richtung Riekofen.

Das bislang unbekannte Auto - womöglich ein SUV - fuhr in Richtung Riekofen.

Was ist mit dem Fahrzeug, das Zeugen gehört haben?

Die Videoaufzeichnung ist nicht der einzige Ansatzpunkt der Ermittler: "Zur selben Zeit hat nach Zeugenangaben ein Fahrzeug mit erhöhter Geschwindigkeit die Siedlung durchquert", teilt das Präsidium mit. Die große Frage ist jetzt natürlich diese hier: Haben die Zeugen das Auto gehört, das auch auf dem Video zu sehen ist, oder ein anderes? Womöglich den Wagen, der kurz zuvor den Burschen erfasst hatte? Beyer dazu: "Es könnte theoretisch beides zutreffen." Da die Zeugen nur das Geräusch eines schnell fahrenden Autos vernommen haben, bedürfe es einer weiteren Abklärung.

Wer genau kann der Polizei nun helfen?

"Waren Sie am Mittwoch, 4. September, gegen 1.15 Uhr mit einem Auto im Bereich der Straße Kapellenweg/Am Kreisgraben/Denglinger Weg in Riekofen unterwegs oder haben Sie dort ein Fahrzeug wahrgenommen? Dann melden Sie sich", appelliert das Präsidium. Entscheidende Hinweise zum gefilmten Fahrzeug sind bislang offenkundig noch nicht eingegangen.

Was ergaben die Obduktion und das unfallanalytische Gutachten?

Am Freitag hat die Staatsanwaltschaft Regensburg das Unfallopfer obduzieren lassen. Mit dabei waren Spezialisten der Verkehrspolizei und der Kriminalpolizei. Überdies hat die Staatsanwaltschaft ein unfallanalytisches Gutachten in Auftrag gegeben: Ein abschließender Bericht liege zwar noch nicht vor, wohl aber eine erste Einschätzung, sagt Pressesprecherin Anna Beyer. Wie sie darlegt, lassen sich aus der gerichtsmedizinischen Untersuchung und dem Gutachten genauere Aussagen zum exakten Schadensbild ableiten, das am Auto aufgetreten ist. Denn am Unfallauto müssen ja Schäden zu sehen sein, die Nachbarn, Angehörigen, Passanten oder Bekannten aufgefallen sein könnten.

Zum genauen Schadensbild äußert sich das Präsidium so: "Das Fahrzeug weist aller Wahrscheinlichkeit nach deutliche Beschädigungen im Bereich des rechten Kotflügels, des Stoßfängers, der Motorhaube und der rechten A-Säule und der Windschutzscheibe auf. Möglicherweise wurden auch die Beifahrertür und der rechte Außenspiegel beschädigt." Ansonsten lässt sich laut Polizei Folgendes festhalten: Am Auto müssten nach der verhängnisvollen Unfallnacht "Gewebe- und Blutanhaftungen" zu sehen gewesen sein. Diese Anhaftungen könnte der Fahrer in der Zwischenzeit aber natürlich abgewischt haben.

War es ein Geländewagen?

In der ersten Mitteilung hieß es: "Zum Unfallfahrzeug ist bisher bekannt, dass es sich um einen Pkw, möglicherweise um einen Geländewagen oder SUV, handeln könnte." Beyer sagt dazu: "Die Spurenlage am Unfallort hat dafür gesprochen." In einer Mitteilung des Polizeipräsidiums vom Dienstag heißt es: "Die Spurenlage weist darauf hin, dass es sich bei dem Unfallfahrzeug um einen Pkw gehandelt hat. Weitere Erkenntnisse zur Bauart oder zum Fabrikat sollen die noch laufenden Spurenauswertungen ergeben."

Wie gingen die Ermittler bislang vor?

Nach dem Unfall haben die Polizisten unter anderem Werkstätten in der Nähe besucht und die Videoaufzeichnungen der nahe gelegenen Tankstellen gesichtet. Außerdem sind sie Hinweisen nachgegangen, die aus der Bevölkerung kamen.

Wie viele Hinweise sind bisher eingegangen?

Beyer spricht von einer "zweistelligen Zahl". Es seien mindestens 50 Hinweise zusammengekommen, eher mehr.

Was ergaben diese Hinweise?

Die Polizei gehe jedem Hinweis nach, "das wird nach und nach abgearbeitet", sagt Beyer. In einem Fall vollstreckten die Ermittler nach einem Zeugenhinweis sogar einen Durchsuchungsbeschluss, der aber letztlich doch nicht zum Verdächtigen führte. Die Hinweise würden sorgfältig abgeklärt und genauestens geprüft, unterstreicht die Sprecherin. Es sei aber nicht so, dass die Polizei aktuell noch einen ganz neuartigen Hinweis auf dem Tisch liegen hätte, von dem sie sich besonders viel verspreche.

Wird sich der Fahrer doch noch melden?

Eine Einschätzung dazu sei nicht möglich, stellt Beyer klar: "Ich kann nur sagen, dass wir alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen und das Beste hoffen." Im ersten Moment könne der Fahrer nach dem Unfall womöglich unter Schock gestanden haben, sagt Beyer. Die Polizei hoffe, dass er sich doch noch meldet. Aber auch auf Hinweise aller Art, um Klarheit zu bekommen.

Wer führt die Ermittlungen?

Die Polizeiinspektion Wörth hat eine Ermittlungsgruppe ins Leben gerufen. Diese Gruppe sucht nun nach dem Unfallauto beziehungsweise dem Fahrzeug, das sich in der Nähe der Unfallstelle aufgehalten hat. Wie Anna Beyer darlegt, handelt es sich um eine "besondere Aufbauorganisation", wie das im Polizeijargon heißt. Übersetzt: Es ist eine zeitlich begrenzte Organisationsform mit verschiedenen Abschnitten und Teilbereichen. Die Polizeiinspektion Wörth leitet zwar die Ermittlungen, sie ermittelt aber nicht alleine. Viele andere Abteilungen und Spezialisten der Polizei sind mit involviert. Es gebe sehr viel Austausch, sehr viel Abstimmung, veranschaulicht Beyer: "Viele Beamten bringen ihre Kompetenzen ein und kooperieren." Mit im Boot sitzen zum Beispiel Unfallfluchtfahnder der Verkehrspolizeiinspektion Regensburg oder Spurensicherer der Kriminalpolizeiinspektion Regensburg. Die Pressearbeit übernimmt das Polizeipräsidium

Was tun, wenn man etwas mitbekommen hat?

Wer etwas zum Unfall zwischen Sünching und Riekofen oder zur Identität des flüchtigen Fahrers sagen kann, wird gebeten, sich unter der Rufnummer 09482/94110 bei der Polizeiinspektion in Wörth zu melden. Zusätzlich zu den Zeugenaufrufen der Polizei hat jetzt eine private Partei 5.000 Euro Belohnung für Hinweise ausgelobt, die zur Ermittlung des Unfallverursachers führen. Die auslobende Partei will anonym bleiben, bestätigte aber auf Nachfrage unserer Redaktion diese Information.