A94 bei Waldkraiburg

Nach tödlichem Schleuser-Unfall: mutmaßlicher Fahrer in U-Haft

Beim Versuch, sich einer Polizeikontrolle zu entziehen, kommt ein völlig überfülltes mutmaßliches Schleuserfahrzeug am frühen Morgen von der Straße ab und überschlägt sich. Sieben Menschen sind jetzt tot, darunter auch ein sechsjähriges Kind.


Bei dem Unfall in der Nacht zum Freitag im Landkreis Mühldorf am Inn sind mehrere Menschen ums Leben gekommen.

Bei dem Unfall in der Nacht zum Freitag im Landkreis Mühldorf am Inn sind mehrere Menschen ums Leben gekommen.

Von dpa

Nach dem Schleuser-Unfall mit sieben Toten auf der bayerischen Autobahn 94 ist der mutmaßliche Fahrer in Untersuchungshaft gekommen. Dem 24-Jährigen werden unter anderem siebenfacher Mord, fünfzehnfacher versuchter Mord und das Einschleusen von Ausländern mit Todesfolge vorgeworfen, wie die Polizei am Samstagabend mitteilte.

Der staatenlose Mann mit Wohnsitz in Österreich soll am Freitagmorgen mit 23 Menschen in einem Kleintransporter unterwegs gewesen sein, wie es weiter hieß. Vor einer versuchten Kontrolle der Bundespolizei sei er mit 180 Stundenkilometern geflohen. An der Autobahnabfahrt Ampfing/Waldkraiburg (Landkreis Mühldorf) verunglückte der für höchstens neun Menschen ausgelegte Wagen.

Alle Insassen wurden verletzt. Sieben von ihnen starben, darunter auch ein sechs Jahre altes Kind. Auch der 24-Jährige wurde verletzt. Die Passagiere stammten aus Syrien und der Türkei.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Traunstein wurde der mutmaßliche Schleuser noch am Samstag einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Dieser erließ den Angaben nach den Haftbefehl. "Wir gehen gegen die Schleuser und ihre Hintermänner weiterhin sehr hart vor. Wir wollen so Menschenleben schützen und Straftätern das Handwerk legen", betonte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Wolfgang Beckstein. Es gehe bei dem Ermittlungen in diesem Fall auch darum, die Hintergründe aufzuklären und die Hintermänner zu identifizieren und festzunehmen.

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Bei dem Unfall in der Nacht zum Freitag im Landkreis Mühldorf am Inn sind mehrere Menschen ums Leben gekommen.

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Bei dem Unfall in der Nacht zum Freitag im Landkreis Mühldorf am Inn sind mehrere Menschen ums Leben gekommen.

Die A94 gilt als typische Schleuserroute. Der Unfallort ist rund 50 Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt. Seit Monaten steigt nach Informationen von Bundespolizei und bayerischer Grenzpolizei die Zahl der registrierten unerlaubten Einreisen. Die bayerische Grenzpolizei stellte von Januar bis August 154 Schleuserfälle fest - das sind über 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Erst vor wenigen Tagen war ein mutmaßlicher Schleuser bei Burghausen mit vier Menschen im Auto vor der Bundespolizei geflohen und hatte dabei einen Unfall verursacht. Es gab zwei Schwerverletzte.

Seit März stellt die Polizei auch verstärkt sogenannte Großschleusungen mit Gruppen von mehr als zehn Personen fest, wie das bayerische Innenministerium kürzlich mitteilte. "Die Migranten werden dabei hauptsächlich in Lkw und Kleintransportern nach Bayern eingeschleust." Alleine im August registrierten Bundespolizei und Polizei 66 Großschleusungen, in einer Woche im September waren es 28 Fälle.

Der Fall dürfte die seit Wochen schwelende Debatte um illegale Einwanderungen und die deutsche Migrationspolitik weiter befeuern. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte am Freitag seine Forderung nach stärkeren Grenzkontrollen. "Jedenfalls zeigt auch dieser Vorfall, wie wichtig es ist, die unmittelbaren Grenzkontrollen weiter zu verstärken, um Schleuser bereits an der Grenze aufzuhalten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München.

"Der schreckliche Verkehrsunfall mit sieben Toten, darunter ein Kleinkind, und insgesamt 16 zum Teil Schwerverletzten ist eine schlimme Tragödie", sagte Herrmann. "Mit meinen Gedanken bin ich bei den vielen Opfern des Verkehrsunfalls und bei den Hinterbliebenen. Das menschenverachtende Verhalten des durch den Unfall verletzten Schleusers, der sich der Anhaltung durch die Bundespolizei entziehen wollte, nur um seine eigene Haut zu retten, macht fassungslos."

Innenminister fordert nach Unfall stärkere Grenzkontrollen

Die bayerische Polizei führe "die Ermittlungen zum Unfallhergang mit Hochdruck und unterstützt auch die Bundespolizei bei den Ermittlungen zur zugrundeliegenden Schleusung und zu den Hintermännern", betonte Herrmann.

Die bayerische Linke sieht dagegen "Hetzjagden auf Geflüchtete". "Ich bin erschrocken, dass die rechte Stimmung in der Gesellschaft nun auch auf Polizistinnen und Polizisten im Dienst übergreift", sagte Landessprecherin Adelheid Rupp. "Verdächtige Fahrzeuge mit solchem Übereifer zu verfolgen, dass unschuldige Menschen sterben, ist unserer Polizei absolut unwürdig."

Sie forderte Innenminister Herrmann auf, "das Gespräch mit dem Bundesinnenministerium zu suchen und zu klären, dass in Bayern so nicht verfahren wird", sagte sie der dpa. Menschenleben dürften nicht riskiert werden.

Eine Kritik, die Herrmann umgehend und scharf zurückwies: "Es gab keine Hetzjagd auf Geflüchtete", sagte er. "Das verfolgende Bundespolizeifahrzeug hatte nach jetzigem Ermittlungsstand einen ausreichenden Abstand zum Schleuserfahrzeug. Es gab schon viel zu viele Fälle, bei denen die Geschleusten aufgrund der prekären Zustände in den Fahrzeugen zu Schaden oder gar ums Leben gekommen sind. Es ging darum, einen skrupellosen Schleuser festzunehmen und die eingepferchten Geschleusten zu befreien."