Emotionale Debatte

Verband: Wolfsabschüsse in Bayern auf Jahre nicht möglich


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In Bayern gibt es landesweit noch immer nur wenige Wölfe. Dennoch sorgt der Umgang mit den Tieren seit Jahren für viele hoch emotionale Debatten. (Symbolbild)

Von dpa

Bayerns Wölfe müssen trotz der in Brüssel von Vertretern der EU-Staaten auf den Weg gebrachten Absenkung des Schutzstatus Wolfsschutzes keine unmittelbaren Konsequenzen fürchten. Die Bejagung der hiesigen Wölfe sei auch mit der sich abzeichnenden Änderung der sogenannten Berner Konvention auf absehbare Zeit nicht möglich, teilte der Bund Naturschutz (BN) in München mit.

Vertreter der EU-Staaten hatten zuvor mit der Stimme Deutschlands eine Abschwächung des Schutzes von Wölfen auf den Weg gebracht und damit auch in Bayern ein weiteres Kapitel in der seit Jahren laufenden emotionalen Debatte über den Umgang mit den Wildtieren eröffnet. Während etwa Umweltschützer den Schutz der einst ausgestorbenen Wölfe weiter hochhalten, fährt die Staatsregierung und mit ihr eine Vielzahl von Landwirten einen völlig gegensätzlichen Kurs. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) umschrieb die Position plakativ mit der Schlagzeile: "Der Wolf gehört nicht nach Bayern."

Die Bundesregierung änderte mit ihrer Zustimmung in Brüssel ihren Kurs in der Wolfspolitik. Mit der Entscheidung ist ein schwächerer Schutzstatus aber noch nicht bindend im EU-Recht verankert. Vorgesehen ist, dass der Schutzstatus des Wolfs von streng geschützt auf geschützt gesenkt werden soll. Bis zu der finalen Umsetzung ist es noch ein weiter Weg.

"Der Wolf wird bei uns in den nächsten Jahren weiterhin nicht ohne weiteres bejagt werden dürfen. Auch wenn das eine Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) oder ein Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gerne hätten. Auch wolfsfreie Zonen sind trotz der Herabstufung rechtlich nicht möglich", sagte BN-Landeschef Richard Mergner.

Verglichen mit anderen Bundesländern oder gar anderen Ländern ist die Wolfspopulation in Bayern nicht hoch. Aktuell gibt nur in rund zehn Regionen standorttreue Wölfe. Insbesondere aus der Rhön gibt es regelmäßig Informationen zu Sichtungen und auch zu Rissen. Zum Vergleich: Laut Bundesumweltministerium wurden 2022/2023 knapp 1.400 Wölfe in Deutschland nachgewiesen. Das Europäische Umweltbüro (EEB) - ein Dachverband von Umweltorganisationen - schätzt, dass es in Europa gar rund 20.000 Tiere gibt.

Das bayerische Agrarministerium zeigte sich erfreut über die deutsche Zustimmung - kam aber nicht umhin, das Lob zugleich wieder mit einer massiven Kritik an der Bundesregierung zu verbinden: "Es war ein Fehler, die Sorgen und Ängste der Menschen so lange nicht zu erkennen und nicht anzuerkennen. Aber wir sind erleichtert, wenn nun etwas vorwärtsgeht, denn die Gefahr wird von Jahr zu Jahr größer", sagte Kaniber. Seit Jahren weise Bayern auf die Gefahren für die Weidewirtschaft durch den Wolf hin.

Jetzt müsse - so Kaniber weiter - der Antrag bei der Berner Konvention schnellstmöglich gestellt werden, damit man sich dort noch im Dezember mit der Schutzstatusabsenkung beschäftigen könne, sagte sie. Jagdminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) forderte eine zeitnahe Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht.

Auch Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) bewertete die Brüsseler Weichenstellung als "deutliches Signal für die Weidetierhaltung. Endlich bewegen sich Bund und EU beim Wolf." Die Absenkung des Schutzstatus sei überfällig. "Wir wollen die Weidetierhaltung überall und auf Dauer ermöglichen. Denn die Weidetierhaltung ist eine der Grundlagen für die Artenvielfalt in Bayern. Dazu brauchen wir klare Regelungen."

Aus der Sicht von BN-Wolfsexperte Uwe Friedel ist das aber ein Trugschluss: "Die Staatsregierung sollte den Weidetierhaltern jetzt keine falschen Hoffnungen machen - nach wie vor ist Herdenschutz das einzige Mittel, um die Weidetiere vor Wolfsübergriffen präventiv zu schützen! Bejagung ohne Herdenschutz führt zu hohen Risszahlen, wie Beispiele aus anderen Ländern wie beispielsweise Norwegen zeigen."

Auch der Landesbund für Vogel- und Naturschutz teilt nicht die Ansicht der Regierenden in Bayern. "Der Wolf ist da und bleibt - dieser Fakt kann nicht wegdiskutiert werden", sagte Verbandschef Norbert Schäffer. Erleichterte Abschüsse würden nicht automatisch eine Koexistenz ermöglichen - hierfür brauche es Herdenschutzmaßnahmen.

Über den Schutz von Wölfen wird auch in Bayern seit Jahren in einer hochemotionalen Debatte gestritten. Die Staatsregierung will ein Wolfsmanagement erreichen, welches Abschüsse auch als vorbeugende Maßnahme vorsieht. Ansonsten fürchtet sie Nachteile für die Landwirtschaft - entweder durch Risse von Nutztieren oder durch Mehrkosten für Schutzmaßnahmen. Bisher ist die Entnahme von Wölfen, wie der Abschuss auch genannt wird, nur unter sehr strengen Bedingungen möglich.

Bayern hatte ungeachtet des bisher strengen Schutzstatus von Wölfen zwischenzeitlich eine eigene Wolfsverordnung erlassen. Die Regelung wurde aber wegen formaler Mängel vom Verwaltungsgericht einkassiert, ohne je angewendet worden zu sein. Sie war nur zwischen Mai 2023 und Mitte Juli 2024 in Kraft. Die Staatsregierung kündigte nach der Pleite vor Gericht aber schon an, die Regel nach einem erneuten Gesetzgebungsverfahren unverändert wieder einsetzen zu wollen. Im Gegenzug drohte der BN erneut mit einer Klage.

Das Regelwerk sah unter anderem vor, dass Wölfe abgeschossen werden dürfen, wenn sie die Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit gefährden. Möglich wäre der Abschuss laut Verordnung auch "zur Abwendung ernster landwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden".


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