Ausbildungsjahr 2024

Trotz Traumsituation zu wenige: 12.818 neue Azubis in Ostbayern


Ostbayerns Schulabgänger setzen mehr und mehr auf "grüne" Handwerksberufe wie zum Beispiel Land- und Baumaschinenmechatroniker.

Ostbayerns Schulabgänger setzen mehr und mehr auf "grüne" Handwerksberufe wie zum Beispiel Land- und Baumaschinenmechatroniker.

Der bundesweite Trend hin zu zahlreichen unbesetzten Lehrstellen ist auch in den Regierungsbezirken Niederbayern und Oberpfalz auszumachen. Bei Pressekonferenzen am Donnerstag stellten die Handwerkskammer (HWK) Niederbayern/Oberpfalz und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Regensburg für Oberpfalz/Kelheim und die IHK Niederbayern die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt vor, der traditionell am 1. September in die neue Periode startet.

Demnach sei gegenüber dem Vorjahr mit rund 4.850 abgeschlossenen Ausbildungsverträgen bei der HWK und 3.949 bei der IHK Regensburg eine leichte Steigerung zum Vorjahr festzustellen. Bei der IHK Niederbayern geht die Zahl der Azubis mit 4.019 leicht zurück. Insgesamt suchten die Betriebe "händeringend" nach Azubis.

50 Prozent der Betriebe suchen dringend Azubis

Für die HWK sprach der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer Hans Schmidt, die Zahlen der IHK Regensburg stellte der Bereichsleiter Berufsbildung, Ralf Kohl, vor. "Von unseren rund 42.000 Mitgliedsbetrieben haben wir bei etwa 2.500 aus 130 Branchen die wirtschaftliche Lage abgefragt", berichtete Schmidt. Demnach sei keine Erholung der Situation erkennbar, man trete quasi "auf der Stelle". Zwar sei gerade das Handwerk gut durch die Corona-Krise gekommen, Wachstumsimpulse von der politischen Seite, etwa durch Abbau von Bürokratie, fehlten aber. Trotz stabiler Mitarbeiterzahlen rechneten die meisten der befragten Betriebe im nächsten Quartal mit rückläufigen Umsätzen, fügte er hinzu.

"Das Hauptproblem ist der Fachkräftemangel", machte Schmidt deutlich. Fast 50 Prozent der Betriebe seien davon betroffen, alle suchten, speziell auch nach Auszubildenden, denn: "Es ist viel Arbeit da!", fasste er zusammen. Dem stimmt auch Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern, Alexander Schreiner, zu: "Die Unternehmen können und wollen noch viel mehr ausbilden. Doch die Bewerberlücke wächst." Er ordnet die Zahlen für seinen Regierungsbezirk wie folgt ein: "Großen Einfluss auf den Ausbildungsmarkt hat die demografische Entwicklung. Sinkende Schulabgängerzahlen bedeuten weniger mögliche Bewerber für die Ausbildungsstellen in Niederbayern. Angesichts dessen sind die einigermaßen stabilen Zahlen heuer eine vergleichsweise gute Nachricht." Auch wenn bis Jahresende sicherlich noch mehr neu abgeschlossene Ausbildungsverträge hinzukommen, könne der Bedarf der Betriebe dennoch nicht gedeckt werden.

Laut Schmidt von der HWK gebe es zurzeit im ostbayerischen Handwerk 684 offene Stellen im Ausbildungsbereich, wobei junge Leute speziell in der Oberpfalz bei 2,6 offenen Stellen pro Auszubildendem eine "Traumsituation" vorfänden: "Jeder Auszubildende kann sich seinen idealen Ausbildungsplatz sichern", so Schmidt. Im Vergleich zum Zeitraum von vor sechs, sieben Jahren habe sich dieses Verhältnis gedreht: "Damals hatten wir pro Azubistelle einen Schuhkarton voller Bewerbungen", sagte er.

Dass es dennoch mehr Bewerber als im Vorjahr gibt, sei unter anderem einem Mentalitätswechsel in der Gesellschaft geschuldet, weil das Handwerk mehr und mehr als Umsetzer der Energiewende, als lukrativer Wirtschaftszweig und als krisensicherer Arbeitsplatz wahrgenommen werde.

Technische Berufe weniger beliebt bei den Azubis

Ralf Kohl von der Industrie- und Handelskammer berichtet von einer ähnlichen konjunkturellen Lage seiner Mitgliedsbetriebe. "Laut unserer Umfrage äußern sich die meisten Betriebe verhalten bis vorsichtig, wobei eine deutliche Erholung nach der Corona-Krise zu erkennen ist", sagte er. Aktuell verzeichne man 3.949 neue Azubi-Verträge, wobei diese Zahl bis Jahresende erfahrungsgemäß noch einmal um bis zu 20 Prozent zulegen könnte. Vor allem kaufmännische Berufe hätten in der Gunst der Azubis zugelegt (plus 2,15 Prozent) wobei die Beliebtheit technischer Berufe leicht, um 1,01 Prozent, abgenommen habe. Dies bewege sich allerdings im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite, so Kohl.

Alexander Schreiner beschreibt bei 2.332 aktive Ausbildungsbetrieben und insgesamt knapp 11.000 Ausbildungsverhältnissen in Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus im IHK-Bezirk Niederbayern den Trend so: Der Handel (+1,3 Prozent) und vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe (+11,8 Prozent) kann im neuen Ausbildungsjahr Gewinne verzeichnen. Wo hingegen in den technischen Berufen, die vor allem in der Industrie zu finden sind, der Rückgang mit - 2,2 Prozent etwas stärker ausfällt. Lediglich die Elektrobranche konnte hier zulegen.