Kommt ein Urteil?
Entscheidung im Münchner Wirecard-Schadenersatzprozess erwartet
5. September 2024, 3:30 Uhr
Im Schadenersatzprozess des Wirecard-Insolvenzverwalters gegen den früheren Vorstandschef Markus Braun, weitere Ex-Vorstände und einen ehemaligen Aufsichtsrat will das Landgericht München am Donnerstag eine Entscheidung verkünden. Der Insolvenzverwalter Michael Jaffé fordert von ihnen 140 Millionen Euro Schadenersatz für ein verlorenes Darlehen, das der Wirecard-Vorstand gewährt und der Aufsichtsrat abgesegnet hatte.
Sogar die hauseigene Wirecard-Bank habe wegen fehlender Sicherheiten gravierende Bedenken gegen das Darlehen an das Partnerunternehmen OCAP geäußert, hatte der Insolvenzverwalter in der mündlichen Verhandlung gesagt. Der Vorsitzende Richter Helmut Krenek hatte von erkennbaren "Warnzeichen" gesprochen. Von besonderer Bedeutung könnten dabei Zahlungsrückstände aus einem früheren Darlehen sein. Die Anwälte der Wirecard-Manager hingegen argumentierten, dass nach damaligem Sachstand OCAP eine seriöse Firma gewesen sei und von Wirtschaftsprüfern keine Einwände gekommen seien.
Manager haften mit Privatvermögen
Selbst bei einer Verurteilung zu Schadenersatz wäre ungewiss, wie viel Geld der Insolvenzverwalter für die Gläubiger letztlich bekommen würde. Die Manager haften mit ihrem Privatvermögen. Wirecard hatte für die Vorstände und Aufsichtsräte auch eine Manager-Haftpflicht abgeschlossen, die die geforderte Summe decken könnte. Aber bei Straftaten von Managern zahlen Manager-Haftpflichtversicherungen nicht.
Braun steht mit zwei anderen Managern wegen Betrugsverdacht vor Gericht, der ehemalige Vertriebsvorstand Jan Marsalek ist untergetaucht. Dem ehemaligen stellvertretenden Aufsichtsratschef Stefan Klestil hingegen werden keine Straftaten vorgeworfen - bei seiner Versicherung könnte für Jaffé im Falle eines entsprechenden Urteils also etwas zu holen sein.
Jaffé wirft Klestil vor, seine Aufsichtspflichten verletzt zu haben. Der bestreitet das. Die Kammer wies darauf hin, dass der Aufsichtsrat nicht reagierte, als der Vorstand trotz Anordnung nicht quartalsweise über vergebene Darlehen berichtete. Nach vorläufiger Rechtsauffassung der Kammer hätte dies ebenso wie die Sonderprüfung durch KPMG Anlass zu einer verstärkten Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat sein können. Organmitglieder einer Aktiengesellschaft haften schon für Schäden durch leichte Fahrlässigkeit; anders als im Strafrecht ist kein Vorsatz nötig.
Bei dem Verkündungstermin kann ein Urteil ergehen, aber auch ein Beweisbeschluss oder ein Beschluss über das weitere Vorgehen.