Energie
Wärmepumpen-Boom hält an
3. März 2023, 9:06 Uhr aktualisiert am 3. März 2023, 16:07 Uhr
Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen höheren Energiekosten haben die Nachfrage nach Wärmepumpen als Alternative zu Öl- oder Gasheizungen kräftig angekurbelt.
In den ersten drei Quartalen 2022 wurden in Deutschland knapp 243.200 Wärmepumpen hergestellt, fast die Hälfte mehr als im Vorjahreszeitraum, teilte das Statistische Bundesamt mit. Im Vergleich zu 2017 hat sich die Zahl der hergestellten Wärmepumpen mehr als verdoppelt.
Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) rechnet für dieses Jahr bereits mit 350.000 neuen Wärmepumpen in Deutschland. In diesem Tempo muss es weitergehen, denn die Bundesregierung will ab 2024 jährlich eine halbe Million neuer Anlagen verbaut sehen. Neue Öl- und Gasheizungen sollen ab dann nicht mehr eingebaut werden dürfen - auch wenn das innerhalb der Regierung umstritten ist. Insbesondere die FDP will ein Verbot für neue Gas- und Ölheizungen verhindern. Sie fürchtet weiter steigende Bau- und Mietkosten.
Bis 2030 soll sich der Bestand von derzeit rund 1,4 Millionen auf 6 Millionen Wärmepumpen erhöhen. Die Branche und viele Fachleute halten dieses Ziel für realistisch. Doch dafür müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Wärmepumpen ziehen Wärme aus der Umgebung, also der Luft oder dem Erdreich, und heizen damit die Gebäude. Wird bei dem energieintensiven Prozess nachhaltig erzeugter Strom verwendet, entfallen Umweltbelastungen durch CO2-Emissionen. Damit spielen die Anlagen eine wichtige Rolle bei den Zielen der Bundesregierung mit Blick auf die Klimaneutralität im Gebäudesektor. Möglichst ab dem kommenden Jahr soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
2021 wurden Wärmepumpen bereits in gut der Hälfte aller neuen Wohngebäude als primäre Heizenergiequelle eingesetzt. 2016 lag der Anteil bei knapp einem Drittel. Gleichwohl ist der Neubau mit Blick auf die Nachfrage seit Jahren nicht mehr der treibende Faktor.
So wurden im vergangenen Jahr rund 60.000 Wärmepumpen in Neubauten eingebaut. Bei Sanierungen im Bestand waren es 176.000 Anlagen, wie aus einer Branchenuntersuchung des BWP hervorgeht. Demnach verfünffachte sich die Zahl der neu eingebauten Wärmepumpen in Bestandsbauten zwischen 2019 und 2022 fast, während sie bei Neubauten nahezu stagnierte.
Damit die Nachfrage hoch bleibt, braucht es aus Sicht des BWP vor allem einen möglichst niedrigen Strompreis. Wärmepumpen sind in der Regel deutlich teurer als Gas- oder Ölheizkessel. "Einsparungen in den Heizkosten sind für Gebäudeeigentümer wichtig, um die Mehrkosten bei der Anlagenanschaffung und -installation zu kompensieren", heißt es deshalb in der Studie.
Das Handwerk, das die Pumpen einbaut, ist zuversichtlich - sowohl was die personellen Kapazitäten angeht als auch das technische Wissen. Wärmepumpen sind komplizierter als eine Gasheizung. Viele Betriebe müssen nun umschulen. "Die Betriebe haben das Know-how ihrer Fachkräfte in den letzten Monaten mit zunehmender Bereitschaft erweitert", sagt der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, Helmut Bramann.
Allerdings fehle es angesichts politischer Unklarheiten an Planungssicherheit für die Betriebe. Die Bundesministerien für Wirtschaft und Bau arbeiten an einem Gesetzentwurf zum Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen ab 2024. Details stehen noch aus. "Worauf sollen die Betriebe sich einstellen? Wie sollen sie ihre Kunden beraten? Angesichts der aktuell enorm langen Lieferzeiten bräuchte es jetzt bereits Klarheit zu allen inhaltlichen Details eines Gebäudeenergiegesetzes", fordert Bramann.
Fachleute betonen zudem, dass die Wärmepumpe mit Blick auf die Abkehr von fossilen Wärmequellen nur ein Teil der Lösung sein könne. Die Energieeffizienz ist schlechter als bei Gas oder Öl. Insbesondere in schlecht isolierten Altbauten bräuchte es leistungsfähige und damit teure Wärmepumpen.
Es gibt Alternativen. "Gerade in verdichteten Bereichen in Innenstädten ist die Fernwärme vielleicht sogar die bessere Lösung als die Wärmepumpe", sagt Martin Brandis, Energieberater beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Voraussetzung ist, dass sie nicht fossil betrieben wird." Dafür könnten etwa Großwärmepumpen oder industrielle Abwärme zum Einsatz kommen.