Treuhandverwaltung

Rosneft-Klage: Gericht will Beweise erheben

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs übernahm der Bund im September die Kontrolle bei den deutschen Töchtern des russischen Konzerns Rosneft. Durfte die Regierung das? Ein Fall für das Bundesverwaltungsgericht.


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Der russische Ölkonzern Rosneft klagt dagegen, dass der Bund im September die Kontrolle über die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing übernommen hat.

Es geht um einen zentralen Punkt der deutschen Energiesanktionen gegen Russland: Das Bundesverwaltungsgericht prüft seit Mittwoch, ob die Treuhandverwaltung der deutschen Töchter des russischen Ölkonzerns Rosneft rechtens ist. Nach einer ganztägigen Verhandlung kündigte die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab am Abend an, das Verfahren werde am 7. März mit einer Beweisaufnahme fortgesetzt. Ein Urteil wird also frühestens in zwei Wochen fallen.

Der staatlich kontrollierte russische Ölkonzern Rosneft klagt dagegen, dass der Bund im September die Kontrolle über die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing übernahm. Die Bundesregierung hatte dies mit Gefahren für die Versorgungssicherheit begründet.

Das Urteil könnte Auswirkungen für Verbraucher in Deutschland haben: Sollte das Gericht der Klage von Rosneft stattgeben, bekäme Moskau indirekt wieder Einfluss auf die beiden Rosneft-Tochterfirmen. Diese sind Mehrheitseigner der wichtigen PCK-Raffinerie in Schwedt in Brandenburg, die Nordostdeutschland mit Benzin, Diesel und anderen Produkten versorgt.

Hintergrund des Verfahrens ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Zuge der Sanktionen gegen Russland hat die Bundesregierung beschlossen, ab 2023 ganz auf russisches Rohöl zu verzichten. Die PCK-Raffinerie verarbeitete 2022 aber vor allem russisches Öl aus der Druschba-Pipeline. Nach Darstellung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Rosneft kein Interesse, davon abzurücken. Unter Treuhandverwaltung wird inzwischen bei PCK nicht-russisches Öl verarbeitet.

Anders als in vielen anderen Verwaltungsgerichtssachen ist das Bundesgericht in diesem Fall erste Instanz. Daraus erklärt sich der ungewöhnliche Schritt, selbst Beweise zu erheben und Zeugen zu hören. Klären lassen wollen die Richter unter anderem, welche Informationen das Bundeswirtschaftsministerium im Sommer 2022 hatte, dass ein russischer Öl-Lieferstopp drohen könnte und dass Rosneft Kapital von seinen deutschen Töchtern abziehen könnte.

Richterin Held-Daab gab während der Verhandlung Hinweise, dass sie wegen der geschützten Eigentumsrechte eine große Tragweite sieht: "Da sehen wir schon einen Eingriff deutlicher Intensität", sagte sie. Andererseits sei die Energieversorgungssicherheit "ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut" und von überragender Bedeutung. Das sei abzuwägen.

In der ganztägigen Verhandlung ging es zunächst um Verfahrensfragen. Dazu zählte, ob der russische Rosneft-Mutterkonzern in Moskau und ein Ableger in Luxemburg überhaupt als Kläger auftreten durften. Weiterer Streitpunkt war, ob die Kläger vor der Treuhand-Anordnung formal hätten angehört werden müssen.

Die Anwälte des Bundes argumentierten, im Sommer 2022 sei Eile geboten gewesen. Der russische Mutterkonzern hätte systematisch Vermögen abziehen und seine Töchter in die Insolvenz treiben können, sagte der Anwalt Ulrich Karpenstein, Rechtsvertreter des Bundes.

Die Klägervertreter um den Anwalt Bertrand Malmendier ließen das nicht gelten. Nach seinen Worten hatte Rosneft Deutschland 2022 ein "extrem gutes Jahr" und "Kassenbestände von oberhalb einer Milliarde Euro". Selbst wenn Beträge abgezogen worden wären - was nicht der Fall gewesen sei -, so hätte dies die deutschen Töchter nicht in die Insolvenz getrieben.

Malmendier stellte auch den staatlichen russischen Einfluss auf den Mutterkonzern Rosneft in Frage. Das Unternehmen sei an der Börse notiert. Beteiligt seien auch der Staat Katar und der Ölmulti BP sowie andere Anteilseigner. Der russische Staatsanteil liege bei nur 44,5 Prozent. Richterin Held-Daab stellte klar, dass das Gericht wegen indirekter Beteiligungen dennoch von einem "staatlich beherrschten Unternehmen" ausgehe.