Bahnhöfe in Deutschland
Privatbahnhöfe: Wie sie vor Verfall gerettet werden können
27. Januar 2025, 04:05 Uhr
Über die meisten der fast 2.900 Bahnhofshallen in Deutschland hat die Deutsche Bahn keine Kontrolle mehr. Nachdem der bundeseigene Konzern in den 2000er und 2010er Jahren viele Empfangsgebäude verkauft hat, gehört ihm inzwischen nicht einmal mehr ein Viertel der Immobilien, wie eine Auswertung des Interessenverbands Allianz pro Schiene zeigt. Etwas mehr als ein Fünftel sind demnach in kommunalem Besitz, mehr als die Hälfte gehört privaten Eigentümern. Oft werden die Gebäude dem Verfall überlassen - doch es gibt auch Initiativen, die sich dagegen stemmen.
Der Privatbesitz von Bahnhöfen ist insbesondere in Ostdeutschland stark verbreitet, wie die Auswertung des Verbands weiter zeigt. Spitzenreiter ist Mecklenburg-Vorpommern. Mehr als 100 der insgesamt rund 130 Bahnhofsgebäude gehören demnach privaten Eigentümern - ein Anteil von mehr als 80 Prozent. In Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg sind die Besitzverhältnisse bei den Stationen ähnlich. Ausnahme ist Berlin. Hier gehören noch nahezu sämtliche der insgesamt 100 Bahnhöfe der Deutschen Bahn beziehungsweise ihrem Eigentümer, dem Bund.
Die Bahn verkaufte die Bahnhofshallen einst Dutzendfach. Die meisten gingen in kommunale Hand über. Doch auch private Käufer schlugen zu. In manchen Fällen kauften sie Bahnhöfe in ganzen Paketen, um sie dann einzeln weiterzuverkaufen, wie die Allianz pro Schiene ermittelt hat. Der Verband kritisiert, dass es deshalb gar keinen Überblick darüber gibt, wem die Gebäude im Einzelnen gehören.
Nicht jeder Bahnhof in Deutschland hat ein Empfangsgebäude. Der Deutschen Bahn gehören eigenen Angaben bundesweit rund 5.700 Haltepunkte, die von Zügen angefahren werden.
Private Eigentümer bauen die Gebäude in der Regel für private oder kommerzielle Zwecke um und nicht für den klassischen Bahnbetrieb. Vielerorts werden sie dem Verfall überlassen. Eines von vielen Beispielen dafür ist der Bahnhof Malchow in Mecklenburg-Vorpommern, der seit vielen Jahren außer Betrieb ist und vor sich hin rottet.
Vor einigen Jahren hat die Bahn den Verkauf gestoppt. Nur noch knapp 700 Empfangsgebäude befinden sich in ihrem Besitz. Der Bestand soll nun im Zuge der sogenannten Generalsanierung nach und nach saniert werden - insgesamt 200 bis zum Jahr 2027. Einen Rückkauf von Bahnhöfen plant der Konzern eigenen Angaben zufolge aber nicht.
Die Allianz pro Schiene fordert deshalb Anreize für private und kommunale Eigentümer, die Bahnhöfe für den Schienenverkehr zu erhalten oder wieder fit zu machen. "Zur Verkehrswende gehört, dass wir Bahnhöfe für mehr Zugreisende ertüchtigen", teilt Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege mit. "Das bedeutet auch attraktive Empfangsgebäude, die den Bedürfnissen der Reisenden gerecht werden." Es brauche finanzielle und organisatorische Unterstützung, um entsprechende Nutzungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Hier sei insbesondere der Bund in der Pflicht.
Initiativen dafür gibt es derzeit vor allem auf regionaler Ebene - etwa vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Mit der "Kompetenzstelle Bahnhof" hat dieser ein Portal geschaffen, auf dem interessierte Eigentümer Kontakte und Unterstützung bei der Weiterentwicklung der Gebäude auch im Sinne des Schienenverkehrs finden. Ein knappes Dutzend Brandenburger Best-Practice-Beispiele auf dem Portal zeigen, wie es gehen kann.
In Nordrhein-Westfalen dient die sogenannte Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft als Ansprechpartner für interessierte Eigentümer. Das dortige Modell habe "zahllose hervorragende Beispiele städtebaulicher und verkehrlicher Attraktivierung hervorgebracht, die als wesentliche Bausteine einer gelingenden Verkehrswende gelten dürfen", heißt es dort. Solche Initiativen müssten dringend gestärkt und unterstützt werden, fordert die Allianz pro Schiene.
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