Kein neuer Vertrag
Vettel verlässt Ferrari am Jahresende
12. Mai 2020, 9:15 Uhr aktualisiert am 12. Mai 2020, 13:31 Uhr
Finito: Sebastian Vettel kehrt Ferrari nach diesem Jahr den Rücken. Die Verhandlungen über einen neuen Vertrag sind gescheitert. Wegen Corona ist offen, ob Vettel überhaupt noch einmal in der Formel 1 fährt.
Der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel verlässt das Ferrari-Team nach Ablauf seines Vertrags am Ende dieses Jahres. "Das Team und ich haben gemerkt, dass es nicht mehr den gemeinsamen Wunsch gab, über das Ende dieser Saison zusammenzubleiben", sagte Vettel am Dienstag in einer Ferrari-Presseerklärung. Es sei die beste Entscheidung für beide Seiten, betonte Teamchef Mattia Binotto.
Vettel war zur Saison 2015 von Red Bull zu Ferrari gewechselt, hatte sich den Wunsch nach weiteren WM-Triumphen jedoch nicht erfüllen können. Die Zukunft des mittlerweile 32 Jahre alten Heppenheimers ist offen, auch ein Karriere-Ende in der Formel 1 scheint möglich.
Von Leclerc verdrängt
In der Nacht zum Dienstag hatten die "Bild" sowie die Fachportale "Auto, Motor und Sport" und "Motorsport-Total.com" über die bevorstehende Trennung berichtet. Zuletzt hatte es Spekulationen darüber gegeben, dass sich Vettels Vertragsgespräche mit Ferrari schwierig gestalten würden. Dem Vernehmen nach hatte das Team dem früheren Champion zunächst nur noch einen Einjahresvertrag mit deutlich reduzierten Bezügen angeboten.
Die vergangene Saison war enttäuschend für Vettel verlaufen. Er belegte in der WM nur den fünften Platz, sein aufstrebender Stallrivale Charles Leclerc (22) landete vor ihm. Mit dem Monegassen geriet der Deutsche auf der Strecke mehrfach aneinander. Als Ferrari Weihnachten 2019 Leclerc einen bis Ende 2024 gültigen Vertrag gab, war dies ein klares Signal für die Zukunft. Als Kandidat für eine Vettel-Nachfolge wird seit längerem schon der spanische McLaren-Pilot Carlos Sainz (25) gehandelt.
Kein Titel mit der Scuderia
Vettel hatte zuletzt in einer Videokonferenz gesagt, dass es keine Frist für eine Entscheidung im Vertragspoker gebe. "Wie auch immer der Deal aussehen wird, das Team und ich werden uns damit wohl fühlen müssen", hatte er gesagt. Binotto hatte mehrfach beteuert, gern weiter mit Vettel zusammenarbeiten zu wollen und dessen Qualitäten gelobt.
Doch die ersehnten Titel wie einst sein Vorbild Michael Schumacher konnte Vettel der Scuderia nicht liefern. Im Red Bull hatte Vettel von 2010 bis 2013 die Formel 1 dominiert und sich viermal in Serie zum Champion gekrönt. Seither aber beherrscht Mercedes die Rennserie. Silberpfeil-Superstar Lewis Hamilton (35) gewann im Vorjahr seinen sechsten Titel und könnte in dieser Saison Schumachers Rekord einstellen.
Allerdings ist ungewiss, ob die Formel 1 in diesem Jahr überhaupt noch einmal fährt und Vettel ein Abschiedsrennen bekommt. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie wurden bislang alle Rennen entweder verschoben oder abgesagt. Derzeit ist der Start der Saison für den 5. Juli mit einem Rennen ohne Zuschauer in Österreich anvisiert.
Keine finanziellen Gründe für Trennung
Der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hat sich am Dienstag in einer Mitteilung von Ferrari zu seinem Abschied von der Scuderia am Jahresende geäußert: "Meine Beziehung zur Scuderia Ferrari endet Ende 2020. Um die bestmöglichen Ergebnisse in diesem Sport zu erzielen, ist es für alle Beteiligten wichtig, in perfekter Harmonie zu arbeiten. Das Team und ich haben gemerkt, dass es nicht mehr den gemeinsamen Wunsch gab, über das Ende dieser Saison zusammenzubleiben. Finanzielle Gründe haben bei dieser gemeinsamen Entscheidung keine Rolle gespielt. So denke ich nicht, wenn es darum geht, bestimmte Entscheidungen zu treffen, und das wird auch niemals so sein."
"Was in den letzten Monaten passiert ist, hat viele von uns dazu gebracht, über unsere echten Prioritäten im Leben nachzudenken. Man muss seine Vorstellungskraft einsetzen und einen neuen Ansatz für eine Situation wählen, die sich geändert hat. Ich selbst werde mir die Zeit nehmen, um darüber nachzudenken, was für meine Zukunft wirklich wichtig ist."
McLaren äußert sich nicht
McLaren will sich zu Spekulationen über eine mögliche Verpflichtung von Sebastian Vettel zur neuen Saison nicht äußern. Dies teilte der englische Traditionsrennstall am Dienstag auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. McLaren gilt als ein möglicher neuer Arbeitgeber des Heppenheimers. Teamchef Andreas Seidl und Vettel schätzen sich seit der gemeinsamen Zeit bei BMW-Sauber. Vettel hatte 2007 in den USA sein Formel-1-Debüt im BMW gefeiert.
Wolff heizt Spekulationen an
Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat ein Engagement von Sebastian Vettel nach dessen Ende bei Ferrari zumindest nicht ausgeschlossen. "Mit Blick auf die Zukunft sind wir in erster Linie gegenüber unseren aktuellen Mercedes-Fahrern zu Loyalität verpflichtet", antwortete der Österreicher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, ob Mercedes versuche, Vettel zu verpflichten: "aber wir können diese Entwicklung natürlich nicht außer Acht lassen".
Wolff lobte Vettel als großartigen Fahrer und große Persönlichkeit. Der 32 Jahre alte gebürtige Heppenheimer sei "für jedes Formel-1-Team eine Bereicherung", betonte der 48 Jahre alte Wolff.Bei Mercedes laufen die Verträge mit dem sechsmaligen Weltmeister und Titelverteidiger Lewis Hamilton (35/Großbritannien) und Valtteri Bottas (30/Finnland) ebenfalls aus.