Überblick

Neuers Machtprobe: Ist für den Torhüter noch eine Zusammenarbeit mit Nagelsmann möglich?

Nach seinem umstrittenen Interview wird der Bayern-Kapitän von Vorstandschef Kahn und Sportvorstand Salihamidzic gerügt. Gibt es einen Weg zurück? "Werden das vernünftig besprechen."


Sie werden nun ein ernstes Gespräch führen: Manuel Neuer (l.), Oliver Kahn (oben) und Hasan Salihamidzic.

Sie werden nun ein ernstes Gespräch führen: Manuel Neuer (l.), Oliver Kahn (oben) und Hasan Salihamidzic.

Von Maximilian Koch

München - Schon bevor der erste Ball an diesem Bundesliga-Wochenende rollte, war das Hauptthema des Spieltags klar: Manuel Neuer (36) und die Interviews des Bayern-Kapitäns, die er der "Süddeutschen Zeitung" und dem Portal "The Athletic" gegeben hat - als Replik auf die Freistellung seines Torwarttrainers, Freundes und Trauzeugen Toni Tapalovic (42).

Am Verein vorbei und in äußerst scharfem, emotionalen Ton. Dass Tapalovic Bayern verlassen musste, sei "das Krasseste" gewesen, was er in seiner Karriere erlebt habe, erklärte Neuer: "Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag. Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen." Viel Pathos, zweifellos. Doch zugleich auch der Beleg, wie kompliziert die Situation rund um den Bayern-Torhüter nun ist. Gibt es für Neuer noch einen Weg zurück?

Vorstandschef Oliver Kahn kündigte "deutliche Gespräche" mit Neuer an. Sportvorstand Hasan Salihamidzic kritisierte in der "Bild am Sonntag", dass der Kapitän "seine persönlichen Interessen hier über die Interessen des Klubs gestellt" habe: "Wir werden das intern vernünftig mit ihm besprechen."

Neuer droht eine hohe Geldstrafe - oder sogar noch mehr?

Das Verhältnis des Spielführers zu Trainer Julian Nagelsmann dürfte sich jedenfalls weiter verschlechtern. Der Coach, der mit dem Neuer-Vertrauten Tapalovic seit seinem Amtsantritt im Sommer 2021 ein unterkühltes Verhältnis hatte, war an der Trennung maßgeblich beteiligt. Wie da ab dem Sommer und einem möglichen Neuer-Comeback wieder Vertrauen entstehen soll, erscheint sehr fraglich.

"Ich hätte das Interview nicht gegeben, es trägt sicher nicht zur Ruhe bei", sagte Nagelsmann am Sonntag bei DAZN. Auf die Nachfrage, ob Neuer Kapitän bleiben werde, wich Nagelsmann aus, sagte nur: "Er ist der beste Torwart der Welt, ich hoffe, dass er gesund zurückkommt. Alles andere ist dann Zukunftsmusik."

Neuer selbst hatte zuvor erklärt, er wolle mit Nagelsmann weiter "professionell" zusammenarbeiten: "Ich werde mich niemals querstellen. Weil ich Teamplayer bin und als Kapitän eine besondere Verantwortung habe."

Dieser Verantwortung wurde Neuer, der sich bei einer Skitour einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen und die Klubführung damit in Not gebracht hatte, nach Ansicht der Bosse allerdings nicht gerecht. Neuers Aussagen würden "zur Unzeit" kommen, "weil wir vor ganz wichtigen Spielen stehen", sagte Kahn. In gerade einmal einer Woche steht der Champions-League-Kracher Paris Saint-Germain an.

Neuer sei "persönlich betroffen, das muss man ein Stück weit verstehen", sagte Kahn nachsichtig. Zugleich belehrte der Ex-Nationaltorhüter Neuer mit dem Verweis auf sein eigenes Verhalten in einer für ihn "ähnlichen Situation".

Als Torwarttrainer Sepp Maier 2004 beim Nationalteam von Jürgen Klinsmann abgesetzt wurde, sei auch er natürlich "enttäuscht" und "wütend auf den DFB" gewesen: "Aber die gemeinsamen Ziele standen für mich im Vordergrund. Sie waren mir wichtiger als meine persönlichen Gefühle."

Sogar von einem Bundesliga-Rivalen wurde Neuer kritisiert. "Letztlich dürfen sich Einzelne nicht über den Klub stellen. Das darf kein Spieler der Welt", sagte Eintracht Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche bei Bild-TV - und machte sich für Kevin Trapp (32) als neuen Stammtorwart in der Nationalmannschaft stark. "Ja, das würde ich sagen. Was seine Leistungen betrifft, ist er derzeit der beste deutsche Torwart."

Doch so schnell sollte man Neuer nicht abschreiben. "Ich muss schauen, wie ich zurückkommen werde. Wenn es so weit ist, dann schaue ich in den Spiegel und sage mir die Wahrheit, so wie immer", sagte der Keeper: "Wenn ich nicht performe, werde ich den Posten räumen. Aber rechnen Sie nicht damit!" Es wird spannend, zu sehen sein, wie Neuers Machtprobe ausgeht.