St. Louis vor Premiere in der MLS

Lutz Pfannenstiel: Wollen kein Prügelknabe sein


Blicken der Premierensaison des St. Louis City SC in der MLS ebenso freudig wie gespannt entgegen: Sportdirektor Lutz Pfannenstiel (links) und Chefcoach Bradley Carnell.

Blicken der Premierensaison des St. Louis City SC in der MLS ebenso freudig wie gespannt entgegen: Sportdirektor Lutz Pfannenstiel (links) und Chefcoach Bradley Carnell.

Es ist der Anpfiff zu einer neuen Ära. An diesem Samstag um 19.30 Uhr Ortszeit (Sonntag 2.30 Uhr MEZ) startet der St. Louis City SC in Austin in seine Premierensaison in der nordamerikanischen Profifußballliga MLS (Major League Soccer). "Die Vorfreude ist riesig", sagt Lutz Pfannenstiel. Gleichzeitig spürt der Sportdirektor Erleichterung darüber, dass es nach langer Aufbauarbeit "endlich losgeht". Gut zweieinhalb Jahre bastelte der gebürtige Zwieseler am 28. MLS-Team. Ganz nebenbei entstand mitten in der Millionenmetropole am Mississippi ein neues Stadion samt Trainingszentrum, das modernste in den USA. "Endlich ist der große Tag da", sagt der frühere Torhüter, der als erster Profi bei allen sechs Kontinentalverbänden gespielt hat.

Das SC im Vereinsnamen von St. Louis City steht für Soccer Club, aber auch für Soccer Capital, die Fußball-Hauptstadt. "In der Stadt spürt man die Begeisterung für unser Team", sagt Pfannenstiel vor allem mit Blick aufs erste Heimspiel am 4. März gegen Charlotte FC im nagelneuen Citypark, der 22 500 Zuschauern Platz bietet und im November mit dem Match gegen Bayer Leverkusen eingeweiht wurde.

"Austin ein Hammergegner"

Erst aber steht das Debüt in der texanischen Hauptstadt an. "Austin FC ist ein Hammergegner", sagt Pfannenstiel. Das ebenfalls junge Team geht in seine dritte Saison, wurde im ersten Jahr Letzter, kam dann aber im Vorjahr mit demselben Kader und Trainer bis ins Playoff-Halbfinale. "Austin ist der klare Favorit, wir sind der Underdog", beschreibt St. Louis' Sportchef die Ausgangslage.

Bis auf den langzeitverletzten schwedischen Innenverteidiger Joakim Nilsson, von Arminia Bielefeld gekommen, hat St. Louis zum Start alle Mann an Bord. So hat der aus Südafrika stammende Chefcoach Bradley Carnell (Ex-Profi bei Stuttgart, Mönchengladbach und Karlsruhe) die Qual der Wahl.

Zuversichtlich stimmt Pfannenstiel auch "die gute Vorbereitung". Der Kader, sagt der 49-Jährige, liege vom Niveau her eng beieinander, was den Kampf um die Startplätze "sehr interessant" mache. Bei zwei jeweils zehntägigen Trainingslagern in Florida und Kalifornien wuchs das erst im Januar komplettierte Team zusammen. Und in den Testspielen gelangen zum Teil beachtliche Ergebnisse: 2:2 gegen den amtierenden Vizemeister Philadelphia, 3:3 gegen New York City, den Meister von 2021, und ein 4:0 gegen Miami. Und das alles mit dem geringsten Kaderwert (19,95 Mio. Euro) in der Liga.

A la Hoffenheim & Leipzig

Was in den ersten Spielen für den Neuling wichtig sein wird? "Wir wollen das umsetzen, was wir täglich trainieren", sagt Pfanenstiel und zählt auf: "Gutes Pressing und Gegenpressing, aggressiv agieren mit hoher Intensität und Laufbereitschaft." Die Spielweise von St. Louis City, so der frühere Bundesliga-Funktionär, soll sich anlehnen an Hoffenheim und RB Leipzig. "Expansion teams" werden die neugegründeten Mannschaften in den US-Ligen genannt, die bekanntlich auf einem Franchise-System fußen. "Diese Neulinge gelten oft als Prügelknaben, die man hin und her schubst", weiß Pfannenstiel. Prügelknabe sein, das wolle St. Louis City auf jeden Fall vermeiden. Die Philosophie ist: "Wir wollen kämpfen und beißen und vom Start weg wettbewerbsfähig sein."

Ein langfristiger Plan

Titelträume werden am Mississippi nicht gesponnen. Im Gegenteil. "Wir wollen keinen Positionsdruck erzeugen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Wir haben einen langfristigen Plan", sagt Pfannenstiel. Wie dieser aussieht? Im Premierenjahr soll sich das Team akklimatisieren. Im zweiten Jahr wisse man dann, an welchen Stellschrauben gedreht werden und wo man sich verstärken müsse. "Und ab dem dritten Jahr soll St. Louis ein steter Anwärter auf die Playoffs werden."

Mit einer Meister-Prognose für die Saison 2023 hält sich Pfannenstiel zurück. "Die MLS ist wohl die am schwierigsten einzuschätzende Profiliga der Welt", sagt er und verweist auf Auftaktgegner Austin: Im ersten Jahr Schlusslicht, im Jahr darauf Playoff-Halbfinalist. In der Western Conference erwartet der Niederbayer die beiden Los-Angeles-Teams Galaxy und Meister FC weit vorne - beide duellieren sich zum Ligastart - und traut auch Austin wieder eine gute Rolle zu. Im Osten sieht Pfannenstiel Philadelphia und New York City vorne dabei.

Die MLS-Saison 2023

Die 29 Teams (darunter drei aus Kanada) sind in die Eastern Conference und Western Conference, zu der St. Louis City gehört, aufgeteilt. Jede Mannschaft bestreitet in der Hauptrunde 34 Spiele (davon acht Spiele gegen Teams der anderen Conference). Es gibt kein Auf- bzw. Abstiegssystem. Die jeweils besten sieben Teams der Conferences qualifizieren sich für die Playoffs, in denen dann der Meister ermittelt wird. Es gibt vier Startplätze für die CONCACAF Champions League.