Vierschanzentournee
Kobayashi vs. Eisenbichler: Showdown am Bergisel
4. Januar 2019, 9:54 Uhr aktualisiert am 4. Januar 2019, 9:54 Uhr
Der Zweikampf zwischen Markus Eisenbichler und Ryoyu Kobayashi um den Tournee-Gesamtsieg spitzt sich beim dritten Springen am Freitag in Innsbruck zu. Die AZ vergleicht die Topfavoriten.
Innsbruck/München - Der Bergisel in Innsbruck ist so etwas wie die Schicksalsschanze der deutschen Skispringer. Zweimal zerstoben hier in den vergangenen Jahren die schwarz-rot-goldenen Tournee-Träume vom ersten Gesamtsieg seit Sven Hannawald 2002 im Schnee.
2016 stürzte Severin Freund, in der Gesamtwertung auf Platz zwei liegend, im Probedurchgang. Von Prellungen und Hüftschmerzen geplagt konnte er den slowenischen Überflieger Peter Prevc anschließend nicht mehr angreifen, beendete die Tournee als Zweiter und musste im Sommer operiert werden. (Lesen Sie auch: So tickt der neue Skisprung-Held Markus Eisenbichler)
Innsbruck: Kann Eisenbichler Kobayashi abfangen?
Im vergangenen Jahr dann prallte Richard Freitag, ebenfalls nach den ersten beiden Springen Gesamt-Zweiter, bei der Landung hart in den Schnee und musste die Tournee mit Hüft-Verletzungen aufgeben, die ihn bis heute plagen. Es gewann der polnische Superstar Kamil Stoch.
Und in diesem Jahr? Die Konstellation vor dem dritten Tournee-Springen in Innsbruck (Freitag, 14 Uhr/ARD) ist ähnlich: Der Chiemgauer Markus Eisenbichler (27) liegt nach zwei zweiten Plätzen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen auf Tournee-Rang zwei, bezwungen bisher allein vom japanischen Überflieger dieses Jahres, Ryoyu Kobayashi (22).
Wiederholt sich das Bergisel-Schicksal der Deutschen? In der Qualifikation am Donnerstag jedenfalls erhielt Eisenbichler einen Rückschlag, er wurde mit 116 Metern nur 32., während Kobayashi (126,5 Meter) souverän gewann. "Den Sprung habe ich ein bisschen verhauen, zum Glück war es nur die Quali. Abhaken und morgen besser machen", sagte Eisenbichler.
Auch Bundestrainer Werner Schuster sah den Fauxpax locker. "So etwas passiert ab und zu. Markus hat insgesamt die Schanze ganz gut im Griff, hat seine sieben Sachen zusammen, er hat es heute nur noch nicht gezeigt." (Lesen Sie auch: Wellinger und Freund - Der tiefe Absturz)
Schuster glaubt nicht, dass bereits in Innsbruck eine Vorentscheidung in der Gesamtwertung fällt, in der Eisenbichler nur 2,3 Punkte, umgerechnet 1,27 Meter, hinter Kobayashi liegt.
Vor dem Showdown am Bergisel vergleicht die AZ die beiden Springer...
Form
Kobayashi ist der dominierende Springer dieser Saison, er gewann sechs von neun Weltcup- und die ersten beiden Tournee-Springen. Dort präsentierte er sich aber nicht unverwundbar, baute im zweiten Durchgang jeweils kleine Fehler ein. Eisenbichler hingegen wartet weiter auf den ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere. "Mir ist es egal, wo es passiert. Ich möchte einfach gerne mal einen Weltcup gewinnen, und zurzeit bin ich in einer Verfassung, in der das passieren kann", sagte er.
Technik
Kobayashis größte Stärke ist der Absprung, aus dem heraus er schnell seine aerodynamische Flugposition einnimmt. Eisenbichler hingegen ist ein Flieger. "Er hat diese besondere Sicherheit", sagte Österreichs Nationaltrainer Andreas Felder, "da meinst du beim Absprung, jetzt hat er aber einen 'Hackler' drin, und er fliegt trotzdem ganz runter." In der Quali patzte Eisenbichler allerdings am Schanzentisch.
Nervenstärke
Dem Druck, den Eisenbichler mit seinen guten Sprüngen auf ihn ausübte, hielt Kobayashi bisher stand. In Garmisch-Partenkirchen gab er zu: "Ich war sehr aufgeregt, weil er so gut war. Das hat mich schon beeindruckt." Eisenbichler kann eigentlich ganz unbekümmert springen, die wenigsten hatten ihm einen solchen Erfolg zugetraut. "Ich schaue nicht auf die Gesamtwertung. Am Ende rechnet es der Computer aus, ich kann da nicht viel beeinflussen", sagte er. Gespielte Coolness oder wirkliche Nervenstärke?
Statistik
Geht es danach, hat Kobayashi den Tourneesieg fast schon sicher. Seit 1993 lagen von 25 Halbzeit-Spitzenreitern 17 auch zum Tournee-Ende vorne.
Erfahrung
Die spricht für Eisenbichler, der auf die Erfahrung von 104 Weltcup-Springen (Kobayashi: 47) zurückgreifen kann, schon bei Großereignissen Erfolg hatte (WM-Bronze 2017) und in seiner Karriere viele Aufs und Abs erlebt hat. Das gilt übrigens auch für Innsbruck, wo er vor zwei Jahren, vom Winde verweht, auf Platz 31 landete und seine Chancen in der Gesamtwertung einbüßte. Doch noch einmal soll der Bergisel eben nicht die Schicksalsschanze der Deutschen werden.
Österreich wirbt um Schuster
Der Österreichische Skiverband (ÖSV) bekundet Interesse am deutschen Bundestrainer Werner Schuster. "Werner hat überall Erfolg gehabt, er ist eine Autoritätsperson. Wenn wir so einen nicht haben wollen würden, wäre sicher etwas falsch", sagte ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher der "Tiroler Tageszeitung".
Schuster betreut seit knapp elf Jahren die deutschen Skispringer, hat aber nur noch einen gültigen Vertrag bis zum Saisonende und lässt seine Zukunft derzeit offen. Dass eine Verpflichtung und damit die Rückkehr des 49 Jahre alten Österreichers in seine Heimat eine Frage des Geldes werden könnte, glaubt Stecher nicht. "Wenn man jemanden wie Schuster haben kann, wird es nicht am Finanziellen scheitern", sagte Stecher.
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