AZ-Interview

Höfl-Riesch: "Rebensburg fährt nicht mit der gewohnten Konsequenz"


"Es ist schwierig, wenn man nicht so recht weiß, wo man ansetzen soll", sagt Ski-Ikone Maria Höfl-Riesch über ihre alte Weggefährtin Viktoria Rebensburg, die nicht die gewohnten Leistungen zeigt.

"Es ist schwierig, wenn man nicht so recht weiß, wo man ansetzen soll", sagt Ski-Ikone Maria Höfl-Riesch über ihre alte Weggefährtin Viktoria Rebensburg, die nicht die gewohnten Leistungen zeigt.

Von Guido Verstegen / Online

Am Wochenende finden die Speed-Bewerbe der Frauen in Garmisch-Partenkirchen statt. In der AZ spricht Ski-Legende Höfl-Riesch über Rebensburg, Dreßen und die mögliche Heim-WM 2025.

München - Maria Höfl-Riesch (35) holte in ihrer Skifahrer-Karriere drei Mal olympisches Gold und einmal Silber, sie war zudem zwei Mal Weltmeisterin, fuhr vier Mal zu Bronze.

AZ: Frau Höfl-Riesch, am Wochenende stehen die Speed-Rennen des Frauen-Weltcups auf dem Programm - genau da, wo 2025 wieder eine Ski-WM stattfinden soll: in Ihrer Heimat Garmisch-Partenkirchen. Wie finden Sie die Idee?
MARIA HÖFL-RIESCH: Ich finde das super! Während meiner aktiven Zeit war das schon immer der große Traum, mal eine Heim-WM erleben zu dürfen. Das war dann 2011 auch ein absolutes Highlight meiner Karriere. Heimrennen sind sowieso immer was Besonderes, aber eine Heim-WM ist natürlich nochmal was anderes. Mit Thomas Dreßen, der ja dann sicherlich noch aktiv sein wird, wäre auch noch ein Lokalmatador am Start. Gerade für ihn wäre das sicher eine ganz tolle Geschichte.

So erinnert sich Höfl-Riesch an die Ski-WM 2011 in Garmisch

Wie hat die WM 2011 damals den Ort und das Skigebiet verändert?
Das war schon enorm. Umso mehr hat es mich gewundert, dass es in der Bevölkerung dann so eine Abneigung gegen die Olympiabewerbung gab. Ich hatte es so wahrgenommen, dass die WM für den Ort und die Bevölkerung eine tolle Veranstaltung war und dass Garmisch sich auch von seiner besten Seite gezeigt hat. Sowohl bei der Organisation, der Pistenpräparierung als auch bei dem ganzen Drumherum. Das konnte sich sehen lassen. Auch bei den Männer-Rennen am vergangenen Wochenende war eine super Stimmung im Ziel. Das zeugt davon, dass nach wie vor großes Interesse an der Sportart besteht.

Die ehemalige Ski-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch erinnert sich gerne an die Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen zurück.

Die ehemalige Ski-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch erinnert sich gerne an die Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen zurück.

Auch das Interesse an Deutschlands bester Skifahrerin ist noch vorhanden. Unlängst musste Viktoria Rebensburg nach durchwachsenen Rennergebnissen öffentliche Kritik von DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier einstecken. Der hatte ihr Trainingspensum in Frage gestellt...
Klar ist es für einen Athleten nicht schön, wenn er so öffentlich der Kritik ausgesetzt wird. Auf der anderen Seite: Wenn die Leistungen nicht so sind, wie jeder - und ich denke, auch sie selber - das erwartet, dann ist es eigentlich normal, dass in diese Richtung mal was kommt. Das war schon immer so und gehört genauso dazu, wie Lob und Glückwünsche bei Erfolg. Sowohl medial als auch team-intern werden die Leistungen eben beurteilt und bewertet. Aber ich denke, die beiden haben sich inzwischen ausgesprochen. Ist ja auch irgendwie normal, dass der Sportdirektor seine Einschätzung gibt, wenn er von Journalisten gefragt wird. Er kann da auch nichts beschönigen.

Maria Höfl-Riesch: Viktoria Rebensburg "ein Riesen-Talent"

Was fehlt aktuell bei Viktoria Rebensburg?
Es müssen halt immer sehr viele Faktoren zusammenspielen, damit es richtig gut läuft. Es scheint so, als würde sie beim Material mit der Abstimmung kämpfen. Natürlich fehlen dann auch irgendwann das Selbstvertrauen und die Lockerheit. Es ist schwierig, wenn man nicht so recht weiß, wo man ansetzen soll.

Viktoria Rebensburg - hier beim Weltcup-Super-G im russischen Rosa Khuto - sah sich zuletzt heftiger Kritik ausgesetzt.

Viktoria Rebensburg - hier beim Weltcup-Super-G im russischen Rosa Khuto - sah sich zuletzt heftiger Kritik ausgesetzt.

Offenkundige Defizite sind nicht auszumachen, oder?
Sie fährt nicht total schlecht. Es sind meist gute Teilabschnitte dabei, aber es fehlt die Konstanz - und am Ende die Top-Ergebnisse. Sie hatte ja viele Saisonen, wo sie permanent vorn mit dabei war, vor allem im Riesenslalom. Manchmal war es schon so, dass der Riesenslalom, ihre Spezialdisziplin, etwas gelitten hat, wenn sie alle Speed-Events gefahren ist. In diesem Winter sehe ich das nicht so. Sie fährt insgesamt nicht mit der Entschlossenheit und Konsequenz, wie man es von ihr gewohnt ist, aber das kann viele Gründe haben.

Auch zu wenig Training?
Ob sie zu wenig trainiert, kann ich nicht beurteilen. Aber wenn Wolfi Maier das im Vergleich mit Shiffrin oder Vlhova so beurteilt, dann wird er das schon entsprechend so beobachtet haben. Ich kann mich erinnern, dass Viki auch früher im Training nicht immer die allermeisten Fahrten gemacht hat, sie ist natürlich auch ein Riesen-Talent mit einem unglaublichen Skigefühl. In den Phasen, in denen sie gut in Form war, hat es auch nicht mehr gebraucht. Aber wenn es nicht so gut läuft, muss man das vielleicht schon umstellen und die eine oder andere Fahrt mehr machen.

Höfl-Riesch: Kira Weidle "in Schlagdistanz zur Weltspitze"

Wie sehen Sie die Entwicklung der Speed-Spezialistin Kira Weidle?
Die gefällt mir vom Skifahren her gut. Gerade auf der technisch sehr anspruchsvollen Strecke in Bansko, wo die Technikerinnen ganz vorn dabei waren, ist sie trotz eines großen Fehlers eine super Zeit gefahren. Man sieht, dass sie gut auf dem Ski steht, sich traut und mit sehr viel Engagement fährt. Sie ist zwar nun schon ein paar Jahre dabei, aber auf der einen oder anderen Abfahrt fehlt ihr ein bisschen die Erfahrung und die Coolness. Aber ich denke, dass sie auf einem guten Weg ist. Sie hat sich in den letzten drei Jahren gut vorgekämpft, ist jetzt in Schlagdistanz zur absoluten Weltspitze.

Ein Blick noch auf die Technik-Abteilung, wo Christina Ackermann und Lena Dürr zuletzt mit Top-Ten-Platzierungen überrascht haben...
Das waren auf jeden Fall positive Überraschungen, die ihnen viele nicht mehr zugetraut hätten. Aber die beiden sind schon sehr lange dabei, hatten bereits vor zehn Jahren ab und an tolle Ergebnisse. Wenn das nach all der Zeit nicht irgendwann mal wieder kommt, muss man sich schon die Sinnfrage stellen. Umso schöner, dass es jetzt wieder geklappt hat. Sehr schade dagegen, dass sich Marlene Schmotz so schwer verletzt hat. Sie hatte ja schon ein paar Ausrufezeichen gesetzt.

Insgesamt also Licht und Schatten bei den DSV-Frauen?
Genau. Aber es gab ja auch schon Zeiten, wo fast nur Schatten war.

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