Kommentar zum FC Bayern
Hansi Flick: Bereit für den Blumenstrauß
15. April 2021, 11:30 Uhr aktualisiert am 14. April 2021, 20:37 Uhr
Es war einmal ein ausnehmend netter Mensch namens Hansi Flick. Der war durch die Verkettung einiger glücklicher Umstände Trainer des FC Bayern geworden und trug als solcher maßgeblich dazu bei, dass der Verein lange kein wichtiges Spiel verlor und mehr Titel und Trophäen in einer Saison anhäufte als je zuvor in seiner Klubgeschichte.
Dieses Kunststück gelang Flick - nicht nur, aber auch - , indem er altgedienten Spielern Vertrauen schenkte, die irgendwie zum Inventar des Klubs gehörten, aber dort zu Auslaufmodellen verkommen waren. Thomas Müller ist so einer, Jerome Boateng ein anderer.
2019/20 gewannen Flick und seine Getreuen alles, was es im Vereinsfußball zu gewinnen gibt - in Deutschland, in Europa, in der Welt. Corona verdarb allen zwar so ein bisschen die Laune, aber ansonsten war da alles in allerbester Ordnung beim FCB.
2021 ist Corona natürlich immer noch da. Aber Erd- und Fußball haben sich ein Stück weiter gedreht. Flick, dem bereits nach der Champions-League-Triumphnacht von Lissabon klar gewesen sein muss, dass es auf dem Level kaum weitergehen kann, mahnte frühzeitig Verstärkungen an.
Nun ist es aber nun mal so, dass beim FC Bayern Trainer traditionell als Erfüllungsgehilfen gesehen werden. Die große Linie geben die Herren auf der Chefetage vor, inklusive Kaderzusammenstellung.
Auftritt Hasan Salihamidzic. Der Sportvorstand von Uli Hoeneß' Gnaden wirkt im bayerischen Possenspiel, das seit Wochen im Theater an der Säbener Straße aufgeführt wird, wie der böse Gegenpart zum netten Trainer. Tatsächlich könnte man Salihamidzic' Transferpolitik als permanenten Affront gegen diesen werten: Er holte Spieler, mit denen Flick nicht viel anfangen kann (Odriozola, Sarr, Roca, Costa), vergrämt andere, die Flick gut gebrauchen kann oder könnte (Thiago, Alaba, Boateng, Perisic).
Der Freude Flicks an seinem Job dürfte das alles nicht gerade zuträglich gewesen sein. Oder anders gesagt: So kann man man einen Coach auch vergraulen!
Das mag jetzt arg vereinfacht dargestellt sein, aber: Unterm Strich steht, dass der FC Bayern im Pokal früh gegen einen Zweitligisten ausgeschieden ist und am Dienstagabend im Viertelfinale der Champions League mit Paris einem Gegner den Vortritt lassen musste, den man schlagen hätte können, wenn man ein bisschen besser aufgestellt gewesen wäre.
Einer der Auffälligsten auf Seiten der Münchner beim 1:0 im Pariser Prinzenpark übrigens: Jerome Boateng. Dem hat Salihamidzic bekanntermaßen gerade eröffnet, dass sein Arbeitsverhältnis beim FCB mit Ablauf der Saison endet.
In der Reihe derjenigen, die am 22. Mai vor dem letzten Bundesligaspiel gegen den FC Augsburg mit einem gerahmten Kunstdruck und einem Blumenstrauß verabschiedet werden, dürfte - wenn man die De-facto-Abschiedsworte vom Dienstag richtig deutet - irgendwo neben Boateng auch ein ausnehmend netter Mensch namens Hansi Flick stehen.