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FC Bayern trifft auf Ex-Coach Kovac: Vor allem für Müller ein pikantes Wiedersehen
3. Februar 2023, 18:04 Uhr aktualisiert am 3. Februar 2023, 18:04 Uhr
München - Aufeinandertreffen mit dem Ex-Trainer sind immer delikat für eine Mannschaft. Die Schärfe als Zutat ist durch die gemeinsame Geschichte meist reichlich vorhanden.
Mit Hansi Flick, dem unmittelbaren Nagelsmann-Vorgänger, haben die DFB-Nationalspieler unter den aktuellen Bayern-Profis mit Blick auf die EM 2024 Großes vor. Auf Carlo Ancelotti, ab 2016 lediglich 15 Monate in München tätig, ist man seit dessen Rückkehr zu Real Madrid (2021) nicht mehr getroffen. Ein sicher hochemotionales Duell mit Pep Guardiola und Manchester City kam seit dessen direktem Wechsel 2016 von Bayern nach Nordengland nicht zustande.
Bedauerlicherweise - aber was ja nicht ist, kann ja noch werden in dieser Champions-League-Saison. Zuvor heißt es am Sonntag (17.30 Uhr, DAZN): Niko Kovac gegen den FC Bayern - oder: das pikante Wiedersehen. Vom 51-Jährigen, im November 2019 nach 16-monatiger Tätigkeit an der Säbener Straße trotz eines Doublegewinns entlassen, und seit Saisonbeginn bei den Wölfen, war bereits ein erstes Revanche-Geheul zu vernehmen. Vergangenen Montag vor dem DFB-Pokal-Achtelfinale der Wolfsburger gegen Union Berlin hatte Kovac seinem Ex-Verein einen Seitenhieb verpasst als er sagte: "Es ist momentan leichter, in München zu spielen als in Berlin."
Hochmut kam auch diesmal vor dem Fall: Der VfL verlor in Köpenick mit 1:2, war raus aus dem Cup. Und das Zitat in der Welt. "Unser Ex-Trainer hat sich die Tage ja schon zu Wort gemeldet. Schauen wir mal, was passiert", meinte Bayerns Vize-Kapitän Joshua Kimmich mit Blick auf die Partie in Wolfsburg süffisant. "Das ist für mich keine schlimme Aussage", meinte Nagelsmann am Freitag: "Niko ist ein Wettkämpfer, das bin ich generell auch. Bei Union ist auch nicht so leicht, zu spielen - das haben sie auch gemerkt. Ich sehe das nicht dramatisch." Dennoch gilt für Bayern: Verlieren verboten, sich nur keine Blöße geben gegenüber dem Ex.
Mit der Aussage hat der ansonsten so smarte und wortgewandte Kovac ein Eigentor geschossen. Auch wenn nur noch neun Profis im Bayern-Kader sind, die damals mit dem gebürtigen Berliner mehr schlecht als recht zusammengearbeitet haben, dürfte sich deren Motivation kräftig gesteigert haben. Dabei, so ist aus der Autostadt zu vernehmen, hege Kovac seinerseits im Rückblick keinen Groll, habe keinerlei Rache-Gelüste. "Ich habe verstanden, was passiert ist und es wird mir helfen", sagte Kovac einmal über seine Zeit in München. Beim FC Bayern habe er vor allem gelernt, dass "der Druck in München sehr groß ist". Und: "Man kann nicht alle glücklich machen."
Was ihm in der Causa Thomas Müller zum Verhängnis wurde.
Stichwort Notnagel. "Das wird Kovac ein Leben lang nachhängen", findet Ex-Bayern-Stürmer Mario Gómez. Wie wahr. Als Ur-Bayer und Publikumsliebling Müller unter Kovac im Herbst 2019 zwischen Startelf und Ersatzbank pendelte, erklärte der Kroate den sonst so zuverlässigen Leistungsträger zum Notnagel, sagte wörtlich: "Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen."
Völlig gefrustet liebäugelte Müller ("Es war seltsam für mich, sechs Wochen hintereinander aus der Startelf raus zu sein. Einige Spieler waren müde, ich war fit, habe hart gearbeitet - und war trotzdem nicht dabei") sogar mit einem Vereinswechsel.
Doch dann wurde Kovac nach einem 1:5 bei Eintracht Frankfurt entlassen. Nachfolger Hansi Flick machte Müller sofort wieder zu einem der Führungsspieler, unter Kovacs Co-Trainer gewannen die Bayern das historische Sextuple. "Die Aussage war ein Fehler, ich habe mich falsch artikuliert", erklärte Kovac wenige Monate nach seiner Demission voller Reue. Aus Bayern-Sicht sollen am Sonntag die Wölfe heulen, inklusive Kovac.
"Da zählt es, da müssen wir gewinnen", meinte Kimmich und fügte hinzu: "Wir müssen jedes Spiel gewinnen, jedes Spiel ist wichtig." Und manche eben wichtiger.
Für den Seelenfrieden.