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"Dieses Theater ist bei Sechzig typisch"

Peter Pacult leidet mit den Löwen. In der AZ spricht er über das verlorene Jahr und was ihm Hoffnung auf den Aufschwung macht


"Was mich daran aber stört, ganz unabhängig davon, dass beide Seiten gewiss viele Fehler gemacht haben: die ganzen blöden Kommentare gegen Hasan Ismaik", sagt Löwen-Legende Peter Pacult zum Streit der Sechzig-Gesellschafter.

"Was mich daran aber stört, ganz unabhängig davon, dass beide Seiten gewiss viele Fehler gemacht haben: die ganzen blöden Kommentare gegen Hasan Ismaik", sagt Löwen-Legende Peter Pacult zum Streit der Sechzig-Gesellschafter.

Von Matthias Eicher

AZ: Die Saison ist für Sechzig bereits gelaufen - kein Aufstiegsplatz, keine Quali für den DFB-Pokal. Wie sehr leidet der einstige 1860-Bomber Peter Pacult?

PETER PACULT: Ich leide schon mit, muss ich sagen. Es ist schon eine urkomische Situation: Du bist sensationell gestartet mit den fünf Siegen in Serie. Da hat jeder schon wieder vom Aufstieg gesprochen. Das Umfeld ist bei Sechzig schnell euphorisch. Wobei jeder, der ein bissl mitdenkt, wissen müsste: Nach acht Runden ist noch nie einer aufgestiegen - ich kann mich jedenfalls nicht erinnern.

Die Frage aller Fragen: Aus welchen Gründen hat es auch in der Spielzeit 2022/23 nicht geklappt mit dem Aufstieg?

Wenn man das so genau wissen würde, könnte sich jeder hinstellen und Trainer machen. (lacht)i Die Phase im Herbst, in der es nicht mehr gelaufen ist, war der Anfang vom Ende. Dann kam die Trainerdiskussion auf, so etwas ist nie förderlich. Was soll man dazu sagen? Für die einen hätte der Michael Köllner schon vor der Winterpause entlassen werden sollen, für die anderen sollte er noch Trainer sein. Ich finde: Entweder vor der Winter-Vorbereitung einen klaren Cut machen oder du kannst es bleibenlassen. Aber da soll sich am besten jeder selbst Gedanken machen.

Mit Maurizio Jacobacci ist nun ein neuer Mann am Ruder. Worum geht es jetzt für die Löwen?

Jetzt muss man darauf bedacht sein, die Saison anständig zu Ende zu spielen. Das ist zuletzt ja ganz gut geglückt. Aber es ist schon schade. Es hätte heuer schon anders laufen können. Ich feiere lieber den Aufstieg als einen Sieg gegen Bayreuth.

Prompt sind die Machtkämpfe zwischen Investor Hasan Ismaik und den Vereinsbossen wieder neu entbrannt. . .

Das ist typisch, dass bei Sechzig jetzt wieder große Unruhe herrscht. Was mich daran aber stört, ganz unabhängig davon, dass beide Seiten gewiss viele Fehler gemacht haben: die ganzen blöden Kommentare gegen Hasan Ismaik. Jeder weiß, wo wir stehen würden ohne sein Geld. Und trotzdem wollen immer alle da oben im Konzert der Großen dabei sein. Diese Rechnung geht aber nicht auf.

Unabhängig von der Meinung der Fans: Wie soll sich das Verhältnis der Gesellschafter überhaupt je wieder einpendeln?

Gute Frage. Ich habe oft den Eindruck, dass die Vereinsoberen gegen alles sind, was von Ismaik kommt. Sollen sich doch alle, die gegen ihn sind, hinstellen, ihre Geldbeutel aufmachen und dafür sorgen, dass Sechzig wieder dorthin kommt, wo man hingehört! Aber nein, sie machen alle den Ismaik schlecht, aber einen Plan B haben sie nicht. Dieses Theater ist typisch für Sechzig. Die Gräben sind schon extrem, die kann nur der Erfolg zuschütten.

Trauen Sie Neu-Coach Jacobacci zu, die Löwen wieder in die richtigen Fahrwasser zu lenken?

Ich schaue ja nur von außen drauf, aber er hat es zumindest geschafft, dass die Mannschaft wieder ein bisserl besser Fußball spielt und eine bessere Stimmung reingebracht. Die Hoffnung ist berechtigt, dass man irgendwann wieder aus dem Schlamassel kommt. Die Fans gehen Sechzig zum Glück nicht aus. (lacht)i Aber eines würde ich mir wünschen: Die Löwen brauchen Typen. Das betrifft aber viele Vereine. Diese neue Spielergeneration, da traut sich keiner mehr den Mund aufzumachen. Und wenn, bügeln es die Vereine glatt. Jeder Trainer wünscht sich Spieler, die auf dem Platz und in der Kabine vorangehen. Wenn du Talente hast wie Leandro Morgalla, musst du sie halten, aber auch die Routiniers müssen liefern. Identifikation ist wichtig, erst recht bei Sechzig.

Wir vernehmen Ihren Frust, aber auch ein bissl Hoffnung. . .

Freilich, aber 1860 hat schon wieder ein Jahr Zeit verloren. Ich hoffe, dass es in der nächsten Saison jemanden gibt, der vorangeht. Solange man über Sechzig noch genug redet und liest, lebt der Verein. Die Fangenerationen, die uns noch zujubeln, werden älter und frustrierter. Das kann nicht mehr ewig so weitergehen.