Überblick

Der FC Bayern braucht Neuer noch - und sollte ihn nicht fallen lassen

AZ-Bayern-Reporter Maximilian Koch über Manuel Neuer und die Folgen.


Von Maximilian Koch

Es ist ja unstrittig: Manuel Neuer hat mit seinen Interviews in der "SZ" und bei "The Athletic" egoistische Ziele verfolgt - und damit dem FC Bayern in dieser sensiblen Phase der Saison geschadet. Das ist kaum zu rechtfertigen, erst recht beim Kapitän der Mannschaft - und das unterscheidet Neuers Vorgehen von dem Philipp Lahms im Jahr 2009.

Bayerns früherer Spielführer, wie Neuer ein ruhiger, aber strategisch vorgehender Typ, hatte damals mit seiner Attacke via "SZ" zwar ebenfalls gegen die Vereinsführung geschossen - doch in erster Linie ging es dabei um inhaltliche Kritikpunkte.

Lahm stellte Bayerns Spielphilosophie sowie die Einkaufspolitik in Frage, emotional und persönlich wie Neuer wurde Lahm nicht. Was folgte, war die erfolgreichste Bayern-Ära seit den 1970er-Jahren.

Und nun?

Die Bayern-Bosse Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic werden Neuer mit einer Geldstrafe belegen, die höher als bei Lahm (etwa 50 000 Euro) ausfallen dürfte. Von weiteren Schritten, womöglich sogar von einer Trennung, sollten Kahn und Salihamidzic aber Abstand nehmen. Aus mehreren Gründen.

Neuer wird im März 37 Jahre alt, er fällt wegen seines Schien- und Wadenbeinbruchs noch einige Monate aus, und doch ist diesem extrem ehrgeizigen Torhüter zuzutrauen, dass er ab Juli oder August wieder auf dem Platz steht und sein altes Weltklasseniveau erreicht. Bayern braucht Neuer noch - denn in fittem Zustand ist der Keeper eine Klasse besser als Yann Sommer oder Alexander Nübel, die als mögliche Nachfolger gehandelt werden.

Die Münchner haben den passenden Neuer-Erben bislang nicht gefunden - allein deshalb schon, aus Eigeninteresse, sollten sie ihm den Weg zurück offenhalten. Und da ist ja noch ein anderes Argument: Julian Nagelsmann, die treibende Kraft hinter der Freistellung von Neuers Torwarttrainer und Intimus Toni Tapalovic, muss in den kommenden Wochen mit Erfolgen nachweisen, dass er eine Zukunft als Bayern-Trainer haben kann. Nagelsmann war bereits am Abschied von Robert Lewandowski nicht ganz unbeteiligt - die Auseinandersetzung mit einem zweiten Bayern-Giganten kann er wohl nur gewinnen, wenn er sportlich unantastbar ist.