Abschied vom SSV Jahn

Andi Geipl: "Ich war immer schon ein Kämpfer-Typ"


Verlässt den SSV Jahn nach sechs Jahren: Andi Geipl.

Verlässt den SSV Jahn nach sechs Jahren: Andi Geipl.

Der SSV Jahn Regensburg verliert in diesem Sommer Typen, die den Club in den vergangenen Jahren besonders geprägt haben. Neben Kapitän Marco Grüttner lief am Sonntag auch Andi Geipl das letzte Mal für die Oberpfälzer auf. Sechs Jahre hat er für den Jahn gespielt, dabei Höhen und Tiefen mitgemacht. Im idowa-Interview spricht er über diese Zeit, seine persönliche Entwicklung, die Relegation seines zukünftigen Clubs Heidenheim und die Zukunft des Jahn.

Herr Geipl, das letzte Spiel für den SSV Jahn liegt hinter Ihnen. Wie war der Abschied für Sie?
Andi Geipl: Sehr emotional. Damit sind sechs super Jahre zu Ende gegangen. Ich durfte beim Jahn viel miterleben, die Zeit hat mich sehr geprägt - als Fußballer auf dem Platz, aber auch als Mensch neben dem Platz. Als ich mit dem Abpfiff wusste, dass diese Zeit nun vorbei ist, war es schon sehr emotional.

Gab es bei der Verabschiedung im Mannschaftskreis auch die eine oder andere Träne?
Geipl: Ja, da gab es auf jeden Fall auch Tränen. Besonders, als ich mich von Marco Grüttner verabschiedet habe. Wir zwei haben uns persönlich sehr gut verstanden, unsere Frauen und Kinder verstehen sich super. Aber auch bei anderen, mit denen man viel erlebt hat, war es ein trauriger Moment, dass die Wege nun auseinander gehen.

Ärgert es Sie, dass Ihre Jahn-Zeit mit einer Niederlage zu Ende gegangen ist?
Geipl: Schon ein bisschen. Es wäre natürlich schön gewesen, das letzte Spiel noch einmal zu gewinnen, das wäre das i-Tüpfelchen auf die Saison gewesen. Aber wir haben dennoch unser Saisonziel Klassenerhalt wieder geschafft und können deshalb überglücklich sein.

Was war denn aus Ihrer Sicht ausschlaggebend dafür, dass es zum dritten Mal in Folge mit dem Ligaerhalt geklappt hat?
Geipl: Wir haben als Mannschaft sehr schnell zusammengefunden, nachdem es im Sommer ja doch einen größeren Umbruch gab. Die Neuzugänge haben sich nahtlos eingefügt, bei unserer Mannschaft war es für die Neuen ohnehin immer leicht. Wir haben es auch dieses Mal wieder über den Teamgedanken, über die Mannschaft gepackt. Jeder war für jeden da und auch unsere Mentalität hat uns wieder stark gemacht. Inzwischen ist ja bekannt, dass wir nie aufgeben.

Wie bewerten Sie Ihre persönliche Saison?
Geipl: Zum Ende raus hätte ich natürlich schon gerne öfter gespielt, da bin ich ganz ehrlich. Aber ich konnte es schon auch nachvollziehen. Der Trainer wäre ja dumm, wenn er etwas ändert, wenn es die beiden auf meiner Position gut machen. Dennoch habe ich das letzte Jahr, jede Trainingseinheit und jedes Spiel für den Jahn noch einmal genossen.

Und Sie haben sich erst im letzten Saisonspiel Ihre fünfte Gelbe Karte abgeholt, so kennt man Sie gar nicht. Sind Sie auf Ihre letzten Jahn-Tage noch zahm geworden?
Geipl: (lacht) Es stimmt, ich habe nur fünf Gelbe Karten gesehen, dafür einmal Gelb-Rot. Dass ich zahmer geworden bin, würde ich nicht sagen. Zum einen habe ich diese Saison nicht so viele Minuten gespielt wie in den vergangenen Spielzeiten. Und es ist auch klar, dass sich die Spielweise ein bisschen ändert. Man wird älter und erfahrener, da geht man vielleicht ein bisschen anders in die Zweikämpfe als noch vor ein paar Jahren.

Andi Geipl über seinen Wechsel nach Heidenheim, den schwierigen Start beim Jahn und seine Entwicklung

Jetzt verabschieden Sie sich in Richtung Heidenheim. Was hat dafür den Ausschlag gegeben?
Geipl: Ich habe mich viel mit meiner Frau unterhalten und mir das lange durch den Kopf gehen lassen. Letztlich bin ich in einem Alter, in dem ich nicht mehr viele Möglichkeiten sehe, sich anders zu orientieren und etwas Neues auszuprobieren. Diese Chance wollte ich zu diesem Zeitpunkt in meiner Karriere nochmal ergreifen.

War die Entscheidung also: Nochmal etwas Neues oder dann vielleicht sogar bis zum Karriereende Jahn?
Geipl: Absolut. Wenn es kein Angebot wie das aus Heidenheim gegeben hätte, dann hätte ich sehr wahrscheinlich nochmal langfristig beim Jahn verlängert. Auch das wäre eine super Sache gewesen. In der Stadt und im Verein hat es uns richtig gut gefallen und wir werden das auch vermissen. Wenn man sechs schöne Jahre hinter sich lässt, dann fällt einem das schon auch schwer.

Was versprechen Sie sich nun vom Schritt nach Heidenheim?
Geipl: Dass ich mich sportlich noch einmal weiterentwickle und auch als Mensch einfach nochmal eine neue Umgebung erfahre. Heidenheim hat schon das eine oder andere Mal oben angeklopft. Vielleicht schafft der Club jetzt dann in der Relegation oder in den nächsten Jahren tatsächlich mal den Schritt nach oben.

Wie werden Sie die Relegationsspiele zwischen Heidenheim und Werder Bremen verfolgen?
Geipl: Ich werde sie mir im Fernsehen anschauen und natürlich mitfiebern. Ich hoffe sehr, dass sie es packen.

Wie schätzen Sie von außen die Chancen ein?
Geipl: Es wird schon extrem schwer. Wenn man das Spiel von Bremen gegen Köln gesehen hat, dann hat Werder schon eine brutale Qualität. Aber im Fußball ist nichts unmöglich, was ich nicht zuletzt auch mit dem Jahn erfahren durfte. Wenn sie im ersten Spiel in Bremen ein gutes Ergebnis schaffen, dann traue ich es Heidenheim auf jeden Fall zu.

Wenn Sie sich vor Augen führen, dass Sie vielleicht zu einem Erstliga-Aufsteiger wechseln. Hätten Sie das vor wenigen Jahren für möglich gehalten?
Geipl: Nein, überhaupt nicht. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich bis vor ein paar Jahren nicht mal geglaubt, 2. Liga zu spielen. Das war immer ein Traum für mich, der dann zum Glück mit dem Jahn in Erfüllung gegangen ist.

Gerade Ihre Anfangszeit beim Jahn war ja auch keine leichte mit dem Abstieg im ersten Jahr und Ihrer Kreuzbandverletzung…
Geipl: Richtig. In der Hinrunde der ersten Saison habe ich noch viel gespielt. In der Rückrunde wurde es dann weniger und dann kam auch noch diese Verletzung. Das war eine sehr schwierige Zeit. Da war ich froh, meine Frau zu haben, die mir immer Mut zugesprochen hat und positiv war. Mit Thomas Kurz war damals auch noch ein guter Freund im Team, der mir immer gesagt hat, dass ich nicht aufgeben darf. Das habe ich auch gemacht. Ich war immer schon ein Kämpfer-Typ.

Wie haben Sie sich in den sechs Jahren beim Jahn weiterentwickelt?
Geipl: Vor allem in meiner Persönlichkeit. Das erste Jahr war für mich da, um die Stadt und den Jahn kennenzulernen. Damals war ich ehrlicherweise auch ein bisschen mehr ein Lebemensch, nicht so komplett fokussiert auf den Sport. Das ist jetzt nicht mehr so. Im Alter wird man reifer und auch ein Stück weit intelligenter, da macht man ein paar Sachen nicht mehr (schmunzelt). Ich habe auch gelernt, was einen Profisportler ausmacht und was wichtig ist. Auf Themen wie Ernährung und Schlaf lege ich inzwischen viel mehr Wert.

Andi Geipl: "...da waren wir die Deppen der Nation"

Hand aufs Herz: Als es 2015 schiefging und der Jahn in die Regionalliga abstieg, haben Sie da eine Entwicklung wie in den letzten Jahren tatsächlich für möglich gehalten?
Geipl: Daran geglaubt habe ich immer, auch nach dem Abstieg. Das zeichnet uns beim Jahn auch aus, dass wir an uns glauben. Auch vor dieser Saison sind wir wieder einmal als Absteiger Nummer eins gehandelt worden, weil wir viele Spieler verloren haben. Aber wir haben es wieder allen bewiesen und sind in der Liga geblieben. Ich habe in den letzten Jahren gelernt: Wenn bei jedem einzelnen der Glaube da ist, das Ziel zu erreichen, dann schafft man es auch.

Es ist oft die Rede vom speziellen Jahn-Geist, der schon rund um den Abstieg damals entstanden ist. Können Sie das bestätigen?
Geipl: Ja. Als wir abgestiegen sind, waren wir die Deppen der Nation. Da bekommen wir ein neues Stadion hingebaut und steigen in die Regionalliga ab. Aber die Mannschaft ist schon in der Regionalliga-Saison sehr gut zusammengewachsen. Christian Keller hat den Weg fortgesetzt und Neuzugänge verpflichtet, die charakterlich immer super in die Mannschaft gepasst haben. Die Neuen haben das Jahn-Gen sozusagen schon im Blut gehabt.

Nun verabschiedet sich mit Ihnen ein weiterer Spieler, der den damaligen Tiefpunkt selbst miterlebt hat. Glauben Sie, es wird schwierig, diesen Jahn-Geist auch in den nächsten Jahren weiter bestehen zu lassen?
Geipl: Ich glaube nicht, dass das schwierig wird. Im Fußball kommen und gehen Leute, das ist einfach so. Der Jahn wird auch jetzt wieder Leute holen, die zum Charakter der Mannschaft und des Clubs passen. Die Mannschaft wird diese auch wieder super aufnehmen und integrieren. Es sind immer noch super Charaktere da.

Sie glauben also nicht, dass der Wegfall von Leitfiguren wie Ihnen oder Marco Grüttner der Mannschaft schaden?
Geipl: Nein, das glaube ich nicht. Es werden nun eben andere vorangehen müssen als Mentalitätsspieler. Wenn ich da nur an Spieler wie Benedikt Saller, Alexander Meyer oder Benedikt Gimber denke, dann sehe ich da keine Probleme. Die werden das hinkriegen.

Was nehmen Sie aus der Jahn-Zeit unter dem Strich für sich mit?
Geipl: Es war einfach eine brutal schöne Zeit. Ich habe viel gelernt, Höhen und Tiefen mit dem Club erlebt, das verbindet einfach. Ich habe auch gelernt, mit gewissen Sachen und Situationen umzugehen. Und dann gibt es natürlich noch ganz viele Highlights, die ich nie vergessen werde. Die Relegations-Rückspiele gegen Wolfsburg II und 1860 München zum Beispiel, oder auch unser letztes Drittliga-Spiel gegen Münster. Das werden immer wunderschöne Erinnerungen bleiben. Zudem haben sich in den sechs Jahren auch einige Freundschaften gebildet, die über die Jahn-Zeit und auch über die Fußballkarriere hinaus Bestand haben werden.

Was wünschen Sie dem Jahn für die Zukunft?
Geipl: Dass er den Weg so weitergeht, wie wir ihn die vergangenen Jahre gegangen sind. Ich wünsche ihm ganz viel Erfolg und dass er auch die nächsten Jahre in der 2. Liga bleibt.