Trainer unter Druck
Zweite Saison beim FC Bayern: Neue, alte Probleme für Niko Kovac
10. Juli 2019, 13:29 Uhr aktualisiert am 10. Juli 2019, 13:29 Uhr
Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge setzt Bayern-Trainer Niko Kovac schon wieder unter Erfolgsdruck: "Dieser Klub lechzt nach der Champions League." Der Coach hat aber noch einige andere Baustellen zu bearbeiten.
München - Zehn TV-Kameras und ein bis auf den letzten Platz besetzter Presseraum warteten am Dienstagmittag an der Säbener Straße auf Niko Kovac. Dass seine erste Pressekonferenz der neuen Saison mit Spannung erwartet wurde, konnte der Trainer des FC Bayern nicht zuletzt auch daran ablesen.
Kovac: "Jetzt beginnt alles von vorne"
"Alles, was sehr schön ist, ist ziemlich kurz. Das gilt auch für die fünf Wochen Urlaub, die ich sehr genossen habe", sagte der 47-Jährige, als er auf dem Podium platzgenommen hatte: "Jetzt beginnt alles von vorne." Mit einem Kaltstart für Kovac. Denn für ihn heißt es: Neue Saison, alte Sorgen!
Die letzten Wochen der vergangenen Spielzeit waren für den Trainer ja bereits zu einer Nervenprobe geworden. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hatte ihn mehrmals öffentlich angezählt und unter Erfolgsdruck gesetzt. Mit dem Doublegewinn hielt Kovac dem letztendlich stand.
Wie die "SZ" unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Vertrauten aus Kovacs Umfeld berichtete, soll der Deutsch-Kroate zwischenzeitlich dennoch über einen Rücktritt nachgedacht haben. "Ich bin hier, daher ist die Frage beantwortet", sagte Kovac nur, als er bei der Pressekonferenz damit konfrontiert wurde.
Rummenigge erhöht den Druck
"Alle, die hier im Klub arbeiten, wissen, dass die Ambitionen sehr hoch sind", sagt Kovac: "Deshalb müssen die Ziele genauso definiert werden, wie sie definiert worden sind." Mit Blick auf die kommende Spielzeit sagte Kovac: "Wir wollen das Double verteidigen und international besser abschneiden als letzte Saison."
An das "enttäuschende" Achtelfinalaus in der Champions League erinnerte Rummenigge kürzlich noch einmal, ohne den FC Liverpool, den späteren Champion, als Gegner zu erwähnen. Und pünktlich zu Kovacs erstem öffentlichem Auftritt erhöhte Rummenigge den Druck auf den früheren Frankfurter gleich noch mal.
"Dieser Klub lechzt nach der Champions League", sagte der Bayern-Vorstandsboss im Bundesliga-Sonderheft von "Sport 1". Er habe "den Eindruck, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, diese Trophäe zu gewinnen. Trotzdem: Die Anstrengung Champions League ist immer wieder die 'Benchmark', und das hat weltweit natürlich eine wahnsinnige Ausstrahlung."
Kovac froh über Flick-Transfer
Nichts weniger als der Henkelpott soll also möglichst bald wieder her. Dabei ist die Mannschaft dafür noch längst nicht konkurrenzfähig aufgestellt. Es heißt, man habe durch die Abgänge von James Rodríguez und Mats Hummels, die als Kovac-Kritiker galten, die Position des Trainers gestärkt. In Anbetracht der Abschiede von Franck Ribéry, Arjen Robben und Rafinha wurde die Mannschaft allerdings zunächst auch ziemlich geschwächt. Gerade mal 17 Feldspieler stehen Kovac aktuell zur Verfügung. Darunter die wechselwilligen Jérôme Boateng und Renato Sanches sowie die Talente Fiete Arp und Alphonso Davies.
Hummels habe sich am Saisonende um den "Status quo in der neuen Saison" erkundigt, schilderte Kovac die Vorgänge um dessen Rückkehr zu Borussia Dortmund. Die Antwort lautete: "Niklas Süle hat das fantastisch gut gemacht. Und wir haben mit Lucas Hernández einen Spieler geholt, der 80 Millionen Euro gekostet hat, den wir auf der Innenverteidigung sehen." Ein harter Konkurrenzkampf. "In dem Fall war Mats der Meinung, dass er dem aus dem Weg gehen möchte", sagte Kovac.
Hernández nach Knie-OP im Lauftraining
In Hernández sieht er dagegen einen Spieler "mit hohen Führungsqualitäten, der seinen Stempel aufdrücken und sofort da sein wird". Der 23-Jährige nahm drei Monate nach seiner Knie-OP gestern jedenfalls bereits wieder das Lauftraining in München auf. Und auch die Verpflichtung seines neuen Co-Trainers Hansi Flick sieht Kovac als "ganz, ganz tollen Transfer, der uns gelungen ist".
"Ich glaube erstmal, dass sich ein Trainer der Spielkultur eines Klubs anpassen muss - und nicht umgekehrt", gab Rummenigge seinem Trainer noch mit in die neue Saison. "Am Ende des Tages muss es ein Bayern-System geben, wie es ein Barcelona-System gibt", betonte der Bayern-Boss. "Das sehe ich genauso", sagte Kovac brav. Und erinnerte daran, dass man diese Philosophie nach einem holprigen Herbst in der zweiten Saisonhälfte habe sehen können: "Wir hatten einen hohen Wiedererkennungswert der Marke Bayern München. Aber es geht natürlich immer besser."
Beim FC Bayern wird genau das von ihm erwartet.
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