Youngsters im Fokus
TSV 1860: Michael Köllners Talente-Test bei den Löwen
6. August 2020, 6:11 Uhr aktualisiert am 6. August 2020, 6:11 Uhr
Sechzig-Coach Michael Köllner gibt sich pragmatisch: Mit Blick auf die vielen Junglöwen will er zunächst "prüfen, ob der Kader drittligatauglich ist". Außerdem: Seine Aufstiegsambitionen "bestehen nach wie vor".
München - Wie sich manche Dinge doch gleichen. "Klar mache ich mir Gedanken, wenn ich nur einen Innenverteidiger zur Verfügung habe", schimpfte Daniel Bierofka vor der Saison 2019/20. Mit seiner lauten Kritik machte er sich nicht nur Freunde, bekam seine Wünsche aber erfüllt und Tim Rieder obendrauf.
Michael Köllner hätte vor der Spielzeit 2020/21 wegen Sechzigs verjüngtem Kader auch manchen Grund zur Klage. Auch ein später Rieder-Deal steht erneut zur Debatte - einzig die Herangehensweise ist völlig anders.
"Da kann ich gleich mal eine Frage in die Runde stellen: Kennt jemand Lorenz Kalb?", fragte der Trainer des TSV 1860 im Rahmen der Saisonauftakt-Pressekonferenz, um selbst zu antworten: "Das ist der Vize des deutschen Schaustellerbundes. Von dem habe ich gelernt: Man soll sich nicht mit Problemen beschäftigen, sondern mit Lösungen."
TSV 1860: Der Kader ist noch längst nicht fertig
Das Problem: Sechzigs 23-köpfiger Kader, fast zur Hälfte bestehend aus unerfahrenen Junglöwen, kommt aus finanziellen Gründen ziemlich unfertig daher. Den großen Ambitionen kann Köllner damit schwerlich gerecht werden. Droht gar Abstiegsgefahr?
"Jetzt könnte ich mich hinstellen und sagen, um meinen Arsch zu retten: 'Ich will zehn Neue!' Dass ich mir den ein oder anderen Neuzugang wünsche, ist klar" gesteht Köllner, fügt aber hinzu: "Es ist nicht meine Art, so etwas öffentlich zu fordern." Wohl kein Seitenhieb in Richtung seines Vorgängers, vielmehr stimmige Selbsteinschätzung des konstruktiven Coaches. Vorerst also die einzige Lösung: sämtliche Junglöwen erst einmal entdecken und entwickeln - Köllners Talente-Test.
"Ich kann nur das nehmen, was da ist", sagt der Oberpfälzer pragmatisch und erklärt die Aufgabe als Löwen-Dompteur von vorneherein zur "gewissen Herausforderung", und dass "der Faktor Corona nicht unbedingt in die Karten gespielt" habe. Dennoch verweist Köllner darauf, dass 1860 im Gegensatz zu anderen Teams finanzielle Sicherheit habe, die ihm neben Stützen wie Sascha Mölders, Stefan Lex und Marco Hiller genügend Material aus dem Nachwuchsleistungszentrum zur Verfügung stelle.
Gorenzel macht Hoffnung auf Etat-Erhöhung
Man habe trotz der schmerzhaften Abgänge von Efkan Bekiroglu, Aaron Berzel und Noel Niemann zumindest "einen Großteil der Mannschaft gehalten und mit jungen Talenten aufgefüllt". Nun müsse Sechzig "prüfen, ob der Kader drittligatauglich ist." Heißt für die Talente um Abräumer Ahanna Agbowo (18), Johann Djayo (19) oder Stürmer Lorenz Knöferl (17) trotz zu erwartender Leistungsschwankungen: ab auf die Überholspur. Laut Köllner werde es manches Talent schaffen, selbstredend würden nicht alle Youngster sofort durchstarten.
Ein weiterer Lösungsansatz, der einem zarten Pflänzchen Hoffnung gleicht: Die Giesinger bekommen doch noch irgendwie eine Etaterhöhung hin. Damit würde die Verpflichtung von Rieder und weiteren Spielern in Reichweite rücken. "Natürlich wünsche ich mir, dass Tim bleibt", gesteht Köllner und bezeichnet ihn als "unverzichtbaren Basisspieler." Sechzig tue laut Köllner "alles dafür." Im Optimalfall kommt es zur weiß-blauen Domino-Reaktion: Etaterhöhung, dann laut Köllner "zwei, drei Neuverpflichtungen" - und auch für Rieder wäre eine Perspektive geschaffen.
Seine Zweitliga-Ambitionen will Lösungs-Löwe Köllner nicht begraben: "Die bestehen nach wie vor." Es mache zwar "keinen Sinn, herzugehen und auf Gedeih und Verderb den Aufstieg auszurufen", meint der Chefcoach. Aber ein bisserl wird man ja noch hoffen dürfen - auf vernünftige Entscheidungen auf allen Ebenen.
Lesen Sie auch: Neuzugang Tallig legt bei den Löwen los