Duell der Sechzig-Torhüter
TSV 1860: Michael Hofmann checkt Marco Hiller und Hendrik Bonmann
22. Januar 2020, 6:23 Uhr aktualisiert am 22. Januar 2020, 6:23 Uhr
Hiller vs. Bonmann: Zwei Torhüter mit Qualitäten für die Nummer eins sind Luxus, aber der Druck kann auch hemmen - sagt der ehemalige Löwe Michael Hofmann: "Man muss mental stabil sein."
München -Wenn der TSV 1860 am Sonntag mit dem Heimspiel im Grünwalder Stadion gegen Eintracht Braunschweig (13 Uhr) seinen ersten Auftritt des Jahres hinlegt, kann es bei den Löwen wieder einmal nur einen geben - einen Torhüter, versteht sich. "Im Training schenken sich beide nichts. Der eine hat vielleicht da eine Stärke, der andere woanders", erklärte Trainer Michael Köllner über seine beiden Schlussmänner, "aber das grundsätzliche Niveau von beiden ist sehr hoch, und das ist top." Für einen von beiden Keepern wird der Auftakt in die Restrückrunde also zum Flop. Für Marco Hiller oder Hendrik Bonmann?
Löwen-Legende Michael Hofmann kennt diese Situation nur zu gut aus eigener Erfahrung. Zwei Nummer-eins-Torhüter sind schließlich nichts Neues in Giesing. "Ich habe das selber zig Mal erleben müssen", erinnert sich Hofmann, aktuell beim aufstrebenden Regionalligisten Türkgücü München als Torwart-Trainer angestellt, in der AZ. Mit dem Schlabberhosen-Kult-Keeper Gabor Kiraly und dem ehrgeizigen Talent Philipp Tschauner lieferte er sich einst einen heißen Kampf ums Löwen-Gehäuse.
Hofmann wünscht sich mehr Rückhalt für Stammtorhüter
"Ich habe das damals sehr intensiv erlebt", blickt der 47-Jährige zurück - und meint das nicht nur positiv. Denn die Belastung durch den Dauer-Konkurrenzkampf ist enorm für die Torhüter.
"Man muss schon mental sehr stabil sein für die Nummer-eins-Position", erklärt Hofmann, der sich generell für die Stammtorhüter mehr Rückkhalt wünscht. "Man darf einen Torhüter nicht immer so schnell in Frage stellen." Auch dann nicht, wenn dem Schlussmann mal ein Fehler unterläuft oder er sich verletzt. Aus eigener Erfahrung weiß Hofmann: "Für mich persönlich war es schlimm, wenn ich den Stammplatz verloren habe."
Bestes Beispiel, wie es laufen sollte, laut dem Ex-Löwen: der SC Freiburg. Dort hatte Ersatzkeeper Mark Flekken überragende Leistungen gezeigt, "keinen Fehler gemacht". Trotzdem schenkte Coach Christian Streich seiner etatmäßigen Nummer eins Alexander Schwolow nach dessen Genesung wieder das Vertrauen. Mit Erfolg: "Schwolow hat gegen Mainz eine klasse Leistung gezeigt", sagt Hofmann.
Marco Hiller zahlt Köllners Vertrauen zurück
Bei den Sechzigern ist dagegen der ständige Wechsel zwischen den Pfosten die Konstante. Köllner hatte sich vor der Winterpause für Aufstiegsheld Marco Hiller und gegen den zuvor verletzten Hendrik Bonmann entschieden, der noch unter Daniel Bierofka zur Nummer eins geworden war. Hillers automatische Vertragsverlängerung bei 15 Einsätzen um ein Jahr dürfe laut dem Trainer aber keine Rolle spielen.
Kein Problem, denn der 22-Jährige Hiller rechtfertigte das Vertrauen ohnehin sportlich, wie sein Chefcoach erkannte: "Marco hat den großen Vorteil, sieben Spiele nicht verloren zu haben. Warum soll ich etwas verändern? Für Hendrik ist es brutal hart, für Marco wäre es andersrum genauso." Das kann Hofmann bestätigen: "Wie die Jungs das wegstecken, kann ich nicht sagen. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, das nagt schon an einem."
Duell mit Bonmann: Die Tendenz geht zu Hiller
Im spanischen Trainingslager haben sich beide Schlussmänner von ihrer guten Seite gezeigt. Das einzige Testspiel gegen eine Elf der Gewerkschaft des spanischen Fußballverbands (5:1) bot für jeden Schlussmann 45 Minuten Spielzeit. Ein aufmerksamer Bonmann konnte dabei mit einer Parade einen Hauch mehr überzeugen als Hiller, der ebenfalls eine gute Partie lieferte, aber den einzigen Gegentreffer (ins kurze Eck) kassierte. Vor dem Trainingslager hatte Köllner Hiller einen "Bonus" attestiert, der allerdings stets durch entsprechende Leistungen untermauert werden muss. Auch Hofmann glaubt: "Marco hat sich wenig zu Schulden kommen lassen, er wird wahrscheinlich am Sonntag im Tor stehen."
Dahin tendiert auch Köllner. Der Ex-Dortmunder Bonmann habe "top trainiert", Köllner hatte ihm aber bezüglich seiner Startelf-Chancen eine klare Ansage gemacht. "Er muss so gut trainieren, dass er da ist, wenn Marco eine Schwäche zeigt, wenn er sich verletzt - oder wenn ich denke, wir brauchen einen neuen Impuls", so der Übungsleiter. Bonmanns Problem: "Marco lässt auch nicht nach."
Fazit: Aktuell setzt Köllner auf Hiller, doch in Stein gemeißelt ist das nicht. Oder, wie Hofmann betont: "Auch als Nummer zwei musst du immer bereit sein!"