Nach HSV-Chaos

Neuzugang des FC Bayern: Wie Fiete Arp einst in die Einsamkeit flüchtete


Fiete Arp (M.) nach dem Abstieg des Hamburger SV im Mai 2018.

Fiete Arp (M.) nach dem Abstieg des Hamburger SV im Mai 2018.

Von Bernhard Lackner

Fiete Arp, der zum FC Bayern wechseln wird, hat in jungen Jahren einiges erlebt. Der bittere Abstieg mit dem HSV stellt einst einen Einschnitt dar - und veranlasst Arp zu einer Kurzschlussreaktion, die ihm hilft, zu vergessen.

Hamburg/München - Die Zeit stand still im Hamburger Volksparkstadion an jenem 12. Mai 2018 - im wörtlichen Sinne: 54 Jahre, 261 Tage, 36 Minuten und sechs Sekunden zeigte die Uhr im Stadion des HSV an.

Fiete Arp: "Es war die Hölle"

So lange waren die Rothosen in der Bundesliga, bis das letztlich wohl Unausweichliche endgültig Realität war. Der HSV musste den ersten Bundesliga-Abstieg seiner langen Geschichte hinnehmen. Die Emotionen brachen sich Bahn im weiten Rund - Enttäuschung, Wut, Fassungslosigkeit.

Auch Fiete Arp saß auf der Tribüne an jenem denkwürdigen Tag. "Es war die Hölle. Gerade für mich. Ich saß da oben, habe gezittert und war verzweifelt", erzählte der Neuzugang des FC Bayern gut ein halbes Jahr später dem "HSV-Magazin". Seit seinem zehnten Lebensjahr trägt der Angreifer das Trikot des HSV.

Er ist damit dienstältester Spieler im gesamten Kader. Arp ist nicht nur Angestellter, sondern auch Fan der Hanseaten.

Supertalent beim HSV: Fiete Arp (Mi.).

Supertalent beim HSV: Fiete Arp (Mi.).

Fiete Arp zog sich in Holzhütte zurück

Entsprechend schwer fiel es ihm, das Erlebte zu verarbeiten. "Das hat ewig gedauert. Am Tag nach dem Abstieg saß ich komplett fertig bei den Eltern meiner Freundin auf der Couch", erzählte der heute 19-Jährige. Seine Freundin hatte sich seinerzeit einen Urlaub in Kanada gebucht, der Flug war für den nächsten Tag terminiert.

"Ihr Vater hat dann plötzlich vorgeschlagen, dass ich einfach abhauen und mit ihr mitfahren soll. Ich habe dann innerhalb von einer halben Stunde meine Reise komplett deckungsgleich zu ihrer abgeschlossen", erinnerte sich der Juniorennationalspieler: "Für mich stand fest: Ich muss hier dringend raus!"

Eine Entscheidung, die sich als richtig erweisen sollte. Arp fand dort die dringend benötigte Ablenkung.

Fassungslos: Die Fans des HSV nach dem Abstieg 2018.

Fassungslos: Die Fans des HSV nach dem Abstieg 2018.

"Ich habe vier Tage bei einer deutschen Gastgeberin namens Gaby, die vor 30 Jahren aus Deutschland nach Kanada ausgewandert ist, in einem 'Bed and Breakfast' im tiefsten Wald in einer Holzhütte geschlafen. Gaby kannte zwar den HSV, aber der Klub und der erstmalige Abstieg haben sie überhaupt nicht interessiert", erzählte der Angreifer weiter: "Wir haben uns daraufhin über alles unterhalten - alles außer Fußball. Über Politik, das Leben und Themen, von denen ich gar keine Ahnung hatte."

Fiete Arp: "Sie war wie ein Engel"

Die Gespräche halfen dem damals 18-Jährigen, das Erlebte zu verarbeiten.

"Es war in diesem Augenblick perfekt, mich mit einer bis dato völlig fremden Person so unterhalten zu können. Sie war für mich wie ein Engel in der Not. Genau der Mensch, den ich in diesem Moment brauchte und der nicht ständig Fragen zum HSV gestellt hat", meinte Arp, der vor allem die Umgebung als wohltuend empfand: "Ich saß da abends mit Gaby am See bei 20 Grad und habe mit ihr über Gott und die Welt geredet. Ohne Handy, ohne Internet, ohne TV. Das hat die ganze Situation irgendwie in ein anderes Verhältnis gesetzt."

Für die Fans des HSV ist der in Bad Segeberg geborene Stürmer eine der wenigen Identifikationsfiguren im Klub. Sie schätzen ihn vor allem für seine außergewöhnliche Reife und Bodenständigkeit. Eigenschaften, die er beim FC Bayern brauchen wird.

"Ich werde jetzt nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Darauf achten ich, meine Familie und mein Umfeld sehr konsequent", erzählte er im Sommer 2017 in einem Interview der "Bild" kurz nachdem er mit der renommierten Fritz-Walter-Medaille als bester Spieler seines Jahrgangs ausgezeichnet worden war.

Fiete Arp kommt 2020 nach München

"Ich habe noch immer die gleichen Freunde, viel Kontakt zu den Jungs aus meiner Heimat - und ich sehe auch keinen Sinn darin, daran etwas zu ändern. Ohne diese ganzen Menschen wäre ich nicht da, wo ich heute bin - und ohne sie werde ich auch nicht weiterkommen", meinte der damals 17-Jährige weiter. Bodenständig und reif - Eigenschaften die ihm auch an der Säbener Straße helfen werden, wenn er 2020 nach München wechselt.

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