Marcel Daum im AZ-Interview

Kovac-Insider: "Niko hatte sehr klare Pläne und Vorgaben"


Der Trainer und sein Analyst: Bei Eintracht Frankfurt arbeitete Marcel Daum (r.) unter Chefcoach Niko Kovac.

Der Trainer und sein Analyst: Bei Eintracht Frankfurt arbeitete Marcel Daum (r.) unter Chefcoach Niko Kovac.

Von André Wagner

Christoph Daums Sohn Marcel ist Co-Trainer bei Bayer Leverkusen. Mit der AZ spricht er über seine Arbeit mit Kovac in Frankfurt und das Verhältnis zum Vater: "Total professionell. Ich habe ihn nicht Papa genannt."

München - Marcel Daum (33) arbeitet aktuell bei Bayer Leverkusen als Co-Trainer Analyse unter Chefcoach Peter Bosz. Davor war er als Co-Trainer bei Eintracht Frankfurt beschäftigt, Cheftrainer damals war Ex-Bayern-Coach Niko Kovac.

AZ: Herr Daum, am Samstag (18.30 Uhr,Sky und im AZ-Liveticker) treten Sie mit Bayer Leverkusen beim FC Bayern an. Wie bereiten Sie sich als Co-Trainer Analyse darauf vor?
MARCEL DAUM: In Englischen Wochen bleibt wenig Trainingszeit auf dem Platz, um sich auf den Gegner taktisch-inhaltlich einzustellen. Es ist jetzt eine andere Situation, weil nicht mehr Niko (Kovac; d. Red.) an der Seitenlinie steht, sondern Hansi Flick.

Marcel Daum: "Ein Trainerwechsel erschwert die Arbeit nicht"

Erschwert Ihnen der Trainerwechsel die Arbeit? Mit Niko Kovac haben Sie ja bei Eintracht Frankfurt lange zusammengearbeitet.
Wenn man den Trainer sehr gut kennt, kennt man gewisse Denkweisen. Jeder hat seine eigene Philosophie. Der Trainerwechsel erschwert die Arbeit nicht, er ändert sie etwas. Aber die Qualität des FC Bayern ist nach wie vor genauso hoch. Wir schauen uns jetzt aber natürlich an, wie Bayern bisher unter Hansi Flick agiert hat.

Bayern verteidigt unter ihm höher, spielt aggressiveres Pressing, mehr Ballbesitzfußball. Sind das die größten Unterschiede?
Wir sprechen da über KPIs, leistungsrelevante Faktoren. In unseren Daten können wir sehen, dass Bayern unter Flick höher Druck gemacht hat. Aber ein Trainerwechsel kann auch vieles bewirken, was man nicht unbedingt messen kann. Man sieht beim FC Bayern, dass die Mentalität wieder total spürbar ist.

"Keiner ist unbesiegbar"

Flick ist also die große Unbekannte in der Analyse?
Nein. Wir sprechen immer von einem Charakterprofil des Gegners. Der FC Bayern ist ganz klar eine Ballbesitzmannschaft mit extrem hoher Qualität. Das ändert sich ja nicht. Auch wir sind eine Ballbesitzmannschaft. Beide Teams sind ballaktiv, offensiv und aggressiv. Deshalb freue ich mich sehr auf das Spiel. Wenn man sich mit den Besten misst, sieht man, wo man steht. Keiner ist unbesiegbar. Du musst klug, aber mutig agieren.

So wie Frankfurt mit Ihnen und Kovac beim 3:1 im Pokalfinale 2018 gegen Bayern. War das Ihr bislang größter Erfolg?
Das war schon gigantisch. Als erstes sind die Jungs auf dem Platz an der Reihe. Ein bisschen hat unsere Arbeit vielleicht auch dazu geführt, dass wir den Pokal in den Händen halten durften. Wir haben als Trainerteam die richtigen Schlüsse gezogen. Titel sind schon besonders. Zum Erfolg gehört immer eine gute Chemie im Trainerteam.

Wie war die mit Kovac?
Ich kann es nicht nachvollziehen, wenn nun behauptet wird, dass er in München keinen richtigen Plan gehabt habe. In Frankfurt hatte er sehr klare Pläne und Vorgaben. Niko und Robbie (Co-Trainer Robert Kovac; d. Red.) sind hervorragende Menschen und Trainer, die ihren Weg machen werden. Sie haben mit Bayern zwei Titel geholt, so schlecht kann das also nicht gewesen sein.

Daum: "Ich habe den Bayern nicht abgesagt"

Kovac wollte Sie im Sommer nach München holen. Warum haben Sie ihm und dem FC Bayern abgesagt?
Ich habe den Bayern nicht abgesagt. Ich hatte einen laufenden Arbeitsvertrag und die Pflicht, den zu erfüllen. Das habe ich getan.

Wäre es nicht reizvoll für Sie gewesen, zum FC Bayern zu wechseln?
Gegenfrage: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, bei einem der größten Unternehmen ihrer Branche zu arbeiten, fänden sie das nicht auch reizvoll? Bayern gehört zu den Top Drei der Welt. Aber in Leverkusen habe ich totale Sicherheit bekommen und kann mich auch hier auf hohem Champions League-Niveau weiterentwickeln. Meine Kinder und meine Familie leben hier. Wir fühlen uns hier unheimlich wohl.

Sie waren ja schon als Kind Fan von Leverkusen, als Ihr Vater Christoph Daum Trainer war, richtig?
Ich bin mit Bayer Leverkusen aufgewachsen. Das waren tolle Zeiten damals, mit Ulf Kirsten, Emerson, Paulo Sergio, Zé Roberto, Michael Ballack, Jens Nowotny. Und auch immer spektakuläre Spiele gegen Bayern.

Daum-Sohn: "Meinen Papa habe ich einfach Christoph genannt"

Wie wird man eigentlich Videoanalyst?
Den Begriff dürfen Sie von mir aus gerne streichen. Video ist nur ein kleiner Teil unserer Arbeit. Ich bin Analyst und Co-Trainer, unterstütze Peter Bosz zum Beispiel bei der Gegnervorbereitung, mache auch Sitzungen mit der Mannschaft. Zu dem Beruf bin ich als Quereinsteiger gekommen, ich habe Unternehmensberatung studiert und Juniorenbundesliga gespielt. Über einen Studentenjob beim Kölner Sportslab bin ich dann da so reingeschwommen.

War es dabei mehr Fluch oder Segen, der Sohn von Christoph Daum zu sein?
Der Einstieg in die Branche ist mir vielleicht durch ihn erleichtert worden. Als Sohn von Christoph Daum musste ich mich aber viel mehr beweisen. Ich denke, ich habe nachgewiesen, dass ich auf eigenen Beinen sehr gut klarkomme.

Und wie war die Zusammenarbeit mit ihm als Trainer?
Total professionell. Ich habe ihn nicht Papa genannt.

Sondern? Trainer?
Christoph. Ganz einfach.

Berühmter Vater: Christoph Daum.

Berühmter Vater: Christoph Daum.

Marcel Daum: "Ich fühle mich in der zweiten Reihe sehr wohl"

In Leverkusen sitzen Sie neben Peter Bosz auf der Bank. Sind Sie auch im direkten Austausch mit Bosz?
Klar. Wir nennen das Live-Intervention, versuchen gezielt, Informationen zu filtern, um dem Trainer punktuell Hinweise zu geben. Peter ist ein innovativer Antreiber, ohne den so etwas nicht funktionieren würde.

Zeigen Sie auch bei der Halbzeitanalyse Videos?
Ja, das ist aber stark gefiltert, wir können die Mannschaft und den Trainer da nicht überladen.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus? Erleben wir Sie irgendwann als Cheftrainer?
(lacht) Sag niemals nie. Aber ich fühle ich mich in der zweiten Reihe sehr wohl.

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