Torhüter-Duell beim DFB
Koan Neuer! Warum ter Stegen in der Nationalelf keine Chance hat
9. September 2019, 18:43 Uhr aktualisiert am 9. September 2019, 18:43 Uhr
Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona will Manuel Neuer, Stammtorwart beim FC Bayern München, bei der Nationalmannschaft als Nummer 1 beerben, doch die Wachablösung ist aufgeschoben.
München - Fast sieben Jahre ist es her, dass Manuel Neuer als Nationalkeeper die Hütte so voll bekommen hat wie am vergangenen Freitag beim 2:4 in Hamburg gegen die Niederlande. Für den Bayern-Torhüter war es erst das zweite Mal in 89 DFB-Einsätzen, dass er vier Treffer hinnehmen musste. Das letzte Mal ging in die Geschichtsbücher ein: Aus einem 0:4-Rückstand machte Schweden mit Stürmer-Legende Zlatan Ibrahimovic noch ein 4:4. Zum ersten Mal in ihrer bis dahin 104-jährigen Länderspielgeschichte hatte die DFB-Elf einen 4:0-Vorsprung verspielt - allein: Am Torwart lag's nicht.
Ein halbes Jahr ist es nun her, da schien eine Wachablösung im Tor der Nationalmannschaft nicht mehr undenkbar. Herausforderer Marc-André ter Stegen war nach überragenden Leistungen beim FC Barcelona mit der Kampfansage vorgeprescht, er wolle den "Umbruch auf der Torhüterposition vollziehen" - und wurde von Joachim Löw bestärkt. Der Bundestrainer versprach ihm ein "logischerweise" offenes Duell mit Platzhirsch Manuel Neuer: "Marc wird auf jeden Fall auch ein paar Spiele bekommen."
Ter Stegen darf nur eine Halbzeit gegen Serbien spielen
Was ist seitdem passiert? Ter Stegen durfte in diesem Jahr eine Halbzeit im Test im März gegen Serbien (1:1) auflaufen. In den wichtigen EM-Qualifikationsspielen danach stellte Löw immer Weltmeister Neuer auf. Auch vor der EM-Qualifikationspartie am Montag in Belfast gegen Nordirland (20:45, RTL) legte er sich auf den Bayern-Profi in der Startelf fest. Koa Neuer also im Tor! Der Münchner Keeper bleibt der Platzhirsch.
Geändert hat sich für ter Stegen faktisch nichts. Der 27-Jährige ist in der DFB-Auswahl doch eher eine Nummer "2" als eine "1b", auch wenn Löw beide Torhüter in der "absoluten Weltklasse" einstuft. Neuer genießt als Kapitän und WM-Held von 2014 nach wie vor das Vertrauen des Bundestrainers, zumal der 33-Jährige wieder zu hundert Prozent fit ist und zuletzt in starker Form war.
Ter Stegen will "nicht um jeden Preis" die Nummer 1 sein
Ter Stegen will nur im Training Druck machen, seine versprochenen Einsatzchancen nicht verbal einfordern. "Ich will maximal erfolgreich sein und habe das große Ziel, die Nummer 1 der Nationalmannschaft zu werden, aber nicht um jeden Preis", sagte er im Interview mit "t-online.de", "Fußball ist das eine, aber für mich ist Menschlichkeit das Wichtigste."
Der Ex-Gladbacher, der in der spanischen Presse nach Gala-Auftritten mit Barça als "Wunderkind", "Überflieger" oder "Heiliger Marc" gefeiert wurde, gibt aber zu, dass die Situation "natürlich schwierig" sei: "Du gibst dein Bestes, aber bist nicht da, wo du hin möchtest." Ter Stegen glaubt nicht, dass sein Arbeitsplatz im Ausland ein Nachteil sei. "Ein besseres Argument, als Stamm-Torhüter bei einem der größten Klubs der Welt zu sein, kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen", sagte der Barça-Torwart.
Neuer bleibt wohl auch bei der EM 2020 gesetzt
Womöglich gibt Löw seiner Nummer zwei im nächsten Länderspiel am 9. Oktober in Dortmund gegen Argentinien oder vier Tage später im Qualifikationsspiel bei Außenseiter Estland eine Chance. Doch wenn nichts Ungewöhnliches passiert, bleibt ter Stegen auch bei der EM 2020 nur die Bank. So wie beim WM-Desaster in Russland, als er trotz herausragender Kritiken den damals davor lange verletzen Neuer nicht verdrängen konnte.
"Natürlich erhoffst du dir viel. Umso enttäuschender ist es, wenn der Trainer es dann relativ früh abgrätscht", sagte ter Stegen mal über seine Reservistenrolle bei der WM. Vielleicht muss er bis zu Neuers Karriereende auf das DFB-Trikot mit der Nummer eins warten. Geduld, sagte ter Stegen, "ist Teil des Jobs als Fußballer".
Aber was soll da Bernd Leno sagen? Die Nummer drei im DFB-Team reist ohne Einsatzchancen zu den Lehrgängen. Der Stammtorhüter des FC Arsenal weiß: "Diese Leistungsdichte im Tor gibt es bei keiner anderen Nation auf der Welt."
Lesen Sie auch: Tolisso über CL-Titel: Es ist mal wieder an der Zeit