Messias & Prügelknabe

FC Bayern: Kahn hat etwas, was Salihamidzic nie erreichen wird


Das Führungsduo der Zukunft: Oliver Kahn (l.), ab 2022 Vorstandsboss, und Hasan Salihamidzic, der künftige Sportvorstand.

Das Führungsduo der Zukunft: Oliver Kahn (l.), ab 2022 Vorstandsboss, und Hasan Salihamidzic, der künftige Sportvorstand.

Von André Wagner

Während Oliver Kahn von den Bayern-Mitgliedern gefeiert wird, muss sich Hasan Salihamidzic harter Kritik stellen. Karl-Heinz Rummenigge verteidigt ihn: "Geben Sie Hasan eine Chance. Er verdient sie."

München - Man kann diesen tiefen Respekt, diese Bewunderung und die Wucht jeden Frühsommer spüren, wenn der FC Bayern in der Allianz Arena die Meisterschale überreicht bekommt.

Oliver Kahn DER Gewinner der Jahreshauptversammlung

Die Legenden der Münchner stehen dann auf dem Rasen Spalier, um den Champions der Neuzeit zu gratulieren. Von Giovane Elber bis Luca Toni, von Lothar Matthäus bis Franz Beckenbauer. Doch nur beim Verlesen eines Namens bebt das Stadion wirklich: Oliver Kahn.

"Er war auf dem Platz der 'Titan', und Titan rostet nicht. Dementsprechend können wir uns auf einiges gefasst machen - und die anderen 17 Vereine der Bundesliga." Das sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge am Freitag auf der Jahreshauptversammlung. Gemeint war - natürlich - Kahn, der Anfang 2020 in den Vorstand rückt und am 1. Januar 2022 Rummenigge als Vorsitzenden des Gremiums beerbt.

Auch wenn der Held der Fans am Freitagabend kein einziges Wort sagte, stattdessen staatsmännisch in der ersten Reihe neben Hasan Salihamidzic saß, war er DER Gewinner des Abends. Denn es musste nur der Name Kahn fallen - und schon brach bei den Mitgliedern riesiger Jubel aus.

Kahn, der Messias - Salihamidzic, der Prügelknabe

Einmal mehr zeigte sich: Kahn hat nach wie vor diese natürliche Ausstrahlung, die Aura eines fast übermenschlichen Wesens, die er seinen unglaublichen Leistungen als Torhüter verdankt. Keine andere Bayern-Legende wird vergöttert wie er, der Messias. Dieser Status wird seinen Start als Bayern-Funktionär erleichtern. Auch wenn Uli Hoeneß schelmisch meinte: "Da hast du viel Arbeit, um diese Vorschusslorbeeren zu rechtfertigen."

Kahn wird es leichter haben als Hasan Salihamidzic, der immer noch um Anerkennung bei vielen Fans kämpft. Auch das zeigte der Freitagabend deutlich. Beim letzten Punkt des Abends, den berühmten Wortmeldungen, wurde Bayerns Sportdirektor hart attackiert, teils auf äußerst respektlose Art und Weise.

Brazzo wurde zum Prügelknaben. Ein Mitglied empfahl dem Klub etwa, Salihamidzic ein "Rhetoriktraining" zu verordnen. Aus dem Publikum gab es daraufhin Applaus - aber auch viele Buhrufe und Pfiffe. Die Entscheidung, Salihamidzic zum Sportvorstand (ab Sommer 2020) zu befördern, bleibt beim Fan-Volk umstritten.

Rummenigge: "Geben Sie Hasan eine Chance. Er verdient sie"

Nicht aber bei den Bossen. "Er ist ein Mensch mit Visionen für den Kader, für die Entwicklung der Spieler und für die Entwicklung der Mannschaft. Er gibt jeden Tag hundert Prozent für den FC Bayern", schwärmte Rummenigge von Salihamidzic - und hob auch dessen Aufgaben im Nachwuchsbereich hervor: "Er ist ein junger Mensch. Es gibt für den Job keine Uni, die dich darauf vorbereitet. Man muss vom ersten Tag schwimmen und das tut Hasan. Er ist ein guter Mitarbeiter und er verdient unser Vertrauen." Salihamidzic habe "nur eins im Sinn: Wohl und Wehe des FC Bayern", sagte Rummenigge. "Und wenn ich sehe, dass seine Rhetorik kritisiert wird, gebe ich zu bedenken: Deutsch ist nicht seine Muttersprache. Ich bitte Sie, geben Sie Hasan eine Chance. Er verdient sie."

Hoeneß sieht es genauso. Die Beförderung Brazzos war seine letzte wichtige Amtshandlung als Präsident. Die Mitglieder-Kritik - auch an Salihamidzic - verärgerte ihn extrem. Hoeneß wird seine Vertrauten weiter "wie eine Glucke" verteidigen, kürzlich rief er schon im "Doppelpass" von Sport1 an, um Salihamidzic zu schützen.

Wichtige Rückendeckung - sagen die Brazzo-Fans. Kahn hätte so etwas nicht gebraucht - sagen die, die dem Sportdirektor skeptisch gegenüberstehen.

Lesen Sie hier: FC Bayern - Warum Hoeneß auch jetzt nicht leise sein kann