Die verrücktesten Bayern-Spiele der Geschichte
FC Bayern gegen Werder Bremen: König Ottos Thronsturz
7. April 2020, 11:24 Uhr aktualisiert am 7. April 2020, 11:24 Uhr
AZ-Serie "Bayerns verrückte Liga-Spiele". In diesem Teil geht es um Werder Bremen - und wie Mehmet Scholl & Co. ihrem zukünftigen Trainer Rehhagel die Meisterschaft kaputtmachen.
Wer an legendäre Duelle zwischen dem FC Bayern und Werder Bremen denkt, landet gedanklich am Pfosten. Und bei Michael Kutzop, dem tragischen Elfmeter-Fehlschützen vom April 1986. Der Werder-Profi hatte am 33. Spieltag die Meisterschaft in der Nachspielzeit auf den Fuß, und "hört heute noch, wie der Ball an den Pfosten klatscht".
Bayern-Torhüter Jean-Marie Pfaff wäre chancenlos gewesen. Es blieb beim 0:0, eine Woche später überholten die Münchner die Grün-Weißen, wurden Meister. Einige Male in der Bundesliga-Historie spitzte sich die Entscheidung um die Schale in den letzten Stunden einer gesamten Saison auf das Nord-Süd-Duell zu.
1995: FC Bayern empfängt SV Werder
Die Besonderheit am 34. Spieltag der Saison 1994/95: Bayern empfängt am 17. Juni 1995 im Olympiastadion Tabellenführer SV Werder, kann aber selbst nicht mehr den Titel holen. Der Rekordmeister klebt als Sechster in der Tabelle fest, keine Chance auf Rang fünf und die direkte Qualifikation für den Uefa-Cup. Der italienische Startrainer Giovanni Trapattoni ("il Maestro") konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Nach nur einer Saison hatte er bei seiner ersten Auslandsstation fertig, die Mannschaft kickte in der Kategorie "Flasche leer".
Der legendäre Pressekonferenz-Wutausbruch fand erst im März 1998 statt, wäre aber schon früher angebracht gewesen. Trotz der prominenten Neuzugänge Oliver Kahn, Jean-Pierre Papin und Alain Sutter ging nichts - und gegen Werder ging's für die Bayern um nichts.
Otto Rehagels letzter Einsatz als Werder-Trainer
Nein, nicht ganz. Die Herren Profis des Rekordmeisters wollen es einem zeigen: Otto Rehhagel, der Werder-Legende. Die Partie in München - das letzte Mal auf der Trainerbank nach 14 (!) Jahren. Der Wechsel an die Säbener Straße steht bereits fest. Ein Erfolg gegen seine künftige Mannschaft und Rehhagel geht endgültig als König Otto III. (bereits Meister mit Werder 1988 und 1993) in die Geschichte ein. Doch die Schüler in spe spielen gegen ihren neuen Lehrer groß auf, gewinnen total verdient mit 3:1.
Vor allem Mehmet Scholl, den Rehhagel im Jahr darauf auf die Tribüne verbannen wollte (was Präsident Franz Beckenbauer verhinderte) legt alle drei Treffer auf. Einen für Christian Ziege (14.), zwei für Alexander Zickler (41./78.). Mario Baslers Elfertor zum zwischenzeitlichen 1:1 (39.), das ihm immerhin mit 20 Treffern die Torjägerkanone sichert, hilft Werder nicht. Weil Borussia Dortmund zeitgleich beim Hamburger SV gewinnt, krönt sich Schwarz-Gelb mit einem Punkt Vorsprung zum Meister.
Otto ist bedient. "Trap" wird, weil als Mensch überaus geschätzt, von seinen Spielern und der Südkurve gefeiert, es fließen Tränen. Nach einem kurzen Intermezzo bei Cagliari Calcio, wo er zum ersten Mal in seiner Karriere entlassen wird, kehrt Trapattoni 1996 nach München zurück.
Mehmet Scholl: "Rehagel oder ich"
Rehhagels Zeit in München war geprägt durch Irrungen und Wirrungen, ein ganz großes Missverständnis. Die vermeintliche Traum-Ehe endete bereits nach 30 Bundesliga-Spieltagen und trotz eines Startrekords von sieben Siegen. Scholl meuterte: "Fakt ist, wir spielen seit acht Wochen und haben noch immer keine Taktik. Ich ziehe das konsequent durch: Rehhagel oder ich. Jetzt tut's einen Schlag. Wenn sie mich rausschmeißen, ist es mir auch wurscht. Dann gehe ich."
Er blieb. Otto wurde gestürzt. Übrigens: Nur dank des Pokalsieges von Borussia Mönchengladbachs erreichte Bayern 1995 überhaupt den Uefa-Cup, den man dann 1996 unter Interimstrainer Beckenbauer gewann. Solche Geschichten schreibt nur der - genau: der Fußball.
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