Die Kovac-Erben
FC Bayern: Flick, Gerland und Klose - dieses Trio soll es nun richten
4. November 2019, 18:41 Uhr aktualisiert am 4. November 2019, 19:10 Uhr
Der Assistenz-Coach übernimmt nach dem Ende der Amtszeit von Niko Kovac die Bayern-Mannschaft. Hermann Gerland wird sein Co-Trainer.
München - Es war eine dieser Szenen, die tief in die Seele von Flick, dem ewigen Hansi, blicken ließ. Am 5. Oktober saß Bayern-Star Javi Martínez vor dem Spiel gegen Hoffenheim wie das sprichwörtliche Häufchen Elend auf der Ersatzbank, die sein Stammplatz geworden war. Martínez hatte mit den Tränen zu kämpfen. Da kam Flick, nahm den stolzen Spanier in den Arm, baute ihn auf. Wo Flick ist, menschelt es in dem manchmal unmenschlichen Profigeschäft Fußball. Dementsprechend angesehen ist der 54-Jährige, der seit 30 Jahren mit seiner Silke verheiratet ist und mit ihr zusammen zwei Töchter hat, bei Spielern und Bossen des FC Bayern. Er hat eine integrative Kraft.
Hansi Flick, der Star-Flüsterer
Es ist Flicks Werk. Da, wo Niko Kovac, der seit Sonntag das Wort Ex vor die Berufsbezeichnung Bayern-Coach setzen muss, oft nicht den richtigen Tonfall fand, Spieler wie Thomas Müller ("Wenn Not am Mann ist") und Anhänger ("Frankfurt hat die besten Fans der Liga") verprellte, ist Flick ein Star-Flüsterer.
"Hansi ist superkorrekt. Er ist angenehm, anständig. Er ist offen und verschlossen zugleich. Man kann sich ihm anvertrauen. Er ist ein guter Mensch. Das war er immer", sagte Bayerns Torwart-Ikone Jean-Marie Pfaff, der mit Flick von 1985 bis '88 bei Bayern zusammengespielt hat, der AZ, "er hat große Fähigkeiten und auch Erfahrungen. Als Trainer und Mensch." Diese sogenannten Soft Skills sind bei den Bayern jetzt gefragt. Es gilt die Gräben, die zwischen Mannschaft und Kovac entstanden sind (siehe S. 17), aufzufüllen und die großen Egos wieder zu Mannschaftsdienern zu machen. Es geht um Psychologie im Sozialgeflecht Mannschaft.
Hansi Flick: Lobende Worte von Jogi Löw
"Er hatte eine gute Art. Er war bei den Spielern und Betreuern höchst akzeptiert. Vor allem aufgrund seiner Kompetenz und seines Umgangs mit Menschen", sagte Bundestrainer Joachim Löw, dessen treuer Zuarbeiter Flick bei der Nationalelf von 2006 bis 2014 war. Eine Zusammenarbeit, die im Gewinn des WM-Titels 2014 gipfelte.
Ein Menschenversteher muss er nun wieder sein. Für die Bayern geht's am Mittwoch in der Champions League gegen Olympiakos Piräus und am Samstag in der Liga gegen Dortmund darum, die Weichen in Richtung erfolgreiche Zukunft zu stellen. Flick, der über sich sagt, dass "er keiner ist, der dauernd in der ersten Reihe stehen muss", ist als Krisenmanager gefragt - und gefordert. Den Job hat er in der Nationalmannschaft auch schon mal übernommen. Das war im EM-Viertelfinale 2008, als er als Chef fungieren musste, weil Löw eine Sperre abzusitzen hatte. Die DFB-Elf siegte 3:2 gegen Portugal.
Gerland und Klose werden Co-Trainer
Und Flick bekommt tierische Unterstützung. Bayern-Urgestein Hermann Gerland, genannt Tiger. Der 65-Jährige wird Co-Trainer von Flick. Gerland, der seit 2017 als sportlicher Leiter dem Nachwuchsleistungszentrum vorsteht, war bereits Assistenz-Trainer unter Jupp Heynckes, Louis van Gaal, Carlo Ancelotti und Pep Guardiola. "Er ist sehr erfahren. Er kennt die Mannschaft, er kennt die Abläufe, er kennt den gesamten FC Bayern. Deshalb war es mein Wunsch, mit ihm zusammenzuarbeiten", sagte Flick.
Und nun? "Ich traue Flick zu, dass er auch Cheftrainer bei Bayern sein kann. Aber er muss wissen, ob er das will", sagte Pfaff. Er kann hier 20 Jahre Co-Trainer sein - oder Chefcoach. In der Position weiß man im Fußballgeschäft aber nie, wie lang das funktioniert."
Und auch der zweite Mann an Flicks Seite hat eine Bayern-Vergangenheit. Nach Informationen des "Spiegel" soll Miroslav Klose, aktuell Trainer der U17-Mannschaft der Bayern, neben Gerland der zweite Co-Trainer werden. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass die Bayern mit diesem Trio mindestens bis zur Winterpause, wenn nicht sogar länger planen.
Kontakt mit ten Hag - Kommt Allegri?
Der neue Trainer muss sich bei Bayern seinen Platz erkämpfen. Er muss den Charakter, aber auch das Selbstverständnis haben, sich gegen Alphatiere wie den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge durchzusetzen. Er darf sich nicht reinreden lassen. "Das ist wie beim Auto. Am Ende kann nur einer am Steuer sitzen", sagt Pfaff: "Flick kann das, wenn er es will."
Aber wollen auch die Bayern? Angeblich wurde schon der frühere Münchner Trainer Erik ten Hag, der aktuell mit Ajax Amsterdam für Furore sorgt, kontaktiert, auch Ex-Juve-Coach Massimiliano Allegri brodelt in der Gerüchteküche hoch.
Doch manchmal heißt es eben auch: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?
Lesen Sie hier: Nach dem Kovac-Aus beim FC Bayern - Diese Spieler müssen jetzt liefern
Lesen Sie hier: Medien - Lewandowsi droht Leisten-Operation