Joachim Löw fehlt bei Quali-Spielen
DFB-Team: Ersatz-Bundestrainer Marcus Sorg - Der Telefonseel-Sorg
8. Juni 2019, 8:28 Uhr aktualisiert am 8. Juni 2019, 8:28 Uhr
Ersatz-Bundestrainer Marcus Sorg spricht per Handy alles mit dem verletzten Joachim Löw ab. Dessen Auftrag: Sechs Punkte in der EM-Qualifikation.
München/Minsk - Es gibt da diesen Spruch. Wer nach 2012 geboren wurde, hat nie einen anderen Meister als den FC Bayern erlebt. Oder so: Wer nach der WM 2006 auf die Welt kam, keinen anderen Bundestrainer als Joachim Löw.
Und: Aus dem Kreis der aktuell 22 nominierten Spieler hat nicht mal Kapitän und Senior Manuel Neuer (33) bei der Nationalelf einen anderen Chef gehabt.
Bierhoff bezeichnet Löw als "Vollblut-Trainer"
Löw, der ewige Jogi, fehlt beim anstehenden Doppeltermin der EM-Qualifikation, erstmals. Wegen einer Arterienquetschung und daraus resultierenden Durchblutungsstörungen, Nachwirkungen eines Unfalls im Fitnessstudio, soll sich der 59-Jährige zu Hause schonen. Also sind an diesem Samstag beim Spiel in Borissow gegen Weißrussland (20.45 Uhr, RTL live) alle Augen auf seinen Stellvertreter gerichtet: auf Marcus Sorg, seit drei Jahren Löws Assistent.
Laut DFB-Direktor Oliver Bierhoff ist der 53-Jährige ein "Vollblut-Trainer, der eigene und klare Ideen hat, stets ein wahrer Teamplayer ist". Hauptberuflich seit 20 Jahren. Der studierte Bauphysiker betrieb einst, noch während seiner Spielerkarriere, ein Ingenieurbüro. Er kennt das Puzzlespiel, eine Mannschaft zu bauen und zu führen.
Sorg: Trainer? "Hatte eigentlich nie das Ziel"
"Ich bin es gewohnt, vor einer Gruppe zu reden, Training durchzuführen und Entscheidungen zu treffen", sagt Sorg, der Schwabe. Seine Wurzeln liegen in Ulm, der Geburtsstadt von Uli Hoeneß. Im Stadtteil Söflingen, 11 000 Einwohner, begann Sorg als Fünfjähriger bei der örtlichen Turn- und Sportgemeinde, wechselte mit zwölf Jahren zum SSV 1846.
Mit 18 gelang dem Stürmer mit den Ulmern der Aufstieg in die Zweite Liga, dann stockte die Karriere. Er wechselte zu den Amateuren des VfB Stuttgart, begann parallel sein Studium. Nach Stationen in Ditzingen und beim VfR Mannheim beendete er 1999 seine Karriere, machte die Trainerscheine. "Ich bin wie die Jungfrau zum Kinde Trainer geworden, hatte eigentlich nie das Ziel", erinnert sich Sorg.
Zufälle machen Karrieren. Während der Prüfungsphase wurde er angesprochen. Sorgs erste Stationen als Coach: Stuttgarter Kickers, Ditzingen, SB Heidenheim, SSV Ulm - sein Büro behielt er da noch. 2008 der entscheidende Karriereschritt mit dem Wechsel zum SC Freiburg: Scout, U17-Trainer, Coach der Amateurmannschaft. Im März 2011 die Beförderung zum Cheftrainer der Profis.
Seit drei Jahren bei Löw im Trainerteam
Mit mäßigem Erfolg. Kurz vor Silvester desselben Jahres war der SC Tabellenletzter, Sorg musste gehen. Sein Nachfolger: Christian Streich, bis heute im Amt. Die Arbeit im Nachwuchsbereich war eher Sorgs Ding. Über die U17 des FC Bayern landete er 2013 als U19-Coach beim DFB.
Vor drei Jahren holte ihn Löw in seinen Stab. Und plötzlich steht er im Rampenlicht von Minsk. Erstmals seit 1974 fehlt ein Bundestrainer wegen Krankheit. Damals wurde Helmut Schön von Assistent Jupp Derwall vertreten. Beim 1:0 auf Malta setzte Derwall, ab 1978 Schöns Nachfolger, gleich mal sechs Debütanten ein.
"Im Endeffekt hat der Bundestrainer das letzte Wort"
Sorg wird alles absprechen mit Löw, der nach seinem Klinikaufenthalt wieder zu Hause in Freiburg ist. Telefonjoker Jogi hat jedoch mehr als 30 Sekunden Zeit zur Beantwortung der Fragen. "Im Endeffekt hat der Bundestrainer das letzte Wort", berichtete Sorg - wohl wissend über die letzte Instanz bei Aufstellung und Taktik.
Der Stellvertreter will mit den beiden Spielen (am Dienstag in Mainz gegen Estland) keine Bewerbung für den Cheftrainer-Posten abgeben. Sorg will nicht dauerhaft in die vorderste Reihe, beteuerte: "Joachim weiß, dass er sich darauf verlassen kann. Das muss ich nicht versprechen." Denn Sorg ist auch nur ein Neun-Tage-Trainer. Mit der Pflicht, sechs Punkte zu gewinnen.
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