AZ-Interview

Bayern-Legende Giovane Elber: "Die Kritik an Kovac ist zu hart"


Giovane Elber spielte von 1997 bis 2003 für den FC Bayern.

Giovane Elber spielte von 1997 bis 2003 für den FC Bayern.

Von Sven Geißelhardt

Bayern-LegendeGiovaneElber spricht über das mögliche Double, den Trainer in der Schusslinie, den Abschied von Ribéry und Robben sowie Kumpel Pizarro: "Er war nicht nur der Schönling auf dem Platz."

München - Der 46-jährige Brasilianer Giovane Elber stürmte von 1997 bis 2003 für den FC Bayern. Heute ist er als Markenbotschafter für den Verein tätig.

AZ: Herr Elber, noch zwei Spiele stehen für den FC Bayern an. Klappt's für Ihren Ex-Klub mit dem Double?
GIOVANE ELBER: Es sieht gut aus. Aber wir haben letzte Saison im Pokalfinale gegen Frankfurt eine bittere Niederlage kassiert. Da hat man gesehen, was möglich ist. Zu 100 Prozent sicher bin ich mir nicht. Ich hoffe es natürlich.

Präsident Uli Hoeneß würde Trainer Niko Kovac die Note "Eins minus" geben, wenn das Double gelingt. Sie auch?
Wenn man zwei Titel holt, muss man Niko Kovac eine gute Note geben. Aber natürlich hat man beim FC Bayern erwartet, dass in der Champions League mehr möglich ist als das Achtelfinale. Das haben wir verpasst gegen Liverpool. Für einen Trainer sind das Momente, die er für seine Entwicklung braucht. Kovac ist noch jung, das ist ein Lernprozess. Wenn er in seiner ersten Saison bei Bayern zwei Titel holt, ist das gut. Es hat nur die Champions League gefehlt. Und man weiß ja, wie schwer dieser Wettbewerb ist. Da muss alles passen.

Robben und Ribéry: Letzte Spiele für den FC Bayern

Es gibt immer wieder Kritik, dass Bayern offensiv nicht attraktiv genug spielen würde. Zu Recht?
Ich finde, die Kritik ist zu hart. Ich habe von Giovanni Trapattoni gelernt, dass es am wichtigsten ist, die Spiele zu gewinnen - egal wie, auch mal 1:0, 2:1, 3:2. Dann holt man auch Titel. Schönspielerei bringt gar nichts, wenn man am Ende nichts gewinnt.

Für Arjen Robben und Franck Ribéry sind es die letzten Spiele im Bayern-Trikot. Kommt da Traurigkeit bei Ihnen auf?
Und wie, und wie! Als Fußballer weiß man, dass die Karriere irgendwann zu Ende geht, wenn man ein gewisses Alter erreicht hat. Das ist hart, aber so ist das Geschäft. Franck und Arjen wissen, dass der FC Bayern immer für sie da sein wird.

Welche Bedeutung haben Robben und Ribéry in der Bayern-Historie?
Was sie alles gewonnen haben, ist Wahnsinn. Die letzten zehn Jahre waren sehr erfolgreich, sie haben alle Titel geholt, auch die Champions League. Es war sehr schön mit Robben und Ribéry. Ich werde die beiden sehr, sehr vermissen.

"Ich kann mir Timo Werner gut bei Bayern vorstellen"

Hat Bayern mit Serge Gnabry und Kingsley Coman schon die richtigen Nachfolger im Team?
Bis jetzt schlagen sich die beiden sehr gut. Aber man darf nicht nach ein, zwei Saisons sagen, dass die beiden so gut wie Robben und Ribéry sind. Das ist diesen Legenden gegenüber unfair, sie haben über zehn Jahre ihre Leistung gebracht. Mir gefällt aber vor allem die Entwicklung von Gnabry. Wie intelligent er auf dem Spielfeld agiert, beeindruckt mich. Er schießt nicht nur Tore, er bereitet auch viele vor. Ich denke, er ist schon weiter als Coman, der immer wieder von Verletzungen gestoppt wurde. Aber der Junge ist saugut, der lernt das noch.

Timo Werner wird als Verstärkung für die neue Saison gehandelt. Wie sehen Sie ihn?
Ich kann mir Timo Werner gut bei Bayern vorstellen. Natürlich würde er sich nicht gern auf die Bank setzen, da gibt sich ein Stürmer wie er nicht zufrieden.

Könnten Werner und Robert Lewandowski denn zusammen im Sturm spielen?
Es hängt natürlich vom Spielsystem ab. Ich habe immer gerne mit zwei Stürmern gespielt. Das war für mich einfacher, weil ich mehr Doppelpässe spielen konnte und sich die Abwehr nicht nur auf einen Stürmer konzentriert hat.

Spannendes Aufeinandertreffen von Werner und Lewandowski

Im Pokalfinale treffen Werner und Lewandowski nun direkt aufeinander.
Das wird spannend. Timo zeichnet vor allem die Schnelligkeit aus. Er braucht Räume, um seine Läufe zeigen zu können. Er ist das Gegenteil von Lewandowski, der sich auf engem Raum gut bewegen kann und die Nase hat, im Strafraum das Tor zu treffen.

Ihr Freund Claudio Pizarro zählt mit 40 immer noch zu den gefährlichsten Angreifern der Liga. Wie macht er das?
Ich habe Claudio letzte Woche beim Essen hier in München getroffen. Er sah verdammt gut aus, erholt und fit. Claudio hat in dieser Saison bewiesen, dass er noch seine Tore schießt. Er war nicht nur der Schönling auf dem Platz (lacht). Ich habe ihn gefragt, wie er das macht. Bei mir war das so mit 35, dass ich irgendwann keinen Bock mehr hatte. Bei Claudio ist das anders. Er hat mir gesagt: "Es macht mir immer noch Spaß, mit den Jungs zu trainieren. Wenn ich noch ein, zwei Jahre spielen kann, mache ich das gerne."

Was ist Pizarros Fitnessgeheimnis?
Er hat die Ernährung umgestellt. Früher hat Claudio alles gegessen, was es gibt, auch mal Burger. Aber jetzt passt er genau auf, was er zu sich nimmt. Ich könnte das nicht.

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