AZ-Interview

Back-up für Lewandowski: Olaf Thon bringt Ibrahimovic ins Spiel


Spielt derzeit in den USA: Zlatan Ibrahimovic.

Spielt derzeit in den USA: Zlatan Ibrahimovic.

Von Bernhard Lackner

Olaf Thon spricht im AZ-Interview über den Wunschspieler des FC Bayern. "Er kommt Ribéry und Robben schon sehr nahe", sagt er - und bringt Zlatan Ibrahimovic als Backup für Robert Lewandowski ins Spiel.

Olaf Thon spielte zwischen 1983 und 1988 und zwischen 1994 und 2002 für den FC Schalke 04 - den Ex-Klub von Bayerns Wunschspieler Leroy Sané. Im Interview spricht der Weltmeister von 1990 über die Qualitäten des Flügelstürmers und hat für die Münchner einen Tipp als Lewandowski-Backup.

AZ: Herr Thon, die deutsche Nationalelf tritt in der EM-Qualifikation am Samstag (20.45/RTL) in Weißrussland und am Dienstag (20.45 Uhr/RTL) gegen Estland an. Allerdings ohne Bundestrainer Joachim Löw. Schiefgehen wird aber trotzdem nichts, oder?
OLAF THON: Das ist schon eine komische Geschichte. Solche Dinge passieren, ich hoffe, dass Jogi Löw schnell wieder gesund wird. Er hat gute Assistenten mit Marcus Sorg und Andreas Köpke, die genau wissen, was sie zu tun haben. Oliver Bierhoff ist ja auch noch da. Sie werden also nicht führungslos sein. Und durch den Sieg gegen die Holländer hat man jetzt auch eine breitere Brust. Von daher müsste man die beiden Spiele eigentlich gewinnen. Wobei der Termin für die Länderspiele am Ende der Saison schon sehr unglücklich ist.

Thon: Robbéry "kann man nicht eins zu eins ersetzen"

Inwiefern?
Ich habe das selber mitgemacht. Wir haben früher auch immer Reisen nach der Saison gemacht, zum Beispiel nach Südamerika. Die Regenerationszeit für die neue Saison ist für die Nationalspieler kürzer und von daher problematisch. Jetzt muss man es eben so nehmen. Länderspiele sind immer Highlights und Feiertage. So müssen die Nationalspieler auch an diese Situation rangehen. Es geht ja auch darum, sich zu qualifizieren. Wenn wir die beiden Spiele gewinnen würden, dann sind wir mit einem Bein schon bei der EM.

Ein Nationalspieler steht aktuell besonders im Fokus, weil der FC Bayern offensiv um ihn wirbt: Leroy Sané. Wäre er der perfekte Nachfolger für Franck Ribéry und Arjen Robben?
Die Bayern wünschen sich das. Robben und Ribéry in Höchstform kann man eigentlich nicht eins zu eins ersetzen. Leroy Sané kommt dem aber schon sehr nahe. Die Frage ist nur, ob er noch Steigerungspotenzial hat, auch mehr Verantwortung zu übernehmen und nicht mehr diese Leistungsschwankungen zu haben. Pep Guardiola hat ihn bei Manchester City ja nicht umsonst des Öfteren auf die Bank gesetzt, und Jogi Löw hat ihn auch nicht umsonst 2018 nicht mit zur WM genommen. Trotzdem ist Sané ein Riesenfußballer, den jeder haben möchte. Ich bin nur gespannt, wo die finanzielle Schmerzgrenze der Bayern liegen wird. Ich bezweifle, dass sie mehr als 100 Millionen Euro für ihn zahlen würden.

Ist Sané aus Ihrer Sicht 100 Millionen Euro wert?
Ich würde 100 Millionen ja eher in Ronaldo investieren. Bei ihm hat man gesehen, was er bewegen kann. Auch Zlatan Ibrahimovic ist, obwohl er bereits 37 ist, nach wie vor ein Spieler, für den man richtig tief in die Tasche greifen kann. Er könnte noch in jeder Spitzenmannschaft der Welt spielen. Warum nicht als Back-up für Lewandowski bei Bayern? Leroy Sané war nicht der absolute Stammspieler und es gibt ein kleines Restrisiko, weil er noch nicht so die Führungspersönlichkeit ist. Die Frage ist, ob er eine Mannschaft führen kann, so wie das Robben und Ribéry gemacht haben.

Thon: Leroy Sané ist in Manchester nicht ganz zufrieden

Sie kennen Papa Souleymane Sané gut. Wäre Bayern für seinen Sohn überhaupt eine Option nach ManCity?
Ich kann mir vorstellen, dass Leroy diesen Schritt gerne machen würde. Er ist mit seiner Rolle bei City ja nicht ganz zufrieden. Da ist möglicherweise ein Wechsel das Beste, um den nächsten Schritt zu machen. Zu Bayern zu gehen, wäre kein Rückschritt, sondern eine Win-win-Situation für alle Seiten: für die Nationalelf, für Bayern, für Leroy. Deshalb drücke ich Bayern die Daumen, dass sie ihn bekommen. Ich habe Souleymane auch gesagt, dass ich ihn gerne wieder in Deutschland sehen würde. (lacht)

Ist Sané der Mann, der die Nationalmannschaft in den kommenden Jahren prägen kann?
Da gibt es auch noch mehrere andere junge, talentierte Spitzenspieler, wie zum Beispiel Havertz, Brandt oder Goretzka. Die werden die nächsten Schritte machen und Deutschland wieder ganz nach vorne bringen. Was Führungspersönlichkeit betrifft, um vielleicht mal Kapitän der Nationalmannschaft zu sein, ist Goretzka da für mich übrigens der klare Favorit. Es geht nicht nur um Sané, sondern insgesamt um eine Veränderung, die leider zwei Jahre zu spät kam.

Der Umbruch, dem Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels zum Opfer fielen, war also überfällig?
Das war schon der richtige Schritt, auch wenn man nicht unbedingt alle drei auf einmal hätte ausmustern müssen. Hummels und Müller haben eine sehr gute Saison gespielt. Warum sollen sie dann nicht auch noch weiter für die Nationalmannschaft spielen, wenn es keine Besseren gibt?

Gilt das auch noch auf der Torhüterposition?
Für mich ist Manuel Neuer die klare Nummer eins. Das einzige Problem ist sein Körper. Wenn er in den nächsten Jahren gesund bleibt, gibt es keinen besseren deutschen Torhüter.

Was können wir mit Blick auf die EM 2020 erwarten?
Allein mit den Spielern, über die wir gerade gesprochen haben, gehört die Nationalmannschaft wieder zu den Favoriten. So schlecht, wie wir bei der WM abgeschnitten haben, wird das jahrzehntelang nicht mehr vorkommen. Ich sehe aktuell kein Team, das nicht zu schlagen wäre.

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