Eishockey
Landshuter Nachwuchsstars: "Wir wollen alle in die DEL"
11. Dezember 2024, 17:00 Uhr
Sie sind die "jungen Wilden" des EV Landshut, machen ihrem Attribut in der laufenden DEL2-Saison alle Ehre - und stehen nun vor dem Auftritt auf der ganz großen internationalen Bühne: Tobi Schwarz (18), Simon Seidl (18) und Linus Brandl (19) wurden von Bundestrainer Tobi Abstreiter für das deutsche Nationalteam bei der U 20-WM nominiert, die vom 26. Dezember bis 5. Januar in Ottawa stattfindet. Dort trifft die DEB-Auswahl in der Vorrunde auf die USA, Finnland, Kanada und Lettland. Zuvor stehen - bereits auf kanadischem Eis - vier Testspiele gegen die Slowakei (zweimal) sowie Kasachstan und Schweden auf dem Programm. Bevor die deutsche Truppe den Flug von München nach Nordamerika antrat, nahmen sich die drei Jungspunde, von denen jeder im Liga-Betrieb 2024/25 schon zwei Tore für den EVL erzielt hat, noch Zeit für ein gemeinsames Interview mit unserer Zeitung.
Die U20-Weltmeisterschaft steht vor der Tür, sie wird im Mutterland des Eishockeys ausgetragen - und ihr seid dabei! Wie fühlt sich das an, wie groß ist eure Vorfreude?
Linus Brandl: Sehr groß! Für uns ist es das größte Event des Jahres und auch das coolste. In der U20 sind wir alle ungefähr gleich alt, man trifft Freunde von früher, hat sich immer was zu erzählen und mit Insider-Jokes immer was zu lachen. Jetzt bei der WM sind wir inklusive Vorbereitung vier Wochen zusammen, da lebt man wie in einer Familie und will am Schluss gefühlt gar nicht mehr weg.
Simon Seidl: Sportlich gesehen ist die U20-WM einfach das größte Turnier, das man im Nachwuchsbereich haben kann - mit den besten Teams der Welt als Gegner. Das ist eine Top-Herausforderung.
Im Unterschied zur U20 setzt sich ein Clubteam aus Spielern ziemlich unterschiedlichen Alters zusammen, beim EVL seid ihr zum Beispiel mit David Zucker, Nick Pageau und David Stieler in der Kabine, die mit 37 beziehungsweise 36 doppelt so alt sind wie ihr. Da stellt man sich als Außenstehender die Stimmung etwas ruhiger vor...
Tobi Schwarz: Natürlich gibt es im Verein ältere Spieler, die schon ruhiger sind und nicht so aufgedreht wie wir. Manchmal sind wir im Kopf noch ein bisschen kindisch... (schmunzelt)
Seidl: ...aber es ist keiner dabei, der keinen Spaß versteht.
Brandl: Wir verstehen uns wirklich mit allen super, aber es ist halt was anderes, wenn lauter 18- und 19-Jährige auf einem Haufen sind.
Wer von den erfahrenen EVL-Spielern ist die größte Respektsperson respektive "Vaterfigur"?
Tobi Schwarz: Blacky Schwarz übernimmt da schon eine wichtige Rolle als Kapitän.
Brandl: Ich würde sagen: eigentlich jeder, der einen Buchstaben trägt - also neben dem Blacky mit dem "C" auch Nick Pageau und John Rogl mit dem "A".
Seidl: Auch Tor Immo ist da sehr cool drauf. Wir haben generell eine gute Rollenverteilung in der Kabine. Wir haben Spieler, die Führung übernehmen, dann gibt's welche, die Witze bringen, dann gibt's Jüngere, die vielleicht ein bisschen wilder sind.
Mal unter uns: Wer ist eigentlich der größte "Kindskopf" unter den älteren Spielern?
Schwarz: Jakob Mayenschein! Der "Shiner" gehört auf jeden Fall ganz vorn dazu.
Seidl: Da gibt's einige. Der Yannick Wenzel bringt auch manchmal Witze, die komplett unlustig sind, wie vom anderen Planeten.
Brandl: Viele geben was rein in den Topf, es ist einfach eine gute Mischung. Gleichzeitig wird konzentriert gearbeitet - und man kann sich super weiterentwickeln.
Seidl: Also, ich freue mich jeden Tag, wenn ich hier in die Kabine komme.
Schwarz: Es gibt hier nicht zwei Gruppen mit den Alten oder den Jungen, wo vielleicht die Jungen alles machen müssen und nichts sagen dürfen. Bei uns ist es gar nicht so.
Wegen der WM werdet ihr für vier Wochen beziehungsweise neun Spiele aus der DEL2 "herausgerissen". Wie würdet ihr die Saison bisher bewerten - erst mal fürs Team?
Brandl: Ich denke, dass wir bisher eine gute Saison spielen. Wir müssen jetzt weiterarbeiten und bestimmte Sachen noch verbessern, etwa mehr von der Strafbank wegbleiben.
Seidl: Ja, und insgesamt noch konstanter werden. Zum Beispiel war in ein paar Spielen die Passqualität nicht okay. Aber insgesamt ist es eine gute Saison.
Schwarz: Würde ich auch sagen. Wobei es Höhen und Tiefen gab, wir haben noch gut zu tun, um unser Spiel zu verbessern. Das Potenzial ist da.
Wie fällt jeweils eure individuelle Zwischenbilanz aus?
Schwarz: Im Großen und Ganzen bin ich recht zufrieden. Natürlich gibt's auch im eigenen Spiel Aufs und Abs, ich versuche, mehr Konstanz reinzubringen und mich in verschiedenen Bereichen weiterzuentwickeln.
Seidl: Mir geht's ähnlich, ich bin insgesamt zufrieden, so wie's läuft. Hin und wieder denke ich mir, ich könnte da oder dort mehr zeigen.
Brandl: Da schließe ich mich an. Ich denke, jeder von uns strebt nach mehr. Wir wollen von Jahr zu Jahr mehr leisten und uns immer weiter verbessern, auch in kleinen Dingen.
Was waren eure persönlichen Highlight-Spiele oder -Momente?
Schwarz: Das 4:2 gegen Freiburg war auf jeden Fall ein emotionaler Moment, das war mein erstes Tor vor heimischem Publikum für die Profi-Mannschaft. Dass es noch zum "Tor der Woche" in der DEL2 gewählt wurde, war natürlich das i-Tüpfelchen.
Seidl: Mein persönliches Highlight war das Heimspiel gegen Selb, als ich zum "Man of the Match" gewählt wurde, eine Riesen-Ehre für mich. Natürlich war der Traumpass von David Zucker zu meinem Tor ein schönes Play, da muss man auch mal Credits an Zucki geben.
Brandl: Ich würde auch mein erstes Heimtor nehmen. Das war gegen Weiden, als ich mit Tor Immo und David Stieler in einer Reihe spielen konnte. Das ist einfach cool, neben den beiden unmittelbar zu sehen, wie sie auf dem Eis denken.
Schwarz: Immer wenn du mit erfahrenen Spielern auf dem Eis stehst, ist es was Besonderes. Die sind zwar vielleicht nicht mehr so schnell, aber die sind im Kopf so frisch, die wissen, wo die Scheibe hingeht, die wissen, wo sie stehen müssen. Als junger Wilder läufst du und versuchst, ihnen das Tempo zu geben. Das macht ultraviel Spaß!
Seidl: Und manchmal denkt der ältere Spieler für den jungen mit, bleibt eher zurück und bügelt deinen Fehler aus.
Ihr seid hochveranlagte Talente und habt vielversprechende Karrieren vor euch. Wenn ihr im zarten Alter von 18 beziehungsweise 19 Jahren mal kurz innehaltet und zurückblickt: Worauf kommt es besonders an, um im Eishockey voranzukommen, inwiefern ist ein zielstrebiger Weg verbunden mit dem Verzicht auf Freundschaften, Hobbys oder vielleicht generell auf eine "normale" Teenagerzeit? Hat euch in der Jugend was gefehlt?
Brandl: Ich würde nicht sagen, dass ich was vermisst habe. Aber Freitag sind wir halt nicht in den Club gegangen, sondern zum Auswärtsspiel gefahren oder im Sommer in ein Eishockey-Camp nach Tschechien. Ich war immer mit meinen 24 Jungs unterwegs und hatte mindestens genauso viel Spaß wie die anderen. Übrigens weiß ich noch, wie in der Grundschule die Frage aufkam: Was willst du später mal werden? Eishockey-Profi, sagte ich. Und dann hieß es: Okay - und jetzt noch einen richtigen Job!
Seidl: Wenn ich den Punkt benennen sollte, an dem ich mich entschieden habe, Eishockey-Profi zu werden, dann war's, als ich von Deggendorf zum EVL gewechselt bin. Ich wurde da die ganze Woche immer hin- und hergefahren von meinen Eltern und meinem Opa, sie haben mich von der Schule abgeholt, dann habe ich im Auto gegessen, bin ins EVL-Training gefahren und abends um acht oder neun wieder nach Hause gekommen, wo ich noch gelernt habe. Aber das hat mir Spaß gemacht, ich würde nicht sagen, dass ich eine schlechtere Jugend hatte. Eine andere, anstrengendere Jugend halt.
Brandl: Für mich war das Highlight des Tages immer, ins Training zu gehen. Da waren ja meine Freunde auch. Da gab's immer eine Mordsgaudi. Ich komme aus dem kleinen Örtchen Postbauer-Heng in der Oberpfalz und bin mit sechs, sieben Jahren nach Nürnberg gegangen. Meine Eltern haben mich auch jeden Tag 45 Minuten ins Training gefahren und wieder zurück, da habe ich oft im Auto Hausaufgaben gemacht, ein Gedicht auswendig gelernt. Und es gab ja immer einen freien Tag in der Woche, da hat man was mit den Freunden außerhalb vom Eishockey gemacht. Es war schon eine Superzeit.
Schwarz: Ich hatte das mit den Autofahrten nicht. Ich wohne in Landshut, habe immer hier gespielt und bin jeden Tag mit dem Rad zur Halle gefahren. Diesen Punkt wie bei Simon, als es klick gemacht hat, gab's bei mir nicht so richtig. Ich bin einfach jedes Jahr mit den neuen Herausforderungen weitergewachsen, es hat sich immer normaler angefühlt. Als kleiner Junge bin ich im Stadion gesessen und habe mir gedacht: Alter, stell dir vor, du bist da unten auf dem Eis, das sind Helden. Heute spiele ich da unten, und es fühlt sich normal an. Schon krass.
Du hättest auf die Berufswunsch-Frage eine andere Antwort gegeben als Linus, oder?
Schwarz: Mich hat ganz viel interessiert! Ich wäre auch gern Pilot geworden oder Landwirt.
Und jetzt seid ihr alle drei richtig gute Eishockeyspieler geworden...
Seidl: Eishockey ist einfach ein cooler Sport. Mir macht jedes Training so viel Spaß. Und jetzt werden wir auch noch dafür bezahlt. Ich würde das eigentlich auch ohne Bezahlung machen, aber natürlich ist es geil, wenn man Eishockey zum Beruf machen kann und sich die harte Arbeit über Jahre, wo man auf vieles verzichtet hat, auszahlt.
Wo seht ihr euch, sagen wir, in fünf Jahren - was ist euer Ziel oder Traum im Eishockey?
Brandl: Ich denke, dass wir alle drei in die DEL hoch wollen und uns jetzt erst mal ans Profi-Eishockey gewöhnen wollen und müssen.
Schwarz: Für mich ist wichtig, dass ich in kleinen Abschnitten denke. Ich schaue, dass ich jeden Tag besser werde. Meine Devise ist: Machen, machen - und dann schauen, wo man landet. Klar wünscht man sich das Höchstmögliche, aber nicht alle Sportler können das erreichen. Ich setze mir eher kleinere Ziele.
Seidl: Ich schließe mich dem Tobi an. Man muss immer vorsichtig sein, es kann ja eine Verletzung dazwischenkommen. Erst mal will ich mich in der DEL2 etablieren, der nächste Schritt wäre dann die DEL. Und wenn's um Träume geht: Ich würde gerne versuchen, irgendwann mal außerhalb Deutschlands zu spielen, in Schweden oder in der Schweiz, die meiner Meinung nach eine der Top-5-Ligen weltweit hat.