Landkreis Regensburg
Mit Häkeln und Schreinern das Studium finanzieren
22. Dezember 2018, 8:00 Uhr aktualisiert am 22. Dezember 2018, 8:00 Uhr
Lukas Kuhn ist 27 Jahre alt und studiert an der Universität Regensburg Latein und Sport auf Lehramt. Während andere Studenten in Cafés oder im Kino jobben, hat er bereits ein kleines Unternehmen. Unter dem Label "QnArt" verkauft er nicht nur selbst gehäkelte Mützen und Stirnbänder, sondern auch selbst geschreinerte Holzprodukte. Wir haben uns mit ihm in Regensburg getroffen.
Mit einem kleinen provisorischen Laden am Straßenrand eines kleinen Dorfes in Oberbayern fing Lukas Kuhns Karriere als "Handeltreibender" an. "Wir haben direkt an der Hauptstraße in Perach gewohnt. Ich habe als Kind immer Misteln oder Blumen gesammelt und dann direkt an der Straße verkauft", erinnert er sich. Heute ist er 27, studiert Latein und Sport auf Lehramt und hat die Blumen gegen Wolle und Holz getauscht. "Inzwischen befinde ich mich, glaub ich, in der 15. Häkelsaison", sagt Lukas grinsend. Ein Mann mit Häkelnadel und Wollknäule in der Hand - für viele kein alltägliches Bild. Das stört den Studenten aber kein bisschen.
"Ich hab mir eigentlich nichts dabei gedacht, dass das Häkeln nicht typisch Mann ist", sagt er. Im Handarbeitsunterricht in der Grundschule hat er Häkeln gelernt - und schnell wieder vergessen. Als Jugendlicher fand er wieder Interesse an der Handarbeit, als seine Tante ihm eine selbstgestrickte Mütze schenkte. "Meine Grundausbildung im Häkeln erhielt ich dann bei der Oma bei Marmeladenbroten und Kakao", grinst er. Und auch heute ist seine 85-jährige Oma noch an der Produktion beteiligt. "Jedes Teil wandert immer noch einmal durch die Hände meiner Oma. Sie näht das Fließ in die Mützen und Stirnbänder."
Zwischen Mützen und Honig
Irgendwann häkeln und nähen Lukas und seine Oma nicht nur für Freunde und Bekannte, sondern auch für Kunden. Er gründet das Kleinunternehmen "QnArt". Während "Qn" für die Aussprache seines Nachnamen steht, bedeutet Art zweierlei: Zum einen ist das deutsche Wort gemeint, zum anderen soll die Bedeutung des englischen Wortes "art", Kunst, mitschwingen. Zum ersten Mal offiziell präsentiert hat Lukas seine selbst gehäkelten Produkte vor sieben Jahren in seiner oberbayerischen Heimat. "Da bin ich dann zum ersten Mal auf den Markt in Wurmannsquick gegangen. Dort hat die Familie meiner Freundin selbsthergestellten Honig verkauft - und ich hab einfach meine Mützen dazugelegt", erzählt Lukas. Mit Erfolg: Zusammen mit seiner Freundin ist er seitdem jedes Jahr auf dem Markt vertreten. "Die Leute haben mittlerweile ein Empfinden für Selbstgemachtes. Der Vorteil ist, sie wissen, wenn etwas nicht passt, können sie immer zu mir kommen und nach Änderungen fragen."
Vier Märkte an vier Wochenenden: In den vergangenen Jahren ist es bei Lukas nicht bei einem kleinen Markt geblieben. In der Weihnachtszeit ist der Student viel unterwegs und präsentiert seine Ware auf verschiedenen Christkindlmärkten. Allein kann der gebürtige Oberbayer das Arbeitspensum aber schon länger nicht mehr alleine stemmen. "Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass ich neben dem Studium nicht mehr genug Kapazitäten habe", sagt der 27-Jährige. Aus seinem Kleingewerbe wurde ein "Familiending". Nun häkeln auch Lukas Mutter und seine Freundin fleißig Mützen und Stirnbänder, während die Oma zusammen mit einer Freundin weiterhin das Fließ in die Kopfbedeckungen näht. Und Lukas kann sich so sein Studium weiterhin finanzieren.
Vom Häkeln zur Holzarbeit
Das Basteln und die Vorliebe, selbst etwas herstellen zu wollen, ist sozusagen Tradition in der Familie Kuhn, sagt Lukas. So kaufte sein Vater bereits vor einigen Jahren einen alten Hof in Perach, den er nach und nach selbst renoviert. Eine kleine Werkstatt, die sein Vater auf dem Anwesen eingerichtet hat, bringt den Studenten zu einer neuen Beschäftigung: Holzarbeit. "Mein Vater hat immer schon etwas mit Holz gewerkelt. Dabei hat er viel Wert auf die Herkunft und Qualität des Holzes gelegt", sagt Lukas. Weil er nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer etwas herstellen wollte, fing er an, selbst Produkte aus Holz herzustellen. "Für mich ist das ein schöner Ausgleich zum Lateinstudium. Unter der Woche geht die Uni vor, am Wochenende spring ich in mein Arbeitsgewand und mache nur Holzsachen."
"Angefangen hab ich mit Brotzeitbrettl. Die hab ich auf dem Markt dann einfach mal zu den Mützen dazu gelegt", erinnert sich der 27-Jährige. Nachdem die Bretter auf dem Markt gut ankamen, wagte sich Lukas auch an andere Produkte. Inzwischen stellt er alles Mögliche aus Holz her: Kugelschreiber, Beistelltische oder auch Holzfliegen für Anzüge. Anregungen dafür sucht er sich im Freundes- und Bekanntenkreis. "Mir ist es wichtig, wenn jemand im Ort noch ein besonderes Handwerk wie Drechseln kann, dann geh ich dahin und versuche es zu lernen", sagt Lukas. Inzwischen hat er sogar eine eigene Drechselbank und langsam wird die Werkstatt am väterlichen Hof zu klein.
Von Regensburg nach Shanghai
Neben den Märkten verkauft er seine Produkte vor allem auch über Facebook und Instagram. Die weiteste Reise, die eines seiner Stirnbänder antrat, war nach Shanghai. "Das war aber für eine Freundin", erklärt der Student. Sein Hobby zum Hauptberuf machen, will er aber nicht. "Es ist wunderschön, so etwas zu machen, aber nicht machen zu müssen". Als nächstes möchte der 27-Jährige erst einmal sein Studium abschließen. "Dann steht eine neue Investition an: Eine größere Werkstatt."