Regensburg/Aiglsbach
Alles nur "ein böser Unfall"? Hammerattacke auf Ehefrau sorgt für Verwirrspiel vor Gericht
20. Februar 2015, 9:32 Uhr aktualisiert am 20. Februar 2015, 9:32 Uhr
Was bewegte im März 2014 einen 65-jährigen Frührentner aus dem Landkreis Kelheim dazu, nach 43 Ehejahren auf seine zwei Jahre jüngere Ehefrau zweimal mit dem Hammer einzuschlagen? Dieser Frage geht die 2. Strafkammer des Landgerichts Regensburg an bisher zwei Verhandlungstagen nach. Der Angeklagte selbst stellt die Attacke als "bösen Unfall" dar. Auch die Vernehmungen der Geschädigten und des Sohnes brachten keine Klarheit.
Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass der Angeklagte seine Ehefrau töten wollte und hatte im September vergangenen Jahres Anklage zur Schwurgerichtskammer erhoben. Da dieser jedoch freiwillig von seiner Ehefrau abgelassen hatte, gingen die Richter am Landgericht von einem "strafbefreienden Rücktritt" aus und verwiesen das Verfahren an das Schöffengericht. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Nürnberg Beschwerde ein. Da der Angeklagte während des Ermittlungsverfahrens keine Angaben machte und auch die behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht entband, konnte ein Gutachter nicht beurteilen, ob der Mann unter einer psychischen Störung leidet und deshalb eine Unterbringung in einer Spezialklinik erforderlich ist. Daraufhin hat das Oberlandesgericht entschieden, dass das Verfahren wegen "gefährlicher Körperverletzung" vor dem Landgericht zu eröffnen ist. Der Angeklagte selbst sitzt nunmehr seit rund elf Monaten in Untersuchungshaft.
Die Ehefrau des Angeklagten berichtete im Zeugenstand, dass es während der langjährigen Ehe nie zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sei. Im Gegenteil, der Angeklagte habe jegliche Gewalt gegen Frauen abgelehnt. Auch am Tattag sei er völlig unauffällig gewesen. Zum ersten Schlag konnte sie nichts sagen, da sie der Hammer auf den Hinterkopf getroffen hatte. Dass er vor dem zweiten Schlag angeblich gestrauchelt sei und sie deshalb an der Stirn getroffen habe, hatte sie so nicht in Erinnerung. Auch der von der Strafkammer gehörte Rechtsmediziner konnte die Unfallversion des Angeklagten nicht mit den entstandenen Verletzungen in Einklang bringen.
Der heute 39-jährige Sohn des Angeklagten schilderte, dass er in einer glücklichen und liebevollen Familie in Sachsen-Anhalt aufgewachsen ist. Seinem Bruder gegenüber sei der Vater wesentlich strenger gewesen und habe ihm auch Schläge mit dem Stock oder Gürtel verabreicht. Er selbst sei mit 17 Jahren ausgezogen, seither sei der persönliche Kontakt nur noch dürftig. Sein Vater habe auch häufig und viel getrunken, dann wurde er aggressiv, und die einfachsten Dinge seien zum Problem geworden.
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.