Corona-Pandemie
Die Manager der Katastrophe
27. April 2020, 14:38 Uhr aktualisiert am 27. April 2020, 17:14 Uhr
Seit Montag, 16. März, gilt in Bayern ein landesweiter Katastrophenfall. Die Staatsregierung reagierte so auf die Corona-Pandemie und durch die Alarmierung wurde auch im Landkreis Regen die Führungsgruppe Katastrophenschutz, kurz FüGK, aktiviert. An deren Spitze steht im Landkreis Regen die Landrätin Rita Röhrl. Das dortige Tagesgeschäft leiten die Juristen Alexander Kraus und Silvia Moser. Hierbei spielt das Sachgebiet Öffentliche Sicherheit und Ordnung, mit der Sachgebietsleiterin Ulrike Dausch, eine zentrale Rolle. Wegen der fortdauernden Einsatzbereitschaft werden im Schichtbetrieb abwechselnd jedoch Mitarbeiter aus nahezu dem gesamten Bereich des Landratsamtes eingesetzt.
Die zentrale Schaltstelle für das Amt
"Unsere FüGK hat im Tagungsraum Hildesheim im Kellergeschoss des Landratsamtes ihren Sitz", berichtet Abteilungsleiter Alexander Kraus und ergänzt: "Dort ist die zentrale Schaltstelle für das Amt, dort wird Kontakt gehalten zur Regierung von Niederbayern und den Ministerien in München." Neben den schon zuvor gesetzlich vorgesehenen Funktionsstellen wurde im Zuge der Corona-Krise zur überregionalen Steuerung von Patientenströmen ein Ärztlicher Leiter berufen. Im hiesigen Rettungsdienstbereich nimmt diese Funktion Dr. Christian Ernst wahr. Mit Dr. Stefan Brücklmayer gibt es zudem einen Versorgungsarzt, der die Belange der niedergelassenen Ärzte im Auge hat. "Wobei der wichtigste medizinische Ansprechpartner im Landratsamt natürlich der Amtsarzt Dr. Bernhard Edenharter und seine Stellvertreterin Dr. Carolin Müller sind", betont Kraus. Die FüGK ist sieben Tage die Woche 24 Stunden am Tag besetzt, so dass es immer einen Ansprechpartner gibt und im Zweifel stets rasch reagiert werden kann.
Für die Arbeit vor Ort ist die Örtliche Einsatzleitung (ÖEL) mindestens ebenso wichtig, wie die FüGK. Die Einsatzleitung besteht diesmal aus zwei Köpfen. Kreisbrandrat Hermann Keilhofer und der BRK-Geschäftsführer Günther Aulinger leiten den Einsatz. "In unseren Positionen tragen wir keine Uniform einer Einheit", sagt Keilhofer und verweist auf die bisher gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und auch Aulinger betont, dass sich beide gut ergänzen. Keilhofer und Aulinger haben sich die Aufgaben aufgeteilt. So kümmert sich der Kreisbrandrat in der Regel um die Themen der Beschaffung, die Materialverteilung übernimmt der BRK-Mann Aulinger. "Das ist sehr sinnvoll, denn Günther Aulinger kann mit seinem medizinischen Wissen viel besser einschätzen, wer welchen Bedarf hat."
Im Auftrag als Verwalter des Mangels
Dabei sehen sich beide durchaus als Verwalter des Mangels. Denn trotz aller Arbeit und Bemühungen in FÜGK und ÖEL, müsse man feststellen, dass wichtiges Material, wie Masken und Desinfektionsmittel, nach wie vor knapp sei. "Aus der ÖEL heraus werden zudem Dinge, wie Kurier- oder Abholfahrten organisiert", erklärt Aulinger. So hole man beispielsweise Masken in Oberbayern oder besorge 400 Eimer für die Arberlandklinik in Zwiesel. Auch die lokalen Mediziner, Heime und Pflegedienste könnten bei Bedarf Material über die Katastrophenfallschiene FüGK und ÖEL beziehen.
Sowohl die Verteilung als auch die Beschaffung würden alle vor große Herausforderungen stellen. Der Zoll, die Luftfracht aus China, internationale, weltweite Konkurrenz und vieles mehr würde allein beim Einkauf eine Rolle spielen, erklärt Keilhofer, hinzu kommt die Bürokratie. Man arbeite mit Steuergeldern, sei zur Sparsamkeit verpflichtet und müsse nun am total überteuerten Weltmarkt einkaufen. Hier würden auch zwei oder drei Angebote wenig helfen, denn "die Preise steigen fast schon stündlich". Hinzu kämen immer wieder Enttäuschungen, mit denen man umgehen müsse. Ein weiteres Problem ist die Bürokratie, für die man eigentlich keine Zeit habe, sie aber dennoch bewältigen muss, berichtet Aulinger.
Die praktische Arbeit hat sich seit Beginn der Katastrophe sowohl in der FüGK als auch in der ÖEL kaum verändert. "Die Lage wird sondiert, Einsatzlagen werden erfasst und Arbeitsaufträge verteilt", erklärt der Leiter der FüGK Alexander Kraus. Dabei arbeiten FüGK und ÖEL Hand in Hand. Dadurch, dass die ÖEL im ehemaligen Sitzungssaal Quartier bezogen hat, gibt es auch eine räumliche Nähe und kurze Wege. "Alle sind nach wie vor hochmotiviert und nach wie vor packen alle mit an", sagt auch Landrätin Rita Röhrl. Aus ihrer Sicht sei es ein Glücksfall, dass man sowohl in der FüGK als auch im ÖEL kompetente und fleißige Mitarbeiter habe, die alle ein gemeinsames Ziel vor Augen haben.
Covid-19: Der unsichtbare Feind
Hinzu komme, dass vor allem der Führungsstab auch Katastrophenerfahren ist. Von der Schneekatastrophe über Hochwasserereignisse, könne man nicht nur auf Erfahrungen zurückgreifen, sondern auch das gegenseitige Vertrauen spüren. "Etwas ist aber schon anders", sagt Keilhofer. "Heute sehen wir den Feind nicht, Hochwasser und Schnee war da und wenn wir fertig waren, war es weg", erklärt der Kreisbrandrat, das Virus könne man nicht sehen.
In beiden Stäben, in der FüGK und im ÖEL, fällt tagtäglich viel Arbeit aus dem Lesen und Auswerten von Meldungen, Angeboten, Mitteilungen und Allgemeinverfügungen an. Auch in anderen Sachgebieten fordere die Lage die Mitarbeiter. So werde im Sachgebiet ÖPNV derzeit der Schülerverkehr für die Schulöffnungen geplant und in der Zulassungsstelle bereite man sich auf weitere Öffnungen vor.
Bürger müssen sich selbst um Masken kümmern
Am Ende bleibt aber der Hinweis des Kreisbrandrates: "Auch die Eigenverantwortung der Bürger ist gefragt, wir können uns nicht um alles kümmern. So muss sich beispielweise jeder um seinen Mund-Nasen-Schutz selbst kümmern, wir können leider nicht den ganzen Landkreis versorgen." In der FüGK und der ÖEL sei man damit beschäftigt, die kritische Infrastruktur zu erhalten und zu stärken. Aus Sicht aller Beteiligten sei es eine große Hilfe, wenn sich die Menschen an die Auflagen halten und wenn alle die Hygieneregeln einhalten. "Dann sind wir auch im Landkreis Regen auf einem guten Weg", sind sich die Verantwortlichen einig.