Meldung bei T-online
Hat Straubing ein Alkohol- und Drogenproblem?
27. März 2024, 06:00 Uhr
Auf der Seite T-online heißt es im Februar in einer Meldung: „Einige Kommunen im Freistaat liegen über dem Bundesschnitt. Der Prozentanteil an Betroffenen [mit Alkohol- und Drogenproblemen] ist am höchsten in der Stadt Straubing. Er liegt hier 75 Prozent über dem Durchschnittswert.“ Klingt heftig. Und genau diese Meldung ist für uns Anlass, zu recherchieren.
Genaueres Nachlesen zeigt, dass sich T-online auf den „Morbiditäts- und Sozialatlas“ des „Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung“ beruft, also auf die Barmer-Versicherung. Dieser Atlas zeigt auch, wie die Zahlen zustande kommen. Das bringt jedoch nichts, wenn das 36-seitige Dokument nicht in den Artikel integriert wurde.
Denn wer sich mit den Hintergründen der Zahlen beschäftigt, dem werden fünf Dinge klar.
1. So aktuell, wie sie klingen, sind die Zahlen nicht. Sie stammen aus dem Jahr 2021.
2. Der Report stellt Daten für ganz Deutschland dar. Dabei geht es um Prävalenzen. Das ist die Häufigkeit bestimmter Krankheiten in einer Bevölkerung. Die Zahlen basieren nur auf Menschen, die bei der Barmer versichert sind. Daten anderer Versicherter fließen nicht mit ein.
3. Die Barmer ist eine große Versicherung. 8,6 Millionen Menschen sind bei ihr laut eigener Angabe versichert. Deutschland hat aber 83 Millionen Einwohner.
4. Die Versicherten der Barmer sind dazu nicht repräsentativ für ganz Deutschland, was unter anderem Alter oder Geschlecht betrifft. Deshalb wurden die Daten mit einem statistischen Verfahren hochgerechnet. Das macht aus vermeintlichen Tatsachen jedoch nur noch eine Schätzung.
5. Wir haben bei einer anderen großen Krankenkasse nachgefragt, die in der Region viele Versicherte hat. Ihre Zahlen für Straubing sind vollkommen unauffällig.
Die Werte der Barmer könnten also nur so erklärt werden, dass wohl relativ wenige Straubinger bei der Barmer versichert seien.
Fazit: Stimmt es also, dass Straubing eines der größten Alkohol- und Drogenproblem in ganz Deutschland hat? Jein. Die Meldung von T-online ist nicht falsch, aber die Nachricht wurde definitiv zu wenig eingeordnet. Doch genau das ist die Aufgabe von Medien.